0383 - Londons Gruselkammer Nr. 1
mich für die Ereignisse verantwortlich machen. Ich wehrte alle Fragen ab und beruhigte die Leute mit der Information, daß die Reparaturtrupps bestimmt bald eintreffen würden und man sich keine Sorgen zu machen brauchte.
»Am besten ist es, wenn Sie wieder zurück in die Wohnungen gehen«, schlug ich vor.
»Und dann?«
»Warten Sie ab«, erwiderte ich auf die aggressive Frage eines Mannes. »Mehr nicht. Vielleicht zünden Sie ein paar Kerzen an und machen sich einen gemütlichen Abend.«
»Verzichte, Mister.«
»Das ist Ihr Problem«, sagte ich im Weitergehen. Ich drückte mich an zwei Frauen vorbei und lächelte noch einem kleinen Mädchen zu, das mich ängstlich anblickte.
Zum Schacht des Treppenhauses führten breite Türen. Sie besaßen jeweils zwei Hälften, die mit einem dicken Glaseinsatz gefüllt waren. Ich umschloß den viereckigen Griff mit den Fingern und zog die Tür auf. Sie schwang mir langsam entgegen.
In den letzten Tagen war es schon heiß gewesen. Im Flur hatte sich die Luft gestaut. Sie wehte mir entgegen wie heißer Dampf, der mir schnell den Schweiß aus den Poren trieb.
Hinter mir schwappte die Tür wieder zu. Ich stand in dem halbdunklen Flur und lauschte in die Stille hinein. Kein Laut drang dabei aus der Tiefe an meine Ohren.
Dies empfand ich als positiv, denn so konnte ich davon ausgehen, daß sich niemand dort aufhielt. Die Bewohner schienen zu »faul« zu sein, ihre Wohnungen zu verlassen und den Weg über die Treppe zu nehmen. Das kam mir nur entgegen.
Am Tage fiel Licht durch die breiten Glasbaufenster, die sich zwischen den Absätzen befanden. In der Nacht drang kaum Helligkeit in den Flur. Es war zwar nicht stockfinster, doch sehr düster.
Schatten lagen wie lange Schleier im Hausflur.
Ich bewegte mich vorsichtig auf die Treppe zu. Nur keine unnötigen Geräusche verursachen, so lautet meine Devise. Wenn jemand auf mich lauerte, sollte er mich nur nicht zu früh bemerken.
So ging ich auf Zehenspitzen weiter, ließ den ersten Treppenabsatz hinter mir, blieb stehen und schaute über das Geländer hinweg in den tiefen Schacht.
Er verlor sich in der Dunkelheit. Ziele konnte ich nicht erkennen.
Das gesamte Treppenhaus konnte einem Gegner als Deckung reichen.
Ich lief weiter. Noch immer sehr vorsichtig und stets die Fußballen aufsetzend. Meine rechte Hand lag auf dem Geländer. Die Fläche schleifte darüber hinweg, der Schweiß machte beides glatt.
Wenn ich Stimmen hörte, nur sehr schwach. Die dicken Mauern dämpfen sie stark. Irgendwo schlug auch eine Tür. Das war unter mir geschehen. Schwache Tritte klangen zu mir hoch.
Irgendwo mußten sich Bewohner im Treppenhaus aufhalten. Ich hörte sie nach unten laufen, die Schritte verklangen.
Natürlich wußten die anderen nicht, welche Gefahr möglicherweise auf sie lauerte, ich wollte auch keine offizielle Warnung aussprechen, dies hätte zu leicht zu einer Panik führen können, so bewegte ich mich möglichst lautlos weiter und achtete auf jede verdächtige Bewegung.
Es war nur mein Schatten an der Wand, der mich stets begleitete.
Nicht zum erstenmal hielt ich mich im Treppenschacht dieses hohen Hauses auf. Die Regel war es nicht, wenn ich so nach unten schlich, dann lag immer etwas in der Luft. Auch hier merkte ich, daß es anders geworden war, trotz der so »normalen« Umgebung.
Etwas wartete auf mich, da lauerte jemand in der Tiefe, vielleicht eng an die Wand gepreßt und nur darauf wartend, daß ich ihm vor die Mündung irgendeiner Waffe lief.
Nahe der Wand ging ich weiter. Von den Stimmen hörte ich nichts mehr.
Die Bewohner mußten das Treppenhaus verlassen haben, was mir sehr lieb war.
Oder hätte ich doch oben bleiben sollen? In der Wohnung warten, bis jemand kam?
Keine Ahnung, was besser gewesen war. Zum Glück konnte ich mich auf Suko verlassen.
Schatten und eine fahle Düsternis wechselten sich ab. Die Nacht war klar, mondhell, hinzu kamen die Lichter der Großstadt.
Eigentlich sahen die Schatten gleich aus, nur einer nicht, und der bewegte sich.
Ich stand noch auf der Treppe. Es waren vielleicht vier bis fünf Stufen bis zum nächsten Absatz, als sich links von mir, in Absatzhöhe und von der Wand eine Gestalt löste.
War er das?
Sofort stoppte ich meinen Schritt, schaute sehr genau hin und stellte fest, daß dieser Typ sich ungewöhnlich bewegte. Ein wenig eckig so roboterhaft wie ein künstlicher Mensch.
Ich hielt den Atem an und dachte darüber nach, ob er mich schon entdeckt hatte. Wenn ja,
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