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038 - Bis die Ratten dich zerfetzen

038 - Bis die Ratten dich zerfetzen

Titel: 038 - Bis die Ratten dich zerfetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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eventuell noch einen Überlebenden
gegeben hat .«
    D as ist eine Vermutung « , entgegnete Doree mit schwerer Stimme. Er lehnte sich in den großen
Sessel zurück, in dem er fast verschwand. Mit geschlossenen Augen berichtete er:
»Das alles liegt schon sehr lange zurück. Über fünfzig Jahre. Ich war damals
ein junger Bursche von vier- oder fünfundzwanzig Jahren. Mit einem ziemlich
heruntergekommenen Segler durchkreuzten wir die Weltmeere. An Bord hatten wir
einen Mann, den wir alle nur den >Herrn der Ratten< nannten. Sein
richtiger Name war Sam. Er war Engländer, ein uralter Kauz. Keiner wußte so
recht, wie alt er eigentlich war. Man schätzte ihn auf siebzig oder achtzig...«
    »Damals?«
    »Ja. Er hatte
das absurdeste Hobby, das ich jemals bei einem Menschen gefunden habe, und Sie
dürfen mir glauben, daß ich in meinem abenteuerlichen Leben mit sehr vielen
interessanten und außergewöhnlichen Menschen zusammengetroffen bin, Monsieur
Brent .«
    Wie war das
mit seinem Hobby ?« drängte Larry.
    »Er züchtete
Ratten! Er hegte und pflegte sie, als wären sie für ihn das Kostbarste auf der
Welt. Er sah fast selbst aus wie eine Ratte. Man sagt, daß Menschen, die sich
intensiv mit einer Sache beschäftigen, schließlich ihr Aussehen verändern. So
sollen zum Beispiel Hundeliebhaber im Laufe von vielen Jahren ihrem Hund
irgendwie ähnlich werden .« Doree öffnete die Augen und blickte Larry Brent an, als erwarte er hier eine
Zustimmung zu seinen Worten. Doch Brent war weiterhin nur aufmerksamer Zuhörer.
    »... Sam
züchtete seine Ratten nicht nur, er beherrschte sie auch. Sie können sich
sicher vorstellen, daß keiner von der Mannschaft erfreut darüber war, Ratten an
Bord zu haben. Man fürchtete um die Vorräte. Aber Sam beruhigte uns. Er behauptete,
seine Ratten fräßen nur Abfälle, also das, was er ihnen übrigließ. Er stünde
mit den Tieren in direktem geistigen Kontakt. Niemand
nahm den Alten an Bord des Seglers ernst. Aber wenn er von seinen Ratten und
den Telepathieversuchen sprach, dann fühle ich noch
die Gänsehaut, die mir jedesmal über den Rücken lief. Ich beobachtete ihn
ständig. Und es schien in der Tat etwas dran zu sein an dem, was er uns immer
erzählte. Er sprach mit den Ratten in seiner Kajüte, wie ein Kind mit seinen
Lieblingstieren redet. In all den Wochen und Monaten, die wir gemeinsam an Bord
der Katapai verbrachten, kam es auch nicht zum
geringsten Vorfall, der darauf schließen ließ, daß Sams Ratten sich an den
Bordvorräten vergingen. Er hatte sie wirklich unter Kontrolle .«
    » Wieviele Ratten befanden sich an Bord ?« nutzte Larry die kurze Gesprächspause.
    »Insgesamt
vier Pärchen. Während meines Aufenthaltes auf der Katapai brachte Sam es fertig, daß die Nager sich nicht vermehrten .«
    Larry kniff
die Augen zusammen. Er glaubte, sich verhört zu haben. »Brachte Sam es fertig ?« wiederholte er fragend Wort für Wort.
    »Ja. Er
behauptete, die Tiere zu zwingen, daß sie sich nicht vermehrten. Keiner nahm
ihn richtig ernst. Wir hielten ihn alle für geistesschwach. Wir machten uns
über ihn lustig. Aber uns schien es fast, daß Sam sich im Stillen über uns
lustig machte. Mir jedenfalls war er nie so ganz geheuer. Für mich war er der
>Herr der Rattern<. Das ist alles, was ich über den Mann erzählen kann .«
    »Aber es ist
nicht das Ende der Geschichte«, bemerkte Larry.
    »Nein; das
Ende oder besser die Fortsetzung erfolgte mit dem Untergang der Katapai . Ich erinnere mich genau an den Tag. Wir waren noch
rund siebenhundert Seemeilen von Viti Levu , der Hauptinsel der Fidschis,
entfernt, als der Sturm uns erreichte. Den ganzen frühen Morgen schon kündigte
sich etwas an. Es bildeten sich kleine Wellenberge mit Schaumkronen, und der
Gischt sprühte. Die See nahm eine stark grüne Färbung an. Es wurde gar nicht
richtig Tag. Schwere Wolken zogen über uns hinweg, und in der Ferne zerrissen
dunkelviolette Blitze den aufgewühlten Himmel .«
    Die Erzählung Dorees gewann eine eigentümliche Gegenwärtigkeit.
Draußen kam Wind auf. Es rauschte und raschelte in den Bäumen, und in dem
schwachen Dachgebälk ächzte es. Das Donnern kam näher. Dumpf und schwer grollte
es im Südwesten.
    »Und dann kam
der Sturm mit einer solchen Stärke auf, wie ein Mensch, der niemals zur See
gefahren ist, sich das nicht vorstellen kann, Monsieur! Berghoch türmten sich
die Wolken, und das Meer schien mit ihnen zu verwachsen. Das Wasser wurde
tintenschwarz. Der Sturm wühlte die See

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