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038 - Verbotene Sehnsucht

Titel: 038 - Verbotene Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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ihm kalter Schweiß den Rücken hinabrann. Er dachte nicht gern an jenen Tag zurück - zumal nicht jetzt, da er noch immer das beklemmende Unbehagen empfand, das ihm die belebten Straßen Londons bereiteten. „Und die anderen?"
    „Tot, alle tot. Glaube ich. Die meisten sind ja schon bei Spinner's Falls gefallen.
    Ridley hat noch ein paar Monate überlebt, bis ihn dann der Wundbrand dahingerafft hat." Er lächelte mit leisem Bedauern und zwinkerte ihm zu.
    Sam runzelte irritiert die Stirn. „Und wissen Sie ..."
    „Mr. Hartley, ich glaube, wir sollten uns so langsam zum Schuhmacher begeben", fiel Mademoiselle Molyneux ihm ins Wort.
    Sam wandte sich von Thornton ab und den Damen zu. Rebecca betrachtete ihn sichtlich verstört, Lady Emeline gab sich ungerührt, und die alte Dame schien einfach nur ungeduldig. „Bitte entschuldigen Sie, meine Damen. Ich wollte Sie nicht mit Erinnerungen an lang vergangene Ereignisse langweilen."
    „Auch ich entschuldige mich." Thornton verbeugte sich abermals sehr adrett. „Es war mir ein Vergnügen, Sie ..."
    „Könnte ich Ihre Adresse haben?", beeilte Sam sich zu fragen. „Ich würde mich gern noch mal mit Ihnen unterhalten. Nur wenige erinnern sich noch daran, was an jenem Tag geschehen ist."
    Thornton strahlte. „Aber natürlich. Ich schwelge auch gern in Erinnerungen. Sie können mich gern in meinem Geschäft aufsuchen. Es ist nicht weit von hier. Einfach Piccadilly hinunter bis zur Dover Street, und schon sind Sie da - George Thornton und Sohn, Stiefelmacher. Von meinem Vater gegründet, müssen Sie wissen."
    „Danke." Sam gab ihm zum Abschied die Hand und wartete, bis Thornton sich von den Damen verabschiedet hatte und davongegangen war. Sein rotes Haar war noch eine Weile in der Menge zu sehen, ehe er ihn aus den Augen verlor.
    Dann wandte Sam sich Lady Emeline zu und bot ihr seinen Arm. „Wollen wir?" Und da machte er den Fehler, ihr in die Augen zu schauen. Es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass sie begriffen hatte, worum es ging. Sie war eine kluge Frau und hatte das Gespräch mit angehört. Ihm wurde ganz beklommen ums Herz.
    Sie wusste Bescheid.
    Mr. Hartley war wegen des Massakers von Spinner's Falls nach London gekommen.
    Zu überlegt und präzise waren seine Fragen an Mr. Thornton gewesen, zu aufmerksam und gespannt hatte er dessen Antworten gelauscht. Irgendetwas, das damals geschehen war, ließ ihm keine Ruhe.
    Und Reynaud war bei Spinner's Falls umgekommen.
    Emeline ließ abermals die Fingerspitzen in seiner Armbeuge ruhen, doch dann konnte sie nicht länger an sich halten. Fest grub sie die Finger in seinen Arm.
    „Warum haben Sie mir nichts gesagt?"
    Sie gingen wieder nebeneinander her, und er sah starr geradeaus. In seiner Wange zuckte es kurz. „Ma'am?"
    „Tun Sie nicht so!", zischte sie ihm leise zu. Ihre Tante und Rebecca waren direkt hinter ihnen, und sie wollte nicht, dass die beiden sie hörten. „Tun Sie nicht so, als wüssten Sie nicht, wovon ich rede. Ich bin doch nicht dumm."
    Nun sah er sie an. „Das hatte ich auch niemals angenommen."
    „Dann behandeln Sie mich gefälligst nicht so. Sie waren im selben Regiment wie Reynaud. Sie kannten meinen Bruder. Weshalb sind Sie hier? Was wollen Sie herausfinden?"
    „Ich ..." Er zögerte. Was dachte er sich bloß dabei? Was versuchte er, vor ihr zu verbergen? „Ich möchte keine unschönen Erinnerungen wecken. Ich möchte Sie nicht daran erinnern, wie ..."
    „Mich daran erinnern! Du liebe Güte, glauben Sie vielleicht, ich könnte den Tod meines einzigen Bruders jemals vergessen? Glauben Sie, es bedürfte eines Wortes von Ihnen, damit ich an ihn denke? Er ist immer in meinen Gedanken, jeden Tag.
    Lassen Sie sich das gesagt sein: jeden Tag." Sie blieb stehen, da sie nach Atem ringen musste und ihre Stimme schier versagte. Was für Dummköpfe die Männer doch waren!
    „Es tut mir leid", sagte er leise. „Ich wollte nicht geringschätzen, welch ein Verlust ..."
    Mit einem verächtlichen Schnauben wollte sie ihn zum Schweigen bringen.
    Doch er ließ sich nicht abhalten. „Gestehen Sie mir etwas Nachsicht zu. Ich wusste nicht, wie ich zu Ihnen über Ihren Bruder sprechen sollte, über das, was an jenem Tag geschehen ist. Mein Fehler geschah aus Dummheit, nicht aus bösem Willen.
    Bitte verzeihen Sie mir."
    Welch schöne Rede. Sie biss sich auf die Lippen und sah zwei junge Aristokraten vorbeischlendern, die nach der neuesten Mode herausgeputzt waren. Opulente Spitze rüschte sich an ihren

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