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038 - Verbotene Sehnsucht

Titel: 038 - Verbotene Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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Manschetten, ihre Röcke waren samten und ihre Perücken extravagant gelockt. Wahrscheinlich waren die beiden noch keine zwanzig Jahre alt, doch gebärdeten sie sich mit all der Arroganz, die Geld und Privilegien mit sich brachten, waren sich ihres Platzes in der Gesellschaft gewiss, waren sich gewiss, dass die Sorgen und Nöte der niederen Stände niemals die ihren sein würden.
    Reynaud war auch so gewesen.
    Wieder sah sie seine lachenden dunklen Augen vor sich und wandte sich ab. „Er hat von Ihnen geschrieben."
    Fragend sah er sie an.
    „Reynaud", stellte sie klar, wenngleich sie nicht wüsste, wen sie sonst hätte meinen sollen. „In den Briefen, die er mir geschrieben hat, hatte er Sie erwähnt."
    Mr. Hartley blickte starr geradeaus. Sie sah, wie sein Adamsapfel sich bewegte, als er schluckte. „Was hat er geschrieben?"
    Beiläufig betrachtete sie das Schaufenster eines Kurzwarenladens und gab vor, sich für die Klöppelspitze in der Auslage zu interessieren. Es war Jahre her, dass sie Reynauds Briefe zuletzt gelesen hatte, aber noch immer wusste sie jedes Wort auswendig.
    „Er schrieb, dass seinem Regiment ein amerikanischer Unteroffizier zugeteilt worden war, dessen Fähigkeiten als Kundschafter er sehr bewundere. Er meinte, dass er Ihnen mehr vertraue als allen anderen Spähern, dass Sie gar besser wären als die Indianer. Sie hätten ihn über die Unterschiede zwischen den Eingeborenenstämmen aufgeklärt - dass die Mohikaner beispielsweise ihre Haare zu einer Bürste auf der Mitte des Kopfes stutzten und die Wy...Wy..."
    „Wyandot", sagte er leise.
    „Dass die Wyandot sich vorwiegend in Rot und Schwarz kleideten und ein langes Stück Stoff tragen, das sie hinten und vorne ..."
    „Einen Lendenschurz?"
    „Genau." Sie senkte den Blick. „Er mochte Sie."
    Sie spürte die leichte Bewegung seiner Brust an ihrem Handrücken, als er tief einatmete. „Danke."
    Es war nicht nötig, ihn zu fragen, wofür er ihr dankte, und so nickte sie nur kurz, ehe sie fragte: „Wie lange haben Sie ihn gekannt?"
    „Nicht lange", antwortete er. „Nach der Schlacht von Quebec wurde ich dem 28. Regiment zugeteilt. Eigentlich hätte ich nur mit ihnen bis Fort Edward marschieren sollen, hätte helfen sollen, die Strecke auszukundschaften. Ich kannte Ihren Bruder ein paar Wochen, vielleicht ein oder zwei Monate. Und dann kam Spinner's Falls."
    Mehr brauchte er nicht zu sagen. Bei Spinner's Falls war nahezu das gesamte Regiment im Kreuzfeuer der Wyandot-Indianer umgekommen. Sie hatte die Berichte in den Zeitungen gelesen. Es hatte nur wenige Überlebende gegeben und noch weniger, die über das Massaker hatten reden wollen - schon gar nicht mit einer Frau.
    Emeline holte tief Luft. „Haben Sie ihn sterben sehen?"

    Sie spürte, dass er sich ihr zuwandte. „Mylady ..."
    Emeline zog an einer Seidenrüsche ihres Kleides, bis sie den Stoff reißen spürte.
    „Haben Sie ihn sterben sehen?"
    Er atmete erst einmal tief aus, und als er schließlich antwortete, klang seine Stimme gepresst. „Nein."
    Sie ließ von der lädierten Rüsche ab. War es Erleichterung, was sie empfand?
    „Warum fragen Sie? Gewiss führt es zu nichts, wenn ..."
    „Weil ich wissen möchte ... nein, weil ich wissen muss, wie diese letzten Augenblicke für ihn waren." Mr. Hartley schien irritiert. Eine steile Falte zeigte sich zwischen seinen Brauen. Blicklos schaute sie geradeaus und versuchte, ihre Gedanken in Worte zu fassen. „Wenn ich weiß - wenn ich verstehe, vielleicht sogar nachempfinden kann -, was er durchgemacht hat, kann ich ihm wieder näher sein."
    Nun runzelte er auch noch die Stirn. „Er ist tot. Ich bezweifle, dass Ihr Bruder wollte, dass Sie sich so viele Gedanken über seinen Tod machen."
    Sie lachte leise. „Wie Sie ganz richtig sagten: Er ist tot. Was er will oder nicht, ist nicht länger von Bedeutung."
    Ah, nun hatte sie ihn aber schockiert! Männer glaubten gern, dass man Damen von der unschönen Wirklichkeit des Lebens fernhalten müsste. Männer waren ja so naiv.
    Glaubten sie vielleicht, dass es ein Spaziergang war, ein Kind zu gebären?
    Aber er fing sich rasch, dieser seltsame Fremde aus den Kolonien. „Das müssen Sie mir erklären."
    „Ich mache es für mich, nicht für Reynaud." Sie seufzte leise. Warum bemühte sie sich eigentlich, es ihm zu erklären? Er würde es sowieso nicht verstehen. „Mein Bruder war noch so jung, als er starb - gerade einmal achtundzwanzig. Vieles in seinem Leben blieb unvollendet. Ich habe

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