0381 - In der Schlangengruft
Giftzähnen hingen bereits weißliche Tropfen.
Da erstarrte Panshurab.
Das war kein Mensch, den er da eingefangen hatte. Kein Mensch besaß tiefgrüne Haut, spitze Ohren und Krallen an Fingern und Zehen. Und wie dieser Spitzohrige ihn angrinste!
»Wird dir nicht kalt, Schlangenbiest?« spöttelte er.
In der Tat begann Panshurab zu frieren. Erschrocken merkte er, daß die Temperatur seiner Umgebung rapide sank. Das war nicht normal. Schon stand der Atem des Gegners wie eine weiße Fahne vor seinem Gesicht.
Von der indischen Dschungelhitze war nichts mehr zu spüren.
Panshurab begann zu erstarren. Mit der Verwandlung in eine Riesenkobra hatte er auch alle Abneigungen, Vorlieben und körperlichen Reaktionen der Schlange angenommen. Und Schlangen lieben Wärme. Kälte gefällt ihnen absolut nicht. Sie läßt sie erstarren. Panshurab war nicht mehr in der Lage, die Umklammerung beizubehalten. Seine Muskeln wurden schlaff. Mit höhnischem Grinsen kletterte der Fremde aus der Umarmung hervor und baute sich neben Panshurab auf, der kaum in der Lage war, sich zu bewegen. Auf den Grashalmen hatte sich Rauhreif gebildet. Die Luft klirrte vor Frost.
»Wir haben etwa fünfzehn Grad unter Null, mein Freund«, sagte der Grünhäutige. »Das ist eine gute Temperatur. Ich werde sie mir merken, wenn ich das nächste mal Urlaub aus der Hölle mache. Ich liebe die Kälte.«
Panshurab klapperte mit den Schlangenzähnen vor Kälte. Er fror so stark, daß er nicht einmal in der Lage war, sich zurückzuverwandeln. Die Starre nahm mehr und mehr von ihm Besitz. Er fürchtete, in Winterschlaf zu verfallen.
»Verzeih, mein Freund, daß ich vergaß, mich freundlicherweise vorzustellen«, sagte der Grüne hohntriefend. »Man nennt mich für gewöhnlich Astaroth.«
Noch kälter durchfuhr der Schreck Panshurab. Astaroth! Er wußte, daß das der Dämon war, der nicht nur zur engsten Führungsspitze um den Herrn der Hölle gehörte, sondern auch für Amerika zuständig war.
Da konnte sich Panshurab denken, weshalb Astaroth hier war. Seine Befürchtungen hatten sich bewahrheitet. Der Dämon war aufmerksam geworden.
Astaroth schnipste mit den Krallenfingern. Es wurde allmählich wärmer. Panshurab konnte aufatmen.
»Es liegt mir nicht, mich im Schlangenzischen zu üben«, sagte Astaroth kalt. »Also nimm wieder deine richtige Gestalt an, Wurm. Aber hurtig. Sonst endest du als Tiefkühlkost in meinen Vorratskammern.«
Dem schwarzen Humor des Dämons konnte Panshurab als Betroffener absolut nichts abgewinnen. Er hatte nicht einmal gewußt, daß Astaroth sich zu derartigen Äußerungen herabließ. Er gab sich Mühe, die Rückverwandlung durchzuführen. Diesmal dauerte es durch die Kälte-Einwirkung entschieden länger. Erst nach einigen Minuten kauerte Panshurab in menschlicher Gestalt vor dem Dämon.
»Man sagte mir, daß du dich nicht an die Weisungen hältst, die der Herr der Hölle dir gab«, sagte Astaroth. »Oder habe ich da etwas falsch verstanden?«
Panshurabs Zähne klapperten. Es wurde viel zu langsam wieder warm. Er war sich nicht sicher, ob der Dämon die Temperatur nicht immer noch künstlich niedrig hielt. Auf jeden Fall verschaffte er Panshurab damit einen erheblichen Nachteil. Das Selbstbewußtsein des Inders war am Boden zerstört.
»Astaroth, ich…«
»›Herr‹ heißt das, oder auch ›Magnifizenz‹«, belehrte Astaroth ihn. Er packte zu und riß Panshurab unsanft hoch. Der Inder schrie auf.
»Euer Magnifizenz…«
»Schon besser«, lachte der Dämon. »Vergiß nie, daß du nur ein Mensch bist… nein, warst. Ein Untoter bist du, ein Wiedergänger, Zombie oder wie auch immer. Und rein zufällig kannst du auch noch ein bißchen denken, weil Ssacah dir den Verstand ließ. Du solltest ihn benutzen und dir etwas einfallen lassen. Aber die Ausrede muß gut sein, mein Lieber. Du weißt wohl, worauf ich hinaus will.«
»Nein, Euer Magnifizenz…«
»Dann will ich dir auf die Sprünge helfen«, sagte Astaroth. Seine Krallen bohrten sich in Panshurabs Haut. Der Inder schrie erneut.
»Arizona«, sagte Astaroth. »Das Hopi-Reservat.«
»Ich…« Panshurab verstummte wieder. Alles, was er sich zu sagen vorgenommen hatte, war wie weggeblasen.
Astaroth sah Panshurab scharf an. Der Inder glaubte in den Augen des Dämons etwas zu erkennen, das er nicht ganz begriff. »Wenn du dich untertänig und kooperativ zeigst, könnte ich dich vielleicht etwas milder bestrafen oder dir die Strafe gar erlassen«, zischte
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