038 - Bis die Ratten dich zerfetzen

sollten
es auch nicht zu leicht mit ihm haben.
    Er tauchte
blitzschnell unter zwei Insulanern hindurch, die nach ihm griffen, und strebte
der Peripherie des Menschenzirkels zu. Flucht war der einzige Gedanke, der ihn
erfüllte. Dann konnte er weitersehen.
    Seine Hände
und Arme benutzte er wie Dreschflegel. Er wußte nicht mehr, wohin er schlug. Er
schlug nur noch zu und verschaffte sich Luft. Seine Kraft und seine Schnelligkeit
waren entscheidend dafür, daß er in Bruchteilen von Sekunden den Rand des
großen, freien Platzes erreichte, noch ehe die Masse der Insulaner begriff, Was
da eigentlich vorging. Eine Gruppe war mit dem reglosen Larry Brent
beschäftigt, andere wußten gar nicht, daß Charly noch so fidel war.
    Charly drehte
sich nicht ein einziges Mal um. Die Dunkelheit und die dichtstehenden Bäume
boten ihm ausreichend Schutz. Der Fliehende tauchte in der Schwärze unter.
Charly bediente sich dabei verschiedener Wege, um vom breiten Hauptpfad
abzukommen. Seinen Verfolgern gegenüber hatte er den Vorsprung bereits
ausgebaut.
    Der Mischling
erreichte das Ende der Plantage. Ein schmaler Streifen aufgeworfener Erde lag
vor ihm. Es wirkte wie ein umgepflügtes Feld. Sträucher, Buschwerk und gerodete
Bäume ragten aus der Erde.
    Der Urwald
nahm ihn auf, und der Mischling tauchte darin unter. Spurlos. Ohne Erfolg
kehrten die Insulaner später ins Dorf zurück.
     
    ●
     
    »Jetzt
könnten wir es versuchen !« Helen Powell nickte. Jörg
Vormann nahm aus einer dunklen Nische einen armstarken, kurzen Knüppel. Mit
seinen dünnen, sehnigen Fingern umspannte der Deutsche das Holz.
    »Zur
Sicherheit«, meinte er. »Hin und wieder verirrt sich eines der Viecher. Dann
ist es gut, es gleich unschädlich zu machen .«
    Fünf Minuten
später waren sie zum Aufbruch bereit.
    Vormann schob
den Felsblock so weit auf die Seite, daß sie beide
bequem durch den entstandenen Spalt schlüpfen konnten.
    Der Deutsche
ging der Australierin voraus und bat Helen, noch einen kurzen Augenblick in der
Höhlenöffnung stehenzubleiben. Er wollte erst nachprüfen, ob die Luft rein war.
    »Okay, Sie
können kommen !« Im gleichen Augenblick griff seine
Linke nach ihrem Handgelenk. Vormann schob einen kleineren Block zur Seite, der
von außen her die Öffnung sicherte.
    »Man muß jede
Möglichkeit in Betracht ziehen«, lauteten seine erklärenden Worte hierzu. »Ich
bin nicht daran interessiert, mich nach der Rückkehr mit einigen hundert Ratten
herumzuschlagen, die zufällig in meinen Lebensbereich eingedrungen sind. Es ist
wohl auch kaum anzunehmen, daß es mir gelingen würde, so viele auf einmal zu
erledigen, daß ich als Sieger aus dem ungleichen Kampf hervorgehen würde .«
    Der Block
ruhte auf einem zweiten Felsstein, der quer über einem dritten lag, so daß eine
Art schiefe Ebene entstand. Mit einer Hand konnte Vormann gegen den großen
Block drücken, und er würde sofort seitlich wegkippen.
    »Tolle
Erfindung, was ?« strahlte er. »Wenn es hier heiß
hergeht, dann kann man damit den Viechern ein Schnippchen schlagen. Sobald die Höhle
belagert wird, so daß es noch möglich ist, wenigstens den Eingang zu erreichen,
erfüllt dieser Block auf der Kippe einen unbezahlbaren Zweck. Er wirkt wie eine
überdimensionale Schleuder. Wenn der Block herabsaust, zerschmettert er nicht
nur die Ratten. Durch die ungeheure Wucht des Aufpralls erschreckt er die
Nager, die dem Block entgingen, jagt sie davon und verschafft mir wertvolle
Minuten, die ich brauche, um den Felsblock von innen wieder vorzuschieben.«
    Es waren die
letzten Worte, die Vormann mit ihr wechselte. Von nun an verhielt er sich still
und lauschte angespannt in das Dunkel, in das er sie führte.
    Für Helen
ging es scheinbar immer nur geradeaus. Sie konnte keine bestimmte Richtung
erkennen. Die Australierin versuchte, die trüben und bedrückenden Gedanken zu
verscheuchen, die jetzt auf dem Weg durch die Finsternis wieder von ihr Besitz
ergriffen. Sie mußte daran denken, wie es wohl sein würde, wenn all die vielen
tausend Ratten, die sie vorhin in dem riesigen Schacht beobachtet hatte, ihnen nachfolgen
oder den Weg abschneiden würden. Hier in diesem Labyrinth war dies alles
möglich. Wie eine Flut konnten sie plötzlich aus den Löchern und Gängen
quellen, ihnen den Rückzug abschneiden und sich dann über sie hermachen. Als
Helen an eine solche Möglichkeit dachte, überlief es sie eiskalt.
    Zunehmende
Unruhe ergriff sie, als sie sich vorstellte, daß es vielleicht an der