0377 - Dämonenkrieg in Frisco
Mitte. Reichen die zwanzig Dollar dafür?«
»Dafür fahre ich Sie dreimal um die Stadt herum. Nur die Brückenmaut an der Golden Gate würde ich extra berechnen.« Der Fahrer grinste von einem Ohr zum anderen und gab Gas. Das wuchtige Checker-Taxi, dessen Konstruktion sich seit einem Vierteljahrhundert ebensowenig geändert hat wie die der geräumigen schwarzen London-Taxis, machte einen Satz nach vorn. Der Fahrer wedelte den Wagen über Kreuzungen und Seiten-Straßen, als habe er das Fahren in Neapel oder Kairo gelernt.
Zamorra war sicher, daß er selbst auch in einer vollkommen menschenleeren Stadt sein Ziel nicht so schnell erreicht hätte. Er stieg aus und sah sich um. Chinatown wirkte ausgestorben. Die Chinesen sind Frühaufsteher und gehen deshalb auch früh zu Bett. Wer sich noch auf den Straßen befand, waren mit Sicherheit Touristen, die von einem Lokal zum anderen zogen. Aber auch das würde bald ein Ende haben; selbst die letzten Nachtlokale schlossen gegen 23 Uhr. Wer danach noch feiern wollte, mußte es in einem anderen Stadtteil tun.
Die Häuser besaßen einen unverkennbar asiatischen Stil mit ihren kunstvollen Fassadenverzierungen -obgleich sie mit Sicherheit nach dem Standardmuster westlicher Mietskasernen errichtet worden waren. Aber selbst wer bei Dunkelheit mit verbundenen Augen hierhergebracht wird, erkennt sofort, daß er sich in Chinatown befindet.
Oder er riecht es an den vielfältigen Küchendüften aus Hunderten von Fenstern…
»Was jetzt, Professor?« fragte Zamorra sich. Er sah auf die Uhr. Ihm blieb vielleicht etwas mehr als eine Viertelstunde. Das war verdammt wenig, um einen ihm unbekannten Tempel zu finden, darin einzudringen und Su Ling und Nicole zu befreien - und das möglichst unbemerkt. Sollte er statt dessen vielleicht zum Schein auf das Ultimatum eingehen und dann vor Ort zuschlagen?
Nein! Die Art, wie die Tongs gegen ihn vorgegangen waren, zeigte, daß sie ihn für gefährlich hielten. Sie würden ihm keine Chance lassen…
Es gab für ihn nur den direkten Weg. Aber wie sollte er den Minh-Jo-Tem-, pel finden? Die Chance, sich dorthin führen zu lassen, hatte er mit seinem Vorgehen verspielt.
Und wenn dieser Tempel sich nicht einmal in Chinatown befand, hatte er den Kampf ohnehin jetzt schon längst verloren…
***
Tong La-Mon hatte Besuch aus der Hölle!
Von einem Moment zum anderen waren sie in seinen privaten Gemächern aufgetaucht und hatten penetranten Schwefelgestank hinterlassen. Drei bewaffnete, skelettierte Krieger und ein Mann in eng anliegender schwarzer Kleidung, dessen Augen Blitze zu verschießen schienen, und zwischen dessen Fingern Funken sprühten, wenn er sie bewegte. Die drei Skelett-Krieger sicherten Tür und Fenster ab und hielten auch ihre Waffen auf Tong La-Mon gerichtet.
Der Schwarzgekleidete machte es sich Tong gegenüber im Sessel bequem und schlug die Beine übereinander.
Tong La-Mon zwang sich selbst zur Ruhe. »Was soll dieses unangemeldete Eindringen? Und was soll die Drohung? Ich mag es nicht, wenn Waffen auf mich gerichtet sind.«
»Oh, du verstehst das völlig falsch, edler Tong La-Mon«, sagte der Schwarzgekleidete. »Sie sollen dich nur vor einer übereilten Handlung bewahren. In mir siehst du den Fürsten der Finsternis vor dir.«
La-Mon hatte es sich fast schon gedacht. Er hatte keine besonders engen Kontakte zu den Schwefelklüften, weil er sich dort aus allem heraushielt und selbst auch in Ruhe gelassen werden wollte, aber daß der derzeitige Fürst der Finsternis sich von einer Horde Skelett-Krieger umgeben ließ, war auch zu ihm durchgedrungen. Aber sollte dieser Leonardo deMontagne, wie der Dämonenfürst sich nennen ließ, nicht auch über einen mongolischen Leibwächter verfügen?
Der war aber nicht hier!
La-Mon entschloß sich, ein Minium an Höflichkeit zu zeigen. »Was wünscht Ihr von dieser unwerten Person, erhabener Fürst?« erkundigte er sich. »Was kann so dringend sein, daß Ihr selbst Euch herbemüht? Doch ich mag es wirklich nicht, Waffen auf mich gerichtet zu sehen. Befehlt ihnen, die Waffen zu senken, oder ich muß darauf bestehen, daß sie diesen Raum verlassen.«
Der Fürst der Finsternis gab seinen Kriegern einen Wink. Die senkten ihre Mordinstrumente, hielten sie aber nach wie vor griffbereit.
»Du bist der Herr dieser Stadt«, sagte Leonardo. »Du bist somit derjenige, der mir helfen kann. Ich suche eine ganz bestimmte Person. Eine Frau. Sie nennt sich Su Ling und wohnt irgendwo hier in Chinatown.
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