0381 - In der Schlangengruft
Erfolg des Unternehmens gehangen hatte, wurden sie nachträglich totenbleich. Gemeinsam konnten sie den Verlauf der Ereignisse rekonstruieren. Danach war ihnen klar, daß sie um ein Haar doch noch den Untergang der Burg verursacht hätten. Wenn Sid Amos die Druidin nur eine halbe Minute später aus ihrer ersten Bewußtlosigkeit geweckt hätte, hätte sie nicht mehr rechtzeitig eingreifen können…
»Mich wundert nur, daß ich überhaupt nichts gespürt habe. Weder von der Veränderung noch von der Sperre«, sagte Su Ling.
Zamorra zuckte mit den Schultern. Zu diesem Thema konnte er nichts sagen. Da fehlte ihm das Hintergrundwissen.
»Was jetzt?« fragte Sid Amos trocken und deutete auf die immer noch bewußtlos auf dem Boden liegende Druidin. »Was machen wir mit ihr?«
»Du hast sicher einen Ort, wo man sie so einsperren kann, daß sie nicht ständig beaufsichtigt werden muß und trotzdem nicht entfliehen kann. Eine Art magischen Käfig oder so etwas. Wie in diesem Raum zum Beispiel, in dem ihre Kräfte gehemmt sind.«
»Natürlich«, sagte Amos. »Das aber wollte ich weniger wissen. Was machen wir jetzt mit ihr und Merlin? Du konntest sie zwingen, Su zu befreien. Aber kannst du sie auch zwingen, Merlin aus seinem Eisgefängnis zu lösen und zu erwecken?«
»Verlaß dich darauf, ich kann«, sagte Zamorra.
»Du hast in diesem Fall aber kein so wunderschönes Druckmittel wie eine magische Bombe«, sagte Amos kopfschüttelnd. »Sie ist Merlins Todfeindin. Glaubst du, sie wird ihren Vater befreien, nur weil du sie höflich darum bittest?«
»Ich werde nicht bitten, sondern verlangen«, sagte Zamorra. »Und du kannst sicher sein, Assi, daß ich ein Druckmittel habe. Ein sehr gutes sogar.«
Amos zuckte beim Erklingen seines Spitznamens aus früheren Zeiten heftig zusammen und maß Zamorra mit einem verärgerten Blick. Zamorra grinste entwaffnend.
»Der Streß«, sagte er. »Gestatte einem müden alten Mann einen kleinen Scherz.«
»Scherze, die auf meine Kosten gehen, mag ich nicht«, sagte Amos trocken. »Ich schlage vor, wir warten ab, bis Moon von selbst wieder erwacht. Und dann können wir sie zugleich fragen, ob Ted Ewigk auf ihre Anordnung hin aus dem Flugzeug entführt worden ist.«
Zamorra nickte. Während der Su Ling-Aktion hatte er den Gedanken daran völlig verdrängt. Ted Ewigk hatte ursprünglich Su Ling mit seinem Machtkristall behandeln sollen. Bevor Wang und Zamorra nach Ash’Cant aufbrachen, hatte der Professor Ted in Rom angerufen und hergebeten. Als sie mit Sara Moon zurückkehrten, empfing Amos sie mit der Hiobsbotschaft, daß Ted irgendwo im Luftraum über Europa aus der Maschine verschwunden war, vermutlich durch ein Weltentor entführt. Daraufhin war Zamorras tollkühner Plan entstanden, Sara Moon die Arbeit selbst machen zu lassen.
»Ich bin überzeugt, daß sie dafür verantwortlich ist«, sagte der Parapsychologe. »Und sie wird uns auch verraten können, wohin Ted entführt worden ist.«
***
Ted Ewigk setzte seinen Machtkristall ein. Ihn zu aktivieren, war eine Sache von Sekunden. Und er zwang dem Kristall die Vorstellung auf, was er bewirken sollte.. Der Sternenstein richtete sich nach Teds Gedankenbildern.
Die eisernen Armreifen, mit denen die Sklavinnen und Sklaven an die Pfosten gekettet waren, leuchteten hell auf. Sie wurden von kaltem Feuer umflossen. Binnen Sekunden knisterte die Luft im Innern des Zeltes. Die angestaute Hitze tat das ihre. Fünkchen tanzten. Hier und da entstanden Feuerbälle mitten in der Luft, die aber schnell wieder erloschen und keine schädliche Wirkung erzielten.
Aber die eisernen Fesseln schmolzen in kaltem Feuer.
Jede Bewegung erstarrte. Sklaven und Wächter waren fassungslos. Sie begriffen nicht, was da vorging. Sie kamen auch nicht darauf, daß ein Mensch dafür verantwortlich sein konnte. Das war Zauber, Spuk, Magie!
Es dauerte nicht einmal eine halbe Minute, da waren die Sklaven frei. Die Fesseln waren von ihnen abgetropft. Und das kalt schmelzende Metall hatte sie nicht einmal verletzen können. Teds Machtkristall hatte die freiwerdende Glut des Schmelzprozesses einfach abgesaugt und umgewandelt, um mit dieser Energie den Vorgang noch zu beschleunigen.
Jetzt endlich ging ein allgemeiner Aufschrei durch die Menge. Noch rund hundertfünfzig Gefangene beiderlei Geschlechtes waren es, die jetzt ihre Chance erkannten und ohne nach dem »Wieso« zu fragen über ihre Peiniger herfielen. Denen nützten jetzt Peitschen und Schwerter nichts mehr.
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