0381 - In der Schlangengruft
dämonischen Abart, die Ssacah selbst aufgebracht hatte. Die Ableger verstanden Panshurab. Sie nahmen seine Fragen auf.
Aber sie antworteten ihm noch nicht.
Sie zischelten sich gegenseitig an. Eine erregte Diskussion entstand unten in der Grube. Das Zischen kam so schnell, daß Panshurab nichts verstand. Auch wenn er in der Lage war, seinen Körper in den einer Riesenkobra umzuformen, hatte er doch seine Verständigungsschwierigkeiten. Das Dämonenzischen unterschied sich noch etwas von normalen Schlangen-Lauten.
Dann trat Stille ein.
Die anderen, die echten Kobras, waren zur Seite gewichen, als die Ssacah-Ableger mit ihrer hitzigen Unterhaltung begannen. Obgleich die Kobras von den Ablegern angezogen wurden, fühlten sie wohl doch eine seltsame, bösartige Aura, vor der sie jetzt zurückwichen. Die Zischlaute gefielen ihnen wohl nicht. Sie wurden unruhig und nervös. Um die kleine Gruppe der Ssacah-Ableger bildete sich ein freier Kreis.
Einer der Ableger reckte sich noch etwas höher.
»Warum willst du das wissen, hoher Diener?« zischte die Messing-Kobra Panshurab zu. Sie formte die Zischlaute langsam genug, daß Panshurab sie verstehen konnte. Die Ableger wußten um die Schwäche der Untoten, mit ihrer Sprache umzugehen. Umgekehrt war es noch schwieriger; es war für die Kobras unmöglich, die Sprache der Menschen zu erlernen und ihre Worte zu formen.
»Ich will euch retten und erhöhen und Ssacah zu neuer Größe führen«, sagte Panshurab. »Aber hier, auf der Erde, werden wir ständig bedroht. Ihr wißt das. Ihr spürt es doch immer wieder schmerzhaft, wenn einer von euch vernichtet wird. Es gibt zu viele Rückschläge. Ich will euch nicht länger dieser Gefahr aussetzen. Ich will euch in die Sicherheit einer anderen Welt bringen. Dazu muß ich aber wissen, wie ich den Weg dorthin finden kann.«
»Das ist wahr, wenngleich du lügst«, kam die Antwort der Schlangen. »Aber die Lüge ist eine Tugend, die Ssacah schätzt seit dem Moment des Sündenfalls. Du willst dich selbst retten, hoher Diener denn du wirst bedroht. Wir spüren es. Es entgeht uns nicht, wie dein Inneres zittert. Doch was gut für dich ist, ist auch gut für Ssacah.«
Panshurab schluckte. Die Ableger hatten ihn durchschaut. Aber zugleich erkannten sie seine Arbeit an. Sie mußten wissen, daß er ihr treuester Diener und Helfer war. Denn nur mit Ssacah hatte er Zugriff zur Macht.
»Sage uns, hoher Diener, was du in den Schriften Ssacahs nicht verstehst, und wir werden dir Ssacahs Worte verdeutlichen. Wir wollen, daß du die Tür in eine andere Welt öffnest.«
Panshurab atmete erleichtert auf. Die Ableger waren bereit, ihm zu helfen!
Er wollte gerade mit einer Textpassage beginnen, deren Sinn ihm unklar war, als die Störung eintrat.
»Du mußt nicht knien, sondern kriechen, wenn du eine richtige Schlange sein willst«, sagte eine Stimme hinter ihm. Im nächsten Moment setzte jemand seinen Fuß in Panshurabs Nacken, drückte zu und stieß den Inder der Länge nach in den Staub.
***
Astaroth lachte spöttisch. Er hatte um sich ein Netz gewoben, das die Ssacah-Ableger daran gehindert hatte, ihn rechtzeitig zu erkennen. Weder sie noch die Diener des Kobra-Kultes hatten bemerkt, daß Astaroth angekommen war. Es war ihm leichtgefallen, die Lichtung mit der Grube zu erkennen und dort auf Panshurab zu stoßen.
Jetzt lag Panshurab auf dem Boden vor der Grube.
Astaroth warf einen Blick in die Tiefe, ohne den Fuß vom Rücken des Inders zu nehmen.
»Interessant, das Gewürm dort unten«, sagte er. »Ich liebe Schlangenfleisch. Vor allem gut durchgebraten und gewürzt, oder auch roh nach japanischer Art.«
Panshurab wußte nicht, wer da so selbstsicher auftrat. Im ersten Schreck dachte er an einen von Zamorras Leuten, vielleicht war es gar Zamorra selbst… und in einer Panikreaktion löste er die Verwandlung aus. Seine Kleidung platzte, riß auseinander, während sein Körper sich rasend schnell umformte und zu einer rund sieben Meter langen Königskobra wurde, die einen Durchmesser von gut dreißig Zentimetern besaß. In dieser Gestalt konnte der Herr des Ssacah-Kultes sich mühelos unter dem Fuß seines Überraschungsgegners hervorwinden, schnellte sich hoch und umschlang ihn mit einem Teil seines mächtigen Leibes. Die Schlangenmuskeln zogen sich zusammen. Von einem Augenblick zum anderen wurde der Gegner praktisch eingerollt. Panshurabs Schlangenschädel pendelte vor dem Kopf des anderen. Das Maul klaffte auf, und an den spitzen
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