0382 - Der Teufel wohnt nebenan
wollte ihn anrufen, sobald er mit der Behandlung von Joe Breen fertig war, und wer sonst sollte nachts um halb zwei das Verlangen spüren, Allan Bright in seinem Dienstzimmer aufzusuchen?
»Herein«, sagte Bright.
Captain MacLeash erschien auf der Schwelle. Er hatte ein leicht gerötetes Gesicht, und seine Bewegungen schienen nicht so kontrolliert wie sonst zu sein. Bright kniff die Augen zusammen.
»Guten Abend, Lieutenant«, sagte die unangenehme scharfe Stimme des Captains. »Was machen Sie denn noch hier? Sie könnten längst im Bett liegen.«
»Ja, sicher«, erwiderte Bright und gähnte unwillkürlich. »Aber es gab sich eben so, dass ich noch hier herumsitzen muss. Darf ich die Frage erwidern. Was machen Sie denn noch hier, Captain?«
»Wir hatten eine Sitzung mit den Leuten vom Polizeiausschuss der Stadtverordneten. Es wurde reichlich spät, und hinterher haben wir mit den Abgeordneten noch einen getrunken. Sie wissen ja, wie das so geht.«
Müde zog der Captain einen Stuhl heran und ließ sich darauf niederfallen.
»Aber im nächsten Haushalt werden die Mittel eingeplant, damit wir und auch die Kollegen drüben im Osten je zwei neue, moderne Einsatzwagen kriegen.«
Bright stand erstaunt auf.
»Was? Das ist doch nicht möglich. Wir kämpfen wer weiß wie lange darum. Immer hieß es, die alten Wagen wären noch gut genug. Als ob Gangster auf die veraltete technische Ausrüstung der Polizei Rücksicht nähmen.«
»Ja, ich weiß. Es musste den Abgeordneten mal deutlich gesagt werden.«
»Du lieber Himmel«, seufzte Bright. »Wer hat schon den Mut dazu? Wo der Polizeiausschuss über die Beförderungen in den oberen Diensträngen entscheidet. Es will doch keiner unliebsam auffallen.«
»Sicher«, bestätigte Mac-Leash. »Es war eine riskante Sache. Aber einer stand auf und sagte, wenn nicht endlich die neuen Wagen angeschafft würden, nähme er bei der Polizei seinen Abschied und würde in einer Pressekonferenz klipp und klar zum Ausdruck bringen, dass unter solchen Umständen keine vernünftige Arbeit mehr geleistet werden kann.«
»Das war aber sehr gewagt«, meinte Bright anerkennend. »Wer war denn dieser Held?«
Im Gesicht des Captains erschien plötzlich etwas wie ein Grinsen.
»Nun ja«, sagte er, »einer musste es schließlich mal tun.«
»Sie?«, staunte Bright.
»Machen Sie doch nicht so ein Theater draus. Hauptsache, wir kriegen nächstes Jahr die Fahrzeuge. Übrigens tolle Schlitten, Bright. Ich habe mir gerade noch einmal das Angebot der Herstellerfirmen angesehen. Das sind wirklich Einsatzwagen für eine Mordkommission, Bright. Mit allen technischen Raffinessen, die sich heute nur denken lassen. Aber reden wir mal von was anderem. Was macht die Geschichte mit dem Diadem?«
»Ich glaube, ich habe den Burschen, der es damals erbeutet hat. Er hat es in einem Landhaus drüben im Staat New Jersey gestohlen. Landhaus und Diadem gehören der Familie Scarwater.«
»Ui«, sagte MacLeash nur.
»Der Bursche sitzt gerade bei unserem Arzt«, setzte Bright hinzu, »und seine Hand glitt unwillkürlich über ein kleines Pflaster, das ihm der Doc auf eine Schramme geklebt hatte.«
»Stammt das von ihm?«, fragte der Captain und deutete auf das Pflaster.
»Ja.«
»Hoffentlich haben Sie ihm sehr deutlich gemacht, dass die Polizei nicht mit sich spielen lässt«, sagte MacLeash scharf. »Kein Polizist ist verpflichtet, durch falsch verstandene Rücksichtnahme Leben oder Gesundheit aufs Spiel zu setzen, wenn er von einem Gauner angegriffen wird.«
»Okay, Captain.«
»Wo ist er jetzt?«
»Der Doc verarztet ihn.«
»Haben Sie Fotos von den Verletzungen machen lassen?«
»Ja.«
»Das ist gut. Wir wollen ihm keine Chance geben, uns mit Lügen in die-Tinte zu reiten. Wollen sie ihn noch vernehmen?«
»Ja. Manche sagen unter dem ersten Schock der Festnahme am ehesten aus. Andere erst, wenn man sie ein paar Tag in einer Zelle dem Alleinsein überließ. Ich möchte jedenfalls noch herausfinden, zu welcher Sorte er gehört.«
»Ich bin zwar hundemüde, aber das interessiert mich. Wollen wir in der Kantine einen tüchtigen Mokka trinken, bevor Sie anfangen? Ich setze mich dann in den Hintergrund und höre zu.«
»Einverstanden, Captain.«
»Kommen Sie. Ich brauche den Mokka, fürchte ich, nötiger als Sie. Aber ich konnte den Drinks nicht aus dem Wege gehen. Nach meiner Attacke schienen mich die Abgeordneten für eine Art von Fanatiker zu halten. Da wollte ich Ihnen hinterher wenigstens zeigen,
Weitere Kostenlose Bücher