0375 - Die Gangsterhochzeit von Chicago
aufzunehmen. Man sagte mir, ich träfe ihn entweder zu Hause oder im High Lion Club an. Aber offenbar soll es mir diesmal nicht glücken mit einem der berühmtesten Chicagoer Geschäftsleute in Verbindung zu treten.«
»Sie spielen auf Onkels Vergangenheit an«, sagte er mit einem hintergründigen Lächeln. »Hm, das ist ein Kapitel, das ich noch nicht gelesen habe. Aber er hat für seine Verfehlungen gebüßt und zurückgezahlt, was von ihm verlangt worden ist.«
»Ich bin kein Jurist«, wich ich aus, »was ich allerdings feststellen kann, Ihr Onkel ist hervorragend eingerichtet.« Ich warf einen Blick auf ein altes Feuerzeug, das so gar nicht zum Inventar passen wollte.
»Gefällt Ihnen dieser museumsreife Flammenwerfer?«, fragte mich Mr. Pone mit einem herablassenden Ton.
»Offen gestanden sehr. Ich sammle nämlich solche Stücke.«
»Nehmen Sie es mit. Mein Onkel wird nichts dagegen einzuwenden haben. Ich werde nachträglich um Erlaubnis fragen.« Er lächelte, als ob er einen Witz gemacht habe.
Ich sah mich suchend um.
»Brauchen Sie sonst noch etwas?«, fragte er.
»Well, eine Seidenserviette, um das kostbare Stück gut zu verpacken.«
Mr. Pone drückte auf einen verdeckt angebrachten Knopf. Durch die Tür an der Rückseite des Zimmers tapste das Hausfaktotum herein, das mich vorhin in Empfang genommen hatte.
»Eine Serviette für diesen Herrn«, befahl Mr. Pone.
Der Koloss machte eine Zeitlupendrehung und ging wieder hinaus. Es dauerte nur Sekunden, bis der Bursche das Gewünschte brachte. Ich wartete, bis er den Salon verlassen hatte, dann wickelte ich das Feuerzeug in die hauchdünne Serviette und ließ es in meine Jackentasche gleiten.
»Wenn Sie noch eine Tragetasche brauchen…«, sagte Mr. Pone spöttisch.
»No, Sir. So reicht es wirklich. Selbstverständlich bin ich bereit, Ihnen den Preis zu zahlen. Sprechen Sie mit Ihrem Onkel. Auch bin ich Ihnen dankbar, wenn Sie einige Bucks runterhandeln.«
»Darüber reden wir später, Mr. Holl. Ich würde mich freuen, Sie bald wiederzusehen.«
»Das Vergnügen ist ganz meinerseits«, murmelte ich.
Es war die höflichste Unterhaltung, die ich seit Jahren vom Stapel gelassen hatte.
***
Als ich vor der Tür stand, wusste ich nur eines: dieser Besuch hatte mich noch mehr verwirrt. Statt einige Fragen zu beantworten, waren neue aufgetaucht.
War Mr. Pone tatsächlich der Neffe von Francis Roche? Wusste er nichts vom Unglücksfall seines Onkels?
Ich trottete zur Straße zurück.
Als ich das Tor erreichte, drehte ich mich blitzschnell um. Am Fenster links neben der Tür bewegte sich eine Gardine. Ich war sicher, dass das Hausfaktotum mich beobachtet hatte. Außerdem existierte im Salon wahrscheinlich eine Abhöranlage.
So machte ich mich auf die Socken und stiefelte in Richtung City. An der nächsten Straßenkreuzung stand ein Kiosk. Ich kaufte einen Kriminalschmöker, auf.dessen Deckblatt eine Reihe von Privatagenturen standen, die sich mit Spurensicherung beschäftigten.
Ich studierte die Anzeigen der Agenturen und suchte ein Institut aus, das am nächsten lag. Es hieß Investigate Company.
Nach einer Viertelstunde befand ich mich im Büro der Investigate Company. Ein wasserstoffblondes Girl nahm mich in Empfang, die tintenblauen Augen sahen mich fragend an. Unter dem Miniatur-Stupsnäschen öffnete sich ein kirschroter Schmollmund.
Absichtlich erklärte ich der Sekretärin recht umständlich meine Wünsche. Ich hätte sie zwar auch Lieutenant Harrison vortragen können, aber ich wollte mich auf dem Polizeirevier nicht allzu oft sehen lassen. Jemand hätte mich beobachten können.
»Sie wollen das Feuerzeug auf Fingerabdrücke prüfen lassen?«, wiederholte sie.
»Well, wenn das möglich ist«, erwiderte ich.
»Aber selbstverständlich, Mister. Wir machen alles. Wir sind besser ausgerüstet als die City Police und auch als das FBI«, piepste sie. Als ihre Hand sich nach dem Flammenwerfer ausstreckte, zog ich die Serviette mit dem Prunkstück zurück.
»No, Miss, nicht die Abdrücke Ihrer entzückenden Finger möchte ich fotografiert haben, sondern die Prints, die bereits darauf sind.«
Sie sah mich beleidigt an, warf den Kopf in den Nacken und trippelte zu einer niedrigen Tür, die in einen Nebenraum führte.
Sie knallte die Tür hinter sich zu. Ich verspürte Lust, einen Schlager zu pfeifen. Aber dazu kam ich nicht mehr.
Die Tür schwang auf. Auf der Schwelle stand ein junger Mann mit einer Pfeife im Mund. Seine Augen lagen hinter
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