038 - Das zweite Leben des Mortimer K.
Zwar machte Paul Poone seine Eintragungen verschlüsselt, aber Kulls Männer waren kein Risiko eingegangen. Sie hatten einfach die Eintragungen des gesamten Monats herausgerissen.
»Mist!« knurrte Noel Bannister und warf das Notizbuch wieder auf den Boden.
Da vernahm er hinter sich ein Geräusch, und als er herumfuhr, sah er Blake Prouster, das Milchgesicht, wieder.
Der Taxifahrer war verdammt anhänglich.
Er hatte sich zwei neue Komplizen zugelegt. Doch diesmal handelte es sich um keine gewöhnlichen Kull-Gangster.
»Das ist er!« rief Prouster rauh. »Macht ihn kalt!«
Die Kerle rissen ihre Hemden auf, und widerliche rote Würmer kamen zum Vorschein!
***
Wir kletterten auf das Dach des Kull-Stützpunktes hinüber, zuerst ich, dann Vicky Bonney – und Mr. Silver bildete die Nachhut. Das elektronische Auge konnte uns nicht sehen, und somit blieb auch den Gangstern verborgen, daß wir ihnen schon ziemlich dicht auf die Pelle gerückt waren.
Wir liefen am Hubschrauberlandeplatz vorbei und erreichten einen Ziegelaufbau mit einer Tür. Wie nicht anders zu erwarten, war sie abgeschlossen.
»Kaiser der Einbrecher, stell mal wieder dein unnachahmliches Talent unter Beweis«, verlangte ich von Mr. Silver.
»Ich wüßte nicht, was ich lieber täte«, erwiderte der Ex-Dämon und knackte die Tür buchstäblich im Handumdrehen. Sobald die Tür zur Seite schwang, spielte ich wieder den Vorreiter.
Vor mir befand sich eine Treppe, die nicht erhellt war. Erst weiter unten strahlte Neonlicht.
»Tony«, raunte Mr. Silver.
»Hm?« gab ich zurück.
»Vielleicht sollte ich vorgehen… Für den Fall, daß weitere Sicherungen eingebaut sind …«
Kaum hatte er das gesagt, da passierte es. Ich machte nur noch einen Schritt, und das war genau ein Schritt zuviel. Ich wollte Mr. Silvers Vorschlag akzeptieren, kam aber nicht mehr dazu, denn ich hatte soeben die nächste Sicherung erreicht.
Es gab einen Trick, um sie auszuschalten, doch ich kannte ihn nicht. Vielleicht befand sich irgendwo ein Knopf, auf den man drücken mußte, ehe man seinen Fuß auf diese verfluchte Stufe setzte.
Ich konnte das nicht wissen, und ich bezahlte diese Unwissenheit umgehend. Die Stufe klappte unter mir weg. Es entstand eine Öffnung, die groß genug war, um mich aufzunehmen.
Ich fiel in einen glatten Schlauch, und abwärts ging’s mit mir im Höllentempo. Es war mir unmöglich, den Fall zu bremsen. Ich konnte mich nirgendwo festhalten.
Die glatten Wände des Schlauchs preßten mir die Arme an den Körper. Der Fall schien nicht enden zu wollen.
Um mich herum war es so finster wie in der Mitte eines endlos langen Tunnels. Mir fiel auf, daß der Schlauch sich verjüngte, also enger wurde.
Das bremste meine Fallgeschwindigkeit, und schließlich spuckte der Höllenschlund mich aus. Ich fiel auf glatten, kalten Boden, vielleicht Marmor. Es war stockfinster hier.
Ich brauchte einige Augenblicke, um mich zu sammeln. Als mir bewußt wurde, daß ich meine Streitaxt verloren hatte, suchte ich sie.
Mit den Händen tastete ich den Boden ab.
Meine Finger stießen gegen den Ebenholzgriff und schlossen sich um ihn. Es wäre mir sehr unangenehm gewesen, wenn ich die wertvolle Axt verloren hätte.
Meinen Ring, auf den ich mich jahrelang verlassen konnte, mußte ich sowieso abschreiben. Ich hatte das dumpfe Gefühl, daß ich ihn nicht wiederbekommen würde.
Langsam richtete ich mich auf. Es mußte in diesem Raum eine Tür geben, und die wollte ich finden. Ich mußte hier raus. Aber würde es mir gelingen?
Ich hatte nicht Mr. Silvers übernatürliche Fähigkeiten. Der Ex-Dämon hätte sich vermutlich spielend aus dieser Klemme geholfen, so leicht war der nicht unterzukriegen.
Aber ich bin »nur« ein Mensch.
Vorsichtig setzte ich den ersten Schritt, blieb stehen und lauschte.
Mr. Silver hätte in meiner Situation seinen Körper zum Strahlen gebracht und auf diese Weise seine Umgebung erkennen können.
Ich hatte jedoch keine Ahnung, wie groß dieser Raum war, in den ich geraten war. Ich wußte auch nicht, ob ich mich hier allein befand.
Vielleicht hatte ich Gesellschaft.
Meine Nervenstränge spannten sich bei diesem Gedanken. Und gewiß hatte ich bei dem Sturz auch einen Alarm ausgelöst.
Dann wußten die Kull-Leute jetzt, daß ihnen jemand in die Falle gegangen war. Wie lange würde es dauern, bis sie sich blicken ließen, um sich den Eindringling anzusehen?
Würde Professor Kull dabei sein?
Ich hatte mir unser Zusammentreffen – offen
Weitere Kostenlose Bücher