0378 - Mörder-Totem
Aufblitzen so kurz war! Jetzt wirkt wieder alles wie tot.«
»So tot wie Alekkos Gedanken… könnt ihr eigentlich diesen Wataka wahrnehmen? Den Tänzer, der uns an der Grube ans Leder und ans Leben wollte?«
Uschi Peters schüttelte den Kopf. »Wir haben versäumt, ihn auf Anhieb klar zu erfassen, und jetzt müßten wir auch wieder so suchen und filtern wie anfangs, als wir nach Tamo Alekko forschten.«
»Also wieder mai nichts… wir müssen nur irgendwie an diesen Pfahl herankommen, ohne uns den Ärger der Hopi zuzuziehen. Der Pfahl ist der Schlüssel zum Geheimnis!«
»Okay«, sagte Zamorra. »Noch mehr Ärger, als ich schon habe, kann ich jetzt ja nicht mehr bekommen. Bevor ich mich dem Willen des Häuptlings beuge und erst einmal verschwinde, schaue ich mir den Pfahl ganz genau an. Irgendwann in der Nacht bin ich dann wieder in der Nähe, okay?«
»Du bist verrückt, Zamorra«, sagte Monica. »Sie werden dich verprügeln und einsperren.«
»Nicht die Hopi. Sie werden vielleicht den Reservatssheriff holen und mich anzeigen, mehr aber auch nicht. Und ich bin der Ansicht, daß der Ärger besser ist als noch mehr Tote.«
»Und was willst du mit dem Pfahl anstellen?«
»Wartet es nur ab«, sagte Zamorra. Er umschloß mit der Hand seinen Dhyarra-Kristall, den er in der Brusttasche seines frischen Hemdes trug, und zog ihn hervor. »Vielleicht richte ich hiermit etwas aus.«
Ehe die anderen Einwände erheben konnten, setzte er sich bereits in Bewegung und schritt zum Hügel hinauf, auf dem Tanzplatz und Totempfahl waren. Ein frischer Windhauch kam aus den Bergen; es war etwas kühler geworden. Aber auch jetzt, am frühen Abend, war es trotzdem noch heiß genug.
Einige Hopi sahen auf, als sie den weißen Mann zum Pfahl gehen sahen, und sie erinnerten sich wohl, daß er vom Häuptling davongeschickt worden war. Sie kamen näher heran. Aber Zamorra vertraute auf ihre Friedfertigkeit. Hundertprozentig sicher war er sich zwar nicht, weil auch der Friedlichste irgendwann den Punkt erreicht, an dem das Maß voll ist und er zuschlägt, aber er glaubte, daß die Hemmschwelle groß genug war, daß sie ihn nicht mit Gewalt hier entfernten. Und wenn sie nur auf ihn einredeten, konnte er sie eine Weile ignorieren. Er hatte ein dickes Fell.
Vor dem Pfahl blieb er stehen. Er betrachtete die rote Bemalung der eckigen Zeichen und Muster. Sie erinnerten ihn an Linien, die er im Süden Mexikos oder weiter unten in Südamerika am Amazonas gesehen hatte. Ein weiteres Indiz dafür, daß die Hopi ursprünglich aus jener legendären »roten Stadt im Süden« hierher eingewandert waren?
Das Muster selbst sagte ihm nichts. Interessanter war schon der riesige und recht realistisch geschnitzte Kopf, von dem die Flügel ausgingen. Die roten, funkelnden Augensteine… sollte die Schlangen-Aura, die kurzfristig erkennbar gewesen war, von ihnen ausgehen?
Zamorra aktivierte den Dhyarra-Kristall. Er hob den blau funkelnden Stein hoch und ließ den Totempfahl von einem Lichtschauer aus Magie umfließen. Die Luft flirrte. Aber sonst geschah nichts. Zamorra erkannte, daß er seinen gedanklichen Befehl an den Dhyarra nicht konkret genug gefaßt hatte. Er hatte keine spezielle Vorstellung gehabt, sondern nur befohlen, den Pfahl zu durchleuchten.
Aber das Licht, das frei wurde, durchdrang das Holz nicht.
Er mußte es anders anfangen.
Der Dhyarra selbst, der Sternenstein, der seine Energie aus unergründlichen, kosmischen Räumen bezog, konnte erhebliche Kraft freisetzen. Zamorra selbst wurde dabei nur insofern belastet, daß er sich auf seinen Befehl konzentrieren mußte. Er war zu einer exakten bildhaften Vorstellung dessen gezwungen, was der Kristall bewirken sollte. Je abstrakter der Befehl aber war, desto schwieriger wurde es, ihn in ein konkretes Bild umzusetzen. Es wäre einfach gewesen, dem Kristall einzugeben: Wirf den Pfahl um. Es reichte die bildhafte Vorstellung des stürzenden Totems. Geradezu unmöglich wäre es, eine Übersetzung der roten Schriftzeichen zu verlangen, weil eben keine Grundlagen existierten, nach denen eine Übersetzung hätte erfolgen können. Auch der Wunsch, den Sinn dieses Totems zu enthüllen, wäre unerfüllbar.
Mach mir das Innere des Pfahls sichtbar! verlangte der Meister des Übersinnlichen und übermittelte dem Kristall die Vorstellung, wie Schicht um Schicht durchsichtig wurde. So hoffte er, die innere Struktur des Pfahls mit dem Schnitz werk zu erfassen. Er durfte dabei auch wiederum nicht zu konkret
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