0384 - Die Welt der Unsichtbaren
dabei zu erhöhen.
Gleich einer fliegenden Bombe schoß das Allzweckfahrzeug auf das Blätterdach des Urwaldes zu.
Plötzlich schrie Ibani Galoa erschrocken auf.
Etwa dreihundert Meter vor dem Bug des Shifts tauchte der Schädel eines jener riesigen Saurier auf, wie Danton und Masut sie bereits gesehen hatten. Der schätzungsweise acht Meter lange und fünf Meter hohe Schädel befand sich ungefähr zehn Meter über den höchsten Wipfeln - und genau in Flugrichtung des Fahrzeugs.
Unwillkürlich preßte Galoa die Finger auf die Feuerschaltung des Bug-Impulsstrahlers, obwohl die Waffe von den Gurrads zerstört worden war.
Afar Mossi fluchte vor sich hin, während er versuchte, den Shift aus der Sturzrichtung zu reißen.
Doch seine Sturzflugkalkulation war so scharf gewesen, daß sie keine Abweichung zuließ, ohne gleichzeitig die Flugstabilität ernsthaft zu gefährden.
Das weit aufgerissene Maul des Monstrums kam rasend schnell näher. Mächtige Reißzähne, jeder so lang wie ein Mann, drohten. Eine Kollision mußte für beide Teile katastrophal sein, vor allem, da die Raubechse den Allzweckpanzer als willkommenen Leckerbissen zu betrachten schien und keine Anstalten traf ihm auszuweichen.
Kurz vor dem erwarteten Aufprall schloß Galoa die Augen. Er wartete darauf, daß das Röhren der Triebwerke in einem furchtbaren Krachen unterging.
Als das Triebwerksgeräusch sich im Gegenteil steigerte, riß er die Augen wieder auf.
Der Shift stieg bereits.
Ibani Galoa blickte zurück und sah, wie die Raubechse mit lang ausgestrecktem Hals etwas zu fassen versuchte, das wenige Meter vor ihrem Maul und dicht über dem Blätterdach herumflatterte.
Er packte den Freund an der Schulter.
„Zurück, Afar!"
Mossi warf ihm einen verwunderten Blick zu. Auf seiner Stirn perlte noch der Angstschweiß.
„Was...?" schrie er erschrocken zurück. „Niemals! Ich bin froh, daß wir durch ein Wunder davongekommen sind."
„Das Wunder heißt Figaro", rief Ibani ihm zu. „Und der kleine Kerl zappelt immer noch vor dem aufgerissenen Rachen der Echse herum."
Afar Mossi sagte nichts mehr. Aber er legte den Shift so abrupt auf die Backbordseite, daß die Stabilisatoren schrill aufheulten und die rote Fluglagenwarnlampe flackerte.
Mit donnernden Triebwerken jagte er das Fahrzeug dicht hinter dem Schädel des Ungeheuers vorbei. Ruckartig flog der häßliche Echsenkopf hoch.
Doch da war der Shift bereits mehrere hundert Meter entfernt.
Ibani Galoa atmete auf.
„Er ist in Sicherheit. Nun zurück zum Lager."
Der Rückflug verlief schweigend.
Als sie dicht bei der FRANCIS DRAKE aus der Luftschleuse kletterten, flatterte Figaro bereits wieder über ihnen.
Mossi schob seine Fellmütze in den Nacken und winkte hinauf.
„Sing uns was vor, Kleiner!" Leise setzte er hinzu: „Prachtkerl!"
*
Roi Danton hatte seine Edelleute zu einer Konferenz zusammengerufen. Die Sitzung fand in einer notdürftig aufgeräumten Kantine statt da der große Konferenzsaal durch Intervallbeschuß restlos demoliert worden war.
Der erste Punkt der Tagesordnung befaßte sich mit dem Zustand der Schwerverwundeten. Ihnen galt Dantons größte Sorge, denn einige Männer hatten durch die Wirkung der gurradschen Intervallkanonen starke Gehirnblutungen erlitten.
Dr. Ereget Hamory, der plophosische Chefarzt der FRANCIS DRAKE, berichtete.
Keiner der Zuhörer fand den Chefarzt sympathisch. Das lag keineswegs daran, daß Ereget Hamorys Gesicht voller entstellender Narben war und sein Bart ungepflegt wirkte, sondern an der ausgesprochen zynischen Art und Weise, mit der er seine medizinischen Diagnosen vorbrachte.
Hamory galt als Menschenverächter, und viele seiner Patienten hatten ihn schon verflucht, wenn er ihnen in brutalster Weise mitgeteilt hatte, daß sie nicht mehr zu retten wären und sich nicht so wehleidig anstellen sollten.
Nur wenige Freifahrer, unter ihnen Roi Danton, wußten, daß Hamorys Zynismus eine unterbewußte Schutzreaktion seines ungewöhnlich sensiblen Gemüts war. Wenn es dem Chefarzt einmal nicht gelang, einen Patienten vor dem Tode zu retten, konnte er anschließend stundenlang weinen - allerdings nur dann, wenn er sich unbeobachtet glaubte. Außerdem waren die Männer, denen er den Tod prophezeit hatte, niemals gestorben. Einem Sterbenden gegenüber verhielt Dr. Hamory sich ungewöhnlich mitfühlend und schonend: Doch da Tote nicht mehr reden können, hatten Außenstehende niemals etwas davon erfahren.
Sofern er jedoch nur sein
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