0377 - Der letzte Gast kam aus Sing-Sing
Hörer lag immer noch daneben.
Nachdem ich aufgelegt und wieder abgenommen hatte, rief ich Wesley an.
»Haben Sie mehrere Anschlüsse?«, erkundigte ich mich.
»Drei.«
»Gut. Dann lassen wir die Verbindung bestehen. Können Sie den Hörer an einen Verstärker anschließen?«
»Das geht. Ich brauche ihn nur an den Lautsprecher vom Funkgerät zu koppeln.«
Ich legte den Hörer neben den Apparat. Wenn Wesley über den Verstärker des Telefons Schüsse hörte, würde er sofort mit Verstärkung anrücken und die Straße an beiden Enden abriegeln.
Vorläufig blieb es ruhig. Wir mussten jetzt abwarten, wann sich Ironface melden würde.
Alle Fenster und Türen waren dicht. Wir überprüften ständig die nähere Umgebung. Zwischendurch inspizierten wir die Küche. Der Kühlschrank war randvoll. Ebenso die Hausbar.
***
Der Nachmittag verfloss langsam und ohne Aufregung. Ich hatte es mir auf der Terrasse bequem gemacht. Phil vernagelte die Tür zur Garage mit kräftigen Brettern. Clymer hatte sich unterdessen mit einem Schlafmittel zur Ruhe gelegt.
Das Klingeln am Gartentor riss mich aus meinen Überlegungen. Ich peilte um die Ecke über den Rasen und sah nur ein weißes Kopftuch flattern. Trotzdem war ich misstrauisch wie eine Antilope bei der Tränke.
Die rechte Hand versenkte ich in der Jackentasche, wo ich die Waffe verstaut hatte. Dann schlenderte ich zum Tor.
Die Frau war höchstens 25 Jahre alt. Sie steckte in hautengen Hosen und einem weißen Rollkragenpullover.
Ihre rehbraunen, großen Augen schauten mich zweifelnd an. Die hübsche Miss war bestens proportioniert. Meine Miene wurde automatisch um drei Grad freundlicher.
»Bitte?«
»Ich möchte zu Mister Clymer.«
»Tut mir leid, aber Mr. Clymer ist krank. Er kann niemanden empfangen.«
Ihr Ausdruck wechselte von verblüfft zu besorgt.
»Sind Sie Arzt?«
»Ich bin sein persönlicher Betreuer«, sagte ich so galant wie möglich.
»Ich muss ihn sprechen. Außerdem erwartet er mich.«
»Versuchen Sie es in drei Tagen noch einmal«, meinte ich höflich.
Sie wurde ernstlich böse. Die bildhübschen, vollen Lippen pressten sich zusammen, ihre Augen blitzten mich an.
»Sie machen mir sofort das Tor auf, sonst sorge ich dafür, dass Sie entlassen werden«, fauchte sie mich an.
»Kann ich was ausrichten?«, fragte ich, immer noch höflich und ruhig.
Sie drehte sich auf dem Absatz herum. Stolz wie eine prämierte Siamkatze ging sie zu ihrem offenen Kabriolett zurück. Bevor sie einstieg drehte sie den Kopf noch einmal zu mir.
»Sagen Sie Mister Clymer, wenn er sich nicht innerhalb von zwölf Stunden bei mir für Ihr freches Benehmen'entschuldigt, ziehe ich die Konsequenzen.«
Mit einem satten Ton fiel die Tür ins Schloss. Dann fuhr sie ab, ohne mich noch eines Blickes zu würdigen. Ich zuckte bedauernd die Achseln und kehrte ins Haus zurück.
»Wer war da?«, hörte ich die Stimme von Sid Clymer. Er war also wach geworden.
»Alles in Ordnung«, rief ich.
»Wer war es?«, fragte er.
»Eine junge Dame, die zu Ihnen wollte. Sie kam in einem cremefarbenen Ford Convertible.«
»Wo ist sie?«, fragte er neugierig. Ich konnte ihn jetzt sehen. Er stand oben am Treppengeländer.
»Ich wollte Sie nicht stören und'habe sie weggeschickt.«
»Und das hat sie sich gefallen lassen?«, fragte er verblüfft.
»Nicht ganz. Sie möchte gern, dass Sie sich für mein Benehmen entschuldigen.«
»Das sieht Frances ähnlich. Sie ist manchmal störrisch wie drei Ponys.«
***
Als es dunkel wurde, öffneten wir eine Büchse mit Hühnerfrikassee. Clymer hatte seinen Appetit wiedergefunden. Er fühlte sich jetzt unter unserer Bewachung entschieden sicherer.
Um halb elf röhrte Wesley durch das Telefon, das uns ja ständig mit dem Revier verband.
»Ihr Chef will Sie sprechen«, sagte er, »ich verbinde.«
Kurz darauf meldete sich Mr. High. Ich gab ihm einen Bericht über die letzten Ereignisse.
»Jerry, mir scheint, als sei Findlay nach New York entwischt«, sagte unser Chef. »Bei uns meldete sich ein Mann, der einen Drohanruf von Magee S. Findlay erhalten haben will. Ihm wurde mit der Entführung seiner Tochter gedroht, falls er nicht sofort 5 000 Dollar hinterlegt.«
»Es ist möglich, dass Ironface die Sperren durchbrochen hat«, sagte ich. »Aber es kommt mir merkwürdig vor, dass er sich plötzlich auf so kleine Summen einlässt. Vielleicht nutzt nur irgendein Erpresser den gefürchteten Ruf aus, den Ironface sich erworben hat?«
»Wir haben auf jeden
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