Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
038 - Die Wasserleiche im Rio Negro

038 - Die Wasserleiche im Rio Negro

Titel: 038 - Die Wasserleiche im Rio Negro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
Vom Netzwerk:
den Knoten heraus, daß der Inka-König Atahualpa einst eine glorreiche Wiedergeburt erleben und sein Reich zurückerobern würde.
    Aber so wie es im Augenblick aussah, stand es um die Inkas ziemlich schlecht. Sie starben wie die Fliegen dahin. Grippe und Blattern dezimierten sie stärker als die Mordlust der Spanier.
    Ich sammelte alle Erzählungen und Berichte, die ich hörte. Angeblich sollten im Urwald Ungeheuer leben, die so grauenvoll waren, daß man sie gar nicht beschreiben konnte. Eine Erzählung erweckte besonders mein Interesse. Tief im Dschungel sollte ein Stamm weiblicher Krieger hausen, die sich Amazonen nannten, nach denen dann auch der gewaltige Fluß benannt wurde. Sie wohnten in großen Häusern tief im Landesinneren, aßen von goldenen Tellern und trugen kostbare Ketten und Armreifen. Im Unterschied zu den Indianern sollten sie weiß sein, und ihr Haar sollte wie gesponnenes Gold leuchten. Nur einmal im Jahr empfingen sie männliche Krieger von benachbarten Stämmen. Die weiblichen Nachkommen wurden von den Amazonen aufgezogen, während die Knaben zu ihren Vätern geschickt oder einfach getötet wurden.
    Meine Sammlung von ähnlichen Berichten wurde immer größer, und schließlich entschloß ich mich doch, an einer Expedition teilzunehmen. Das Jahr 1536 neigte sich dem Ende zu, und ich war des Nichtstuns überdrüssig geworden.
    Ich hatte Pascual Martinez kennengelernt, der etwa fünfunddreißig Jahre alt war. Er war auf Hispaniola geboren und hatte die Neue Welt noch nie verlassen. Martinez war ein kleiner, schmächtiger Mann. Sein Haar war dunkel, die Geiernase und die tiefliegenden, stechenden Augen ließen ihn häßlich erscheinen. Er war ein brutaler, rauher Gesell, den ich nicht besonders mochte. Wie so viele Abenteurer vor ihm, wollte er sich auf die Suche nach El Dorado machen. Wenn er davon sprach, dann kam in seine Augen ein seltsames Leuchten. Er wollte sich weit ins Quellgebiet des Amazonas vorwagen.
    Das alles waren keine Gründe, weshalb ich mich ihm schließlich anschloß. Er erzählte mir indessen, daß er eine Indianerin gefangengenommen hatte, eine Inka-Prinzessin, die in der Nähe von Medellin von seinen Gefährten bewacht würde. Er war sicher, daß er ihr das Geheimnis, wo die sagenumwobene Goldstadt liegt, entreißen würde. Und als ich ihn nach dem Namen des Mädchens fragte, sagte er zu meiner größten Überraschung, daß sie Machu Picchu hieß.
    Das gab für mich den Ausschlag. Ich schloß mich seiner Expedition an und nahm das Quipu mit, das die Inkas auf Atahualpas Totenbahre hinterlassen hatten. Zusammen mit dreißig Spaniern und zweihundert Indios brachen wir auf. Pascual Martinez hatte sein ganzes Geld in die Expedition gesteckt. Wenn sie nicht erfolgreich verlief, dann war er ein armer Mann. Wir führten Hunderte von Lamas und Schweine mit, die den indianischen Treibern ständig zu entkommen suchten.
    Nach einigen Tagen hatten wir Medellin erreicht, das hoch in den Anden lag.
    Und hier sah ich Machu Picchu wieder.

    Ich sprang vom Pferd, und einer der Indios ergriff die Zügel. Ich folgte Pascual Martinez, der in eines der kleinen Häuser trat.
    »Wie geht es der Indianerin?« fragte er einen Spanier.
    »Wir haben sie nicht angerührt«, sagte dieser rasch.
    Er hatte sichtlich vor Martinez Angst.
    »Das ist mir egal. Habt ihr etwas aus ihr herausgebracht, Diego?«
    Diego schüttelte den Kopf. Sein grauer Bart wippte auf und ab. »Sie sagt nichts«, brummte er. »Wir folterten vor ihren Augen mehr als zwanzig Inka-Krieger, doch sie sah nahezu unbeteiligt zu. Auch als wir ihr drohten, daß wir sie bestialisch martern und quälen würden, reagierte sie nicht.«
    »Verdammt!« brüllte Martinez, und seine Stirnader schwoll an. »Sie muß uns sagen, wo sich die versteckte Hauptstadt der Inkas befindet. Sie weiß es.«
    »Foltern sind sinnlos, Herr«, sagte Diego.
    »Das werden wir sehen«, fauchte Martinez. »Wo steckt sie?«
    Diego wies mit der rechten Hand auf eine Holztür.
    »Laß mich mit ihr sprechen, Pascual«, sagte ich.
    Martinez blickte mich ungeduldig an. »Was versprichst du dir davon?«
    »Ich kenne sie«, sagte ich. »Ich habe dir ja bereits davon erzählt. Vielleicht hat sie mehr Vertrauen zu mir.«
    Martinez starrte mich einige Sekunden an, dann nickte er langsam. »Ein Versuch kann nicht schaden. Geh zu ihr!«
    »Ich will allein mit ihr sprechen.«
    Martinez nickte wieder.
    Ich öffnete die Tür und trat über die Schwelle. Es stank bestialisch. Der Raum

Weitere Kostenlose Bücher