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038 - Bis die Ratten dich zerfetzen

038 - Bis die Ratten dich zerfetzen

Titel: 038 - Bis die Ratten dich zerfetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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sehnige,
braungebrannte Franzose blickte sich in der Runde um. Er hielt sein gefülltes
Glas, das ihm einer der Anwesenden spendiert hatte, in der Rechten.
    »... als ich
erkannte, daß ich auf einem Korallenriff angeschwemmt worden war, sank meine
Hoffnung, daß ich es hier längere Zeit aushalten würde .«
    Ich preßte
die Lippen zusammen. In seinen dunklen Augen blitzte der Schalk.
    »... ich riß
mich zusammen. Schließlich war ich noch am Leben. Und dafür sollte man zunächst
erst mal dankbar sein. Aber ich hatte nichts zu essen, es gab kein Trinkwasser
auf der Koralleninsel, und wenn ich darüber nachdachte, dann wurde es mir schon
ziemlich mulmig in der Magengegend. Ich lebte in den ersten Stunden von ein
paar Muscheln, die ich am Inselrand fand, aufbrach und lebend aß.
    Die Sonne
ging auf, und schon bald brannte sie mit ihrer ganzen Kraft auf die Insel
herab. Es gab keinen schattenspendenden Baum, keine Stelle, wo ich Schutz hätte
suchen können. Es war schrecklich. Der Durst quälte mich. In meiner Benommenheit
kehrte ich an den Strand zurück. Ich war nahe daran, meinen Kopf ins Wasser zu
stecken und zu trinken. Das erste tat ich auch, aber das zweite unterließ ich.
Das Wasser kühlte meinen Schädel. Ich war der Versuchung nahe, den Mund zu
öffnen und zu trinken ... man hat schon so viele Geschichten davon gehört, daß
Schiffbrüchige Seewasser tranken und davonkamen. Ich hatte einen furchtbaren
Kampf mit mir selbst auszufechten. Doch die Vernunft siegte. Qualvollen Durst
leidend, zog ich den Kopf aus dem Wasser. Ich habe Freunde gesehen, die elend zugrunde
gegangen sind, weil sie Seewasser getrunken hatten. Aber das kann sich hier
keiner von euch vorstellen. Hat je einer von euch wirklich Durstqualen
durchgestanden? Hier bei Lionel in der Bude braucht man sich nur eine Flasche
geben zu lassen, und die Qual hat ein Ende .«
    Seine Zuhörer
lachten.
    »Es war eben
noch die Rede von Trinkwasser«, warf ein bärtiger Hafenarbeiter ein, der lässig
gegen den Türpfosten lehnte. Langsam schob sich der Bärtige näher. »Meiner Meinung
nach spielst du hier etwas hoch, Alter! Man kann schon mal einen Schluck
Seewasser vertragen .«
    Doree grinste.
    »Einen
Schluck, ja! Wenn es dabei bliebe! Der Durst wird zur Höllenqual. Man gibt der
Schwäche nach, trinkt einen Schluck Seewasser. Und siehe da: Es erfrischt! Man
fühlt sich wie neugeboren. Aber genau hier beginnt die Täuschung. Der Durst
kommt wieder, stärker und qualvoller als zu Beginn, und dann wird man erst
recht trinken, immer und immer wieder kleine Schlucke, wie du ganz richtig
gesagt hast. Und das bedeutet das Ende, mein Junge, laß dir das gesagt sein!
Zuerst fängt der Puls an, schneller zu schlagen. Übelkeit und Erbrechen kommen
hinzu. Dann schwillt die Zunge an, daß du das Gefühl hast, einen Kloß im Mund
zu haben. Die Haut verfärbt sich blau. Im Delirium geht man ein, blind und halb
Taub ... ich habe es selbst erlebt... bei einem Freund .«
    Der Bärtige,
den er dabei ansah, grinste von einem Ohr zum anderen.
    »Ich weiß,
Jean. Es war schließlich nicht dein erster Schiffbruch... und es wird auch
nicht dein letzter sein .«
    »Ich habe
fünfzig Jahre meines Lebens auf See verbracht«, entgegnete der Franzose
daraufhin. Doree war klein und gewandt. Mit seiner
Statur reichte er dem Hafenarbeiter, der fast einsneunzig groß war, knapp bis zur Brust.
    Doree war ein
Zwerg. Aber er war weder schwächlich, noch litt er unter irgendwelchen
Komplexen. Sein Körper war gut proportioniert, und die Haut war trotz seines
hohen Alters noch glatt und faltenlos, und auch die Muskeln darunter zeigten
noch keineswegs Anzeichen von Erschlaffung.
    »Und wie
kamen Sie in dem ganzen Schlamassel schließlich weiter, Sir ?« fragte eine junge Stimme aus dem Hintergrund. Aller Augen richteten sich auf
den Sprecher. Niemand kannte ihn hier. Es handelte sich offenbar um einen
Amerikaner, einen Touristen. Der Mann war etwa dreißig Jahre alt, groß und
schlank. Er trug eine cremefarbene Hose und ein dunkelviolettes Sporthemd. Auf
den ersten Blick ein sympathischer Typ. Ein Mann, wie ihn Frauen begehrten.
    »Ich wäre
längst am Ende, aber man läßt mich ja nicht zum Schluß kommen«, protestierte Doree . »Der langen Rede kurzer Sinn: Ich mußte mich
natürlich vor der knalligen Sonne zunächst mal in Sicherheit bringen und
verhindern, daß ich in den ersten Stunden durch die Hitze gleich zuviel Körperwasser
verlor. Das war nicht einfach, denn ich trug nur noch

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