0376 - Wer den »Schatten« sieht, muß sterben
und Klappern des Atemventils. Danach quietschte die Tür leiäe und fiel ins Schloß.
Noch immer regte sie sich nicht.
Starr und steif saß sie so lange da, bis sie glaubte, zehn Minuten seien vergangen.
Dann langte sie zu der Stehlampe hinüber und drückte das Licht an.
Sie blinzelte und schloß die Augen, da der helle Strahl in die Augen biß.
Im ersten Augenblick war es ihr so, als habe sie die unheimliche Begegnung nur geträumt.
Sie griff zur Zigarettenpackung und zündete ein weißes Stäbchen an.
Tief sog sie den Rauch ein. Langsam beruhigte sie sich.
Sie wußte nur eines: Dieser Mann mit der Geisterstimme, dieser fauchende und rasselnde Mann hatte ihren Tom getötet. Pat Hogan trank das Glas leer.
Immer wieder starrte sie zur Tür hinüber. Jeden Augenblick dachte sie daran, daß sie sich langsam wieder öffnen könnte.
Doch nichts geschah.
Sie ging hinüber, zog die Tür auf und starrte in das Dunkel hinein. Das Wasser des künstlichen Teiches plätscherte. Es war das einzige Geräusch in der großen Halle.
Der mit grüner Patina überzogene Bronzefrosch, aus dessen breitem Maul der Strahl sprang, war schattenrißartig zu erkennen.
Pat Hogan ging zum Schalter hinüber und machte Licht. Die Facetten des Kristall-Leuchters schimmerten und blitzten silbrig.
Mit der Helligkeit kehrte plötzlich ihr alter Mut zurück.
Draußen vor dem Haus bellte eine der gefleckten Dalmatiner-Doggen auf.
Pat Hogan blieb stehen und lauschte. Nichts rührte sich mehr.
Sie streifte durch die große Halle und sah sich um. Dann schloß sie die Haustür ab und kehrte langsam wieder in die Halle zurück. Pat Hogan wanderte bis zum Kamin. Dort blieb sie stehen und schaute zurück:
Auf ihrem Weg war sie an einem kleinen Kacheltisch vorbeigekommen, auf dem das pastellgrüne Telefon stand.
Pat starrte auf den grünen Apparat. Langsam ging sie darauf zu.
Sie zögerte und sah sich um. Die Tür war verschlossen.
Da griffen ihre schmalgliedrigen Finger zu.
Sie hob den Hörer von der Gabel, legte ihn auf den Kacheltisch, griff zu ihrer Handtasche, entnahm ihr meine Visitenkarte, las die Telefonnummer ab und wählte hastig.
Dann meldete sich eine verschlafene Männerstimme: »Cotton!«
»Mr. Cotton«, sagte Pat Hogan überstürzt. »Er war hier. Kommen Sie!«
Weiter kam sie nicht.
Schnelle Schritte näherten sich über den Teppich. Sie vernahm das Klappen des Ventils, das Fauchen und Pfeifen des schnellgehenden Atems.
»Helfen Sie…!« rief sie noch einmal leise in den Apparat.
Dann preßte sich wieder die Hand mit den zwei Fingern auf ihren Mund. Sie wurde herumgerissen und bekam einen Schlag auf den Kopf.
Wie aus weiter Ferne hörte sie die Stimme im Telefon:
»Hallo, Mrs. Hogan, sind Sie noch da?«
Dann klickte die Gabel.
Die heisere Stimme drang durch die Finsternis: »Ich hatte Sie gewarnt, Pat Hogan!«
***
Das Schrillen des Telefons hatte mich sofort geweckt. Ich knipste das Licht an und griff zum Telefon hinüber, das neben meinem Bett stand.
Als Pat Hogan meinen Namen nannte, hatte ich sie bereits an der Stimme erlannt.
Dann hörte auch ich die dumpfen Schritte und ein seltsames, klapperndes und pfeifendes Geräusch.
Ich hörte, was sie voller Hast sagte. Dann klickte es plötzlich in der Leitung, und die Verbindung wurde unterbrochen. Meine Frage war ohne Antwort geblieben.
Nachdenklich starrte ich an die Zimmerdecke.
Fünf Sekunden überlegte ich. Was hatte der Alarmruf von Pat Hogan zu bedeuten? Wer war dieser »Er«, von dem sie gesprochen hatte? Und warum wurde die Verbindung plötzlich unterbrochen?
Ich kannte Pat Hogan als kühle, reservierte Frau, die nicht so leicht in Panikstimmung geriet.
Ich wählte rasch Phils Nummer und erklärte ihm, was geschehen war.
»Okay«, brummte er wie ein magenkranker Buchhalter, »hol mich in zehn Minuten ab. Hätte ich bloß auf meine Mutter gehört.«
»Was hat deine Mutter mit Pat Hogan zu tun?«
»Mit Pat nichts, aber mit dem FBI. Sie wollte immer, daß ich Gärtner würde. Gärtner erreichen das höchste Alter, da sie einem ruhigen Beruf nachgehen.«
Er wartete bereits auf mich, als ich mit dem Jaguar vor ihm hielt. Er zog sich fröstelnd wie eine mit Salz bestreute Schnecke zusammen, während ich den West Side Express Highway emporrauschte.
Als eifrige Boxsportanhänger wußten wir natürlich auch, wo der Weltmeister seine Villa hatte. Das kam uns jetzt gelegen.
Der Prachtbau von Tom Hogan lag im Dunkeln. Ich schleuste den Jaguar durch das
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