Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
038 - Die Wasserleiche im Rio Negro

038 - Die Wasserleiche im Rio Negro

Titel: 038 - Die Wasserleiche im Rio Negro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
Vom Netzwerk:
war klein, die Mauern unverputzt. An der Decke befand sich eine kleine Öffnung, durch die Licht fiel. Ich schloß die Tür hinter mir. Der Boden war mit Stroh bedeckt. In einer Ecke stand ein Keramikkrug. Es dauerte einige Zeit, bis ich mich an das düstere Licht gewöhnt hatte. Eine Gestalt hockte in einer Ecke und wandte mir den Rücken zu.
    »Machu Picchu«, sagte ich.
    Das Mädchen reagierte nicht. Ich kam näher, blieb hinter ihr stehen und legte eine Hand auf ihre Schulter, doch sie bewegte sich nicht.
    »Steh auf, Machu Picchu!«
    Ich sprach in ihrer Sprache. Langsam wandte sie den Kopf. Das schwarze Haar hüllte ihren nackten Körper wie ein Schleier ein. In ihren Augen las ich das Erkennen.
    »Ich will dir helfen, Machu Picchu«, sagte ich leise.
    In ihren dunklen Augen spiegelte sich grenzenlose Traurigkeit. »Mir kann niemand helfen«, sagte sie tonlos.
    Ich starrte sie an. Sie war noch schöner, als ich sie in Erinnerung hatte, aber sie war mager geworden. Ihre Haut wirkte farblos, und das lange Haar war stumpf.
    »Ich kann dir helfen«, sagte ich und hockte mich neben ihr auf den Boden.
    Mit beiden Händen warf sie das hüftlange Haar über ihre Schultern. Sie war völlig nackt. Sekundenlang blickte ich ihren geschmeidigen Körper an.
    »Ich sehne mich nach dem Tod«, sagte sie. »Mein Leben ist sinnlos geworden.«
    »Du mußt ihm einen Sinn geben.«
    »Unser Herrscher ist tot«, sagte Machu Picchu. »Das Reich zerfallen und unsere tapfersten Krieger sind nichts anderes als Sklaven. Das ganze Land ist verwüstet. Alles ist hoffnungslos geworden.«
    »Und was ist mit Manoa?«
    Sie sah mich verwundert an.
    »Du kannst mich nicht täuschen, Machu Picchu. Ich weiß mehr als die meisten anderen. Ich war Zeuge, als du und deine Gefährten Atahualpas Leichnam zerstückelten, ihn in Tücher hüllten und ungesehen fortschafften.«
    Die Augen der Prinzessin schimmerten jetzt stärker. Sie sah mich gebannt an.
    »Wohin habt ihr den Leichnam gebracht?«
    Sie antwortete nicht.
    Ich blickte sie einige Zeit an, dann griff ich in meine Hose und holte das Quipu hervor, das ich ständig bei mir trug. Ihre Augen weiteten sich.
    »Hier steht geschrieben, daß Atahualpa eine glorreiche Wiedergeburt erleben wird«, sagte ich. »Und außerdem ist hier der Weg nach Manoa beschrieben.«
    Das war nur eine Vermutung von mir, doch sie schien zuzutreffen, denn ich las das Erschrecken in ihren Augen.
    »Wer hat dir das erzählt?« fragte sie.
    »Ich hatte Zeit. Viel Zeit. Ich habe mich eingehend mit eurer Kultur beschäftigt, und ich kann Quipus lesen.«
    Sie knabberte nervös an ihren Lippen, senkte den Kopf, schloß die Augen, und ihr fester Busen hob sich rascher.
    »Ich habe mich Pascual Martinez nur angeschlossen, weil er mir von deiner Gefangennahme berichtet hat«, sagte ich rasch. »Du mußt mir glauben, Machu Picchu. Ich will dir helfen.«
    »Ich würde dir gern glauben«, sagte sie leise, »aber es fällt mir schwer.«
    »Du gehst kein Risiko ein. Du führst Martinez und seine Männer in den Urwald, und irgendwann wird sich für dich die Möglichkeit zur Flucht ergeben. Ich habe keinem Menschen – außer dir – von dem Quipu erzählt. Niemand weiß, daß ich auch den Weg nach Manoa kenne.«
    Sie überlegte einige Sekunden, dann stand sie auf. Ich stützte sie; ihr Körper war leicht wie eine Feder. Selten zuvor hatte mich eine Frau so wie sie fasziniert.
    »Gut«, sagte sie schließlich. »Ich gehe auf deinen Vorschlag ein. Ich werde die Männer in den Urwald führen. Es ist ein langer, gefährlicher Marsch.«
    Ich bedauerte, daß ich sie hatte täuschen müssen, doch mir war keine andere Wahl geblieben. Hätte sie sich geweigert, uns nach Manoa zu führen, dann wäre sie sicherlich von Martinez und seinen Leuten grausam gequält worden und hätte schließlich den Tod gefunden.
    »Ich gebe Martinez Bescheid«, sagte ich und drehte mich um.
    Ich öffnete die Tür und Pascual Martinez kam mit funkelnden Augen auf mich zu.
    »Hast du etwas erreicht?« fragte er neugierig.
    Ich nickte. »Sie führt uns nach Manoa.«
    Sein häßliches Gesicht verzog sich zu einem freudigen Grinsen. Begeistert schlug er mir auf die Schulter.
    »Das Mädchen muß aber zu Kräften kommen«, stellte ich fest. »Sie ist völlig geschwächt.«
    »Ich werde dafür sorgen, daß sie genügend zu essen bekommt«, sagte Martinez.
    »Schaff sie in einen anderen Raum«, verlangte ich weiter. »Sie braucht auch Bewegung. Sonst klappt sie uns nach wenigen

Weitere Kostenlose Bücher