038 - Das zweite Leben des Mortimer K.
abend nichts für Sie tun. Wie wär’s, wenn Sie morgen wiederkämen? Meinetwegen um die gleiche Zeit.«
Der Große schüttelte bedauernd den Kopf. »Das ist leider nicht möglich, Mr. Farrington, es muß heute sein.« Er trat näher, und seine Erscheinung war so furchteinflößend, daß George Farrington zur Seite wich. »Vielen Dank«, sagte der Fremde und schloß die Tür.
Ein flaues Gefühl beschlich den Hellseher. Er musterte den Großen argwöhnisch. Ihm fiel automatisch die Frage eines Reporters ein:
»Haben Sie keine Angst, Mr. Farrington, daß die Verbrecher, denen Sie auf der Spur sind, Ihnen gefährlich werden könnten?«
»Nein«, hatte er gesagt. Doch in diesem Augenblick hätte er diese Frage nicht mehr so klar beantworten können. Jetzt nämlich hatte er Angst vor diesem massigen Kerl.
Er glaubte zu spüren, daß von diesem Mann eine kalte Feindseligkeit ausging. Eigenartig – so vielen Menschen hatte er schon die Zukunft vorausgesagt, sich selbst jedoch noch nie.
»Ich soll Ihnen Grüße bestellen, Mr. Farrington«, sagte der Fremde freundlich.
»Von wem?«
»Von Professor Kull. Professor Mortimer Kull«, sagte der Große.
George Farrington schüttelte den Kopf. »Kenne ich nicht. Arbeiten Sie für ihn?«
»Ja, Sir.«
»Und wie ist Ihr Name?«
»Ian Mallone, aber mein Name ist ohne Bedeutung für Sie. Wichtig ist nur Professor Kull. Er liebt es nicht, wenn man sich in seine Angelegenheiten mischt, darauf reagiert er ungemein sauer.«
»Ich fürchte, ich verstehe Sie nicht«, sagte Farrington.
Der Große lächelte nachsichtig. »›Das Auge‹ will etwas Besonderes leisten, nicht wahr? Einen Mordfall möchte es aufklären – und das gefällt Professor Kull nicht.«
George Farrington horchte auf. »Hat dieser Professor Kull mit dem Mord etwa zu tun?«
»Allerdings.«
»Ach… Und nun hat Professor Kull Sie zu mir geschickt, damit Sie mich einschüchtern, wie?«
Der Große grinste. »Nein, Sir, einschüchtern allein reicht Professor Kull nicht. Er möchte, daß ich Sie töte!«
Den letzten Satz knurrte der Große wie ein Tier. Gleichzeitig zog er sein Jackett aus, warf es auf den Dielenboden, zog sein Hemd aus, warf es auf das Jackett.
Mit nacktem Oberkörper stand der Mann vor dem Hellseher. George Farrington sah die furchterregenden Muskeln seines Gegenübers und schluckte.
»Hören Sie, verlassen Sie auf der Stelle mein Haus!« krächzte der Hellseher. »Ich erwarte Gäste. In wenigen Minuten werden sie hier sein. Sie werden mir helfen. Und ich werde dafür sorgen, daß Sie für ein paar Jahre ins Zuchthaus kommen!«
Der Große lachte rauh. »Sie sind erledigt, Farrington. In wenigen Augenblicken werden wir beide tot sein.«
»Was reden Sie denn da? Sind Sie verrückt?«
Der Große wies auf seine Brust. »Sehen Sie zu, Farrington.«
Der rote Wurm bohrte sich durch braun und rissig gewordene Haut. Fingerdick und fingerlang.
Der Hellseher schlug sich die Hände auf die Wangen. »O mein Gott!« preßte er erschüttert hervor.
Der Mann sprang vor. Er wollte den Hellseher packen und an sich reißen, doch George Farrington wich aufschreiend zur Seite aus.
Er rannte ins Wohnzimmer, schleuderte die Tür hinter sich zu, doch der Scheußliche rammte sie mit der Schulter gleich wieder auf.
Sie knallte gegen die Wand.
George Farrington griff nach einem Stuhl und warf ihn dem Monster entgegen. Ian Mallone fing den Stuhl auf und schleuderte ihn hinter sich.
Unaufhaltsam ging er weiter.
»Hilfe!« brüllte das »Auge«. »Zu Hilfe! Man will mich ermorden! Ein Ungeheuer…!«
Doch die Terrassentür war geschlossen. Seine Schreie blieben ungehört. Da das Grundstück groß war befanden sich die Nachbarn nicht in unmittelbarer Nähe.
Der Hellseher blickte sich um. Sein Blick irrlichterte durch den Living-room. Über dem offenen Kamin hingen dekorativ zwei gekreuzte Schwerter. George Farrington hatte sie von einer Reise nach Rom mitgebracht.
Daß er so ein Schwert mal in die Hand nehmen und sein Leben damit verteidigen würde, hätte er nie gedacht.
Jetzt rannte er zum offenen Kamin, als wäre der Teufel hinter seiner Seele her.
Das große Scheusal folgte dem Hellseher. Blitzschnell schnappte sich George Farrington eines der beiden Schwerter. Er riß es vom Haken und fuhr herum.
Die Klinge zog er aus der Drehung heraus waagrecht durch die Luft. Mallone, der seinen Schwung nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte, lief voll in den Hieb.
Die Klinge schlug in den Monsterkörper,
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