038 - Bis die Ratten dich zerfetzen
auf; die Katapai wurde wie eine Nußschale hin und her geworfen. Wir befanden uns mitten in einem
wilden, sich austobenden Zyklon. Immer, wenn wir nach Lee überkippten, sah es
so aus, als würde der Segler vollständig im Wasser verschwinden. Wir kamen
nicht zur Ruhe. Schon lange davor hatten wir die Toppsegel und die Großsegel
eingeholt. Auch die Sturmsegel waren nicht mehr gesetzt. Wir konnten dem Wind
nicht davonlaufen, und es war ausgeschlossen, bei diesem Unwetter das Schiff zu
steuern. Die Decks konnten das Wasser nicht mehr aufnehmen. Die Brecher, die
über uns hinweggingen, wurden immer größer.
Ich klammerte
mich an einen Mast, als der Himmel donnernd über mir zusammmenbrach .
Ein Wellenberg verschluckte die Katapail Ich hörte
das Brechen und Bersten der Masten und Planken nicht, aber ich wußte, daß die
klapprige Katapai diesem Ansturm nicht mehr gewachsen
sein würde. Eine Riesenfaust schien mich zu packen; ich wurde in eine br ü llende Br ü he gerissen. Der abknickende Mast,
an den ich mich geklammert hielt, wurde wie ein Streichholz durch die Luft gewirbelt.
Es war am Ende des Sturms, der Himmel klarte bereits auf. Ich bekam das alles
beiläufig mit, während die Katapai schnell wie ein
Stein sank, ihre menschliche Fracht mit in die Tiefe reißend. Mir kam es so
vor, als wäre ich nicht der einzige gewesen, der von Deck gespült worden war.
Auf Teilen von Schiffsplanken glaubte ich Sam gesehen zu haben, an die Kiste geklammert,
in die er immer seine Rattenpärchen stopfte. Als ich die Augen öffnete, breitete
sich strahlendblauer Himmel über mir aus.
Ich muß noch
hinzufugen, daß ich davor hin und wieder zu mir kam, und einmal war es mir so
vorgekommen, als ob Sam auf den Schiffsplanken und mit seiner Kiste ganz in
meiner Nähe gewesen wäre. Ich kann heute nicht mehr sagen, ob wir gemeinsam das
gleiche Ziel erreichten. Ich wurde auf die Insel Thare geschwemmt. Eingeborene fanden mich. Ich erkundigte mich nach Sam, aber niemand
wußte von dem Alten. Drei Tage später, bei einem Spaziergang, fand ich etwas in
der Bucht, das seltsame Erinnerungen in mir weckte: Die zerstörte Kiste, in der
Sam seine Ratten beherbergt hatte! Wir waren hier angetrieben worden, aber der
alte komische Sam hatte zu guter Letzt doch den nassen Tod gefunden .«
»Das
vermuteten Sie. Aber Sie waren sich dessen nicht ganz sicher, nicht wahr ?«
Doree blickte auf.
»Ich war mir dessen in der Tat nicht ganz sicher. Aber wie kommen Sie darauf ?«
»Sie hielten
sich nach Ihrer Rettung mehr als sieben Monate lang in der Nähe der Fidschiinseln
auf. Sie reisten von Insel zu Insel .«
Der Franzose
nickte. »Donnerwetter. Dann haben Sie ja ganz schön in meinem Leben
herumgeschnüffelt .«
»Das war
notwendig. Sie stehen immerhin im Verdacht, mit dem Verschwinden von mindestens
drei Menschen zu tun zu haben !« Larrys Stimme klang
scharf.
Doree ging auf
diese Bemerkung nicht ein. »Ich übernahm die Leitung eines Schiffes; ich kannte
die Wasserwege zwischen den Inseln wie kein Zweiter. Nun kam mir meine
Erfahrung zugute. Ich hatte eine Zeitlang die Touristenschiffe navigiert, die
zwischen den Inseln verkehrten. Ich war in der Lage, ein Schiff überall
hinzubringen. Ich lief die entlegensten Inseln wie Niuafoou und Totya an. Selbst nach Tonga schiffte ich, Häfen
wie Nukualofa, Lifuka , Haapi und Vavau gehörten zu dem Bezirk, den ich befuhr.
Überall erkundigte ich mich nach Sam. Verrückt, nicht wahr? Aber ich hatte die
blödsinnige Idee, daß er, ebenso wie ich, noch am Leben sein könnte .«
»Und Sie
haben diese Hoffnung niemals aufgegeben, nicht wahr ?«
»Sie haben
recht! Ich bin noch heute der Überzeugung, daß Sam überlebte und daß vor allen
Dingen seine Ratten davonkamen .« Auf Dorees Stirn perlte der Schweiß.
»Was
veranlaßte Sie zu einer solchen Vermutung ?« Larry
Brent fühlte, daß er der Lösung jetzt ganz nahe war.
»Meine
Rückkehr nach Thare . Ich wurde dort Zeuge eines
seltsamen Schauspiels. Ich sah zum ersten Mal eine Ratte auf der Insel, vor der
sich die Eingeborenen fürchteten und die sie nicht verjagten oder töteten, wie
das normalerweise der Fall war. Ich sprach einen Eingeborenen daraufhin an. Er
wich mit seiner Antwort aus, versprach mir jedoch, sich noch mal mit mir zu
treffen. Nach Einbruch der Dunkelheit. Er war sehr aufgeregt und hatte Angst.
Ich wartete an diesem Tag vergebens an dem verabredeten Ort. Der Eingeborene
kam nicht. Ich habe ihn auch die nächsten Tage danach nicht
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