038 - Die Wasserleiche im Rio Negro
Nase war klein, der Mund breit. Ihre schmalen Augen waren dunkelblau. Ich schätzte, daß sie Ende Zwanzig war.
Sie musterte mich mehr als eine Minute schweigend. Ihr Blick glitt über mein Gesicht, den Körper und die Beine. Langsam streckte sie die rechte Hand aus, strich über meine Brust, und ihre Hand glitt tiefer. Ich kam mir wie ein Stück Vieh vor, das von einem kauflustigen Bauern auf eventuelle Mängel untersucht wurde.
Sie sagte etwas in der unverständlichen Sprache, die wie das Zwitschern eines Vogels klang. Die Frauen nickten eifrig.
Carcho untersuchte weiter meinen Körper. Sie ließ keine Stelle aus und ging dabei nicht besonders sanft vor.
Ich war gespannt, wie es weitergehen würde. Die Königin schien nicht viel von Körperpflege zu halten. Sie stank erbärmlich. Die Vorstellung, mit ihr intim zu werden, war nicht unbedingt nach meinem Geschmack.
Schließlich zog sie ihre Hand zurück und schlüpfte aus dem Umhang aus Ibisfedern. Sie hatte die Hüften eines Knaben und den Hängebusen einer alten Frau. Carco legte beide Hände auf meine Schultern und drückte ihren stinkenden Körper gegen den meinen. Ich versuchte zurückweichen, doch die Speerspitzen in meinem Rücken bannten mich auf meinen Platz. Ihr Körper war warm und weich. Ihre spitzen Krallen bohrten sich tief in meine Schultern. Der Geruch, der ihrem Haar entströmte, war einfach widerlich. Mir drehte sich der Magen um.
Ich versuchte mich aus dem Griff der Mädchen zu befreien, die meine Handgelenke noch immer umklammerten, doch sie hielten mich zu fest. Solche Kräfte hätte ich ihnen gar nicht zugetraut.
»Ich bin deine Herrin«, sagte Carcho. Ihr Spanisch klang zu meiner Verblüffung recht ordentlich. »Du wirst mir und meinen Kriegerinnen gehorchen.«
Ich dachte nicht daran. »Laß mich frei!«
Sie ließ mich los und trat einen Schritt zurück. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich. »Wenn du dich gegen mich auflehnst, dann ist das dein Tod.«
Ich überlegte sekundenlang. Eine Flucht schied im Augenblick aus. Doch Vincente Cabot mußte gesehen haben, wie ich gefangengenommen wurde. Wahrscheinlich würde mich Martinez suchen. Und wenn sie tatsächlich Pedro Vacos freiließen, dann konnte er Martinez einen genauen Bericht geben. Für die schwerbewaffneten Spanier sollten die Amazonen kein großes Problem sein. Es hatte wenig Sinn, wenn ich die Königin jetzt verärgerte.
»Ich folge dir«, brachte ich schließlich über die Lippen, und ihre Miene wurde wieder sanft.
Ein zehnjähriges Mädchen kletterte die Leiter hoch und reichte Carcho einen goldenen Becher, den sie an mich weitergab.
»Trink!« befahl sie.
Mißtrauisch starrte ich in die grünlich schimmernde Brühe, die unangenehm roch. Ich zögerte, da spürte ich wieder die Speerspitze im Rücken. Langsam setzte ich den Becher an die Lippen und übergab mich beinahe. Den Atem anhaltend, goß ich das bitter schmeckende Getränk hinunter.
Carcho nahm mir den Becher ab und gab ihn wieder dem jungen Mädchen, das die Leiter hinunterglitt.
Zuerst spürte ich nichts, dann breitete sich in meinem Magen ein unangenehmes Zwicken aus, das in ein Brennen überging. Und plötzlich brach mir der Schweiß aus, und mein Blick trübte sich. Ich sah alles doppelt, dann dreifach. Heiße Schauer durchrieselten meinen Körper, und meine Knie fingen zu zittern an, so als wäre ich nach einer durchzechten Nacht zu früh erwacht. Ich bekam Kopfschmerzen und wankte hin und her. Die Mädchen ließen mich los, und ich war unendlich erleichtert, als ich mich auf das Laublager setzen durfte. Nach einigen Minuten fing alles zu wogen an. Ich schloß die Augen, doch es wurde nicht besser. Ich hustete und legte mich zurück. Alles drehte sich, und mein Körper schien zu glühen. Mein Mund war ausgetrocknet. Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Ein Körper drängte sich gegen den meinen, weich und warm. Hände strichen über meine Brust, und dann verschwamm alles zu einem seltsamen Traum.
Ich lag in den Armen einer wunderschönen Frau, die nicht genug von mir bekam. Sie wand und drehte sich unter mir, und sanfte Stimmen umsäuselten mich. Hände strichen über mein Haar und verkrallten sich in meinem Körper. Stöhnen und Keuchen war zu hören. Alles war unwirklich.
Ich schwebte, spürte weiches Fleisch unter meinen Fingern, dann einen harten, biegsamen Körper, der sich mir verlangend entgegenstreckte. Dann erlosch meine Erinnerung.
Als ich erwachte, war es hell. Ich setzte mich auf
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