0385 - Ein Mörder saß am grünen Tisch
sagte Phil gelassen und fingerte sich eine Zigarette aus meiner Packung.
»Bitte, sprich dich aus«, sagte ich.
»Stanley, Cummings, William Wilson und die anderen Ausländer kommen nicht infrage, weil sie zusammen mit dem Bus vom Euro-Hotel gekommen sind, mit ihnen Jil Howard und Matthew Riley. Wo steckt der überhaupt?«
»Der lungert vermutlich beim Krankenhaus herum und passt auf Biggs auf. Dafür wird er ja bezahlt«, antwortete ich. »Und woher nimmst du den Beweis für deine Behauptung?«
»Ich habe Trudy, meine kleine Dolmetscherin, ausgefragt. Und sie hat mir gesagt, wer um welche Zeit gekommen ist.«
Er holte einen Zettel aus seiner Tasche. »Es gibt hier ein Gästebuch. Natürlich nur für die hohen Tiere. Deshalb sind wir beide auch nicht drin. Aber die großen Chemiker sind alle verzeichnet. Und die, die ich eben aufgezählt habe, waren alle schon vor 10 Uhr da. Der Mord ist aber gegen 10 Uhr passiert. Also können sie es nicht gewesen sein.«
»Das sagt gar nichts«, gab ich zurück und dachte daran, dass Phils Untersuchung meine These über den Haufen warf.
»Wieso sagt das gar nichts?«, fragte Phil. »Du hast selber gesagt, dass es einer von diesen Leuten gewesen sein muss, einer, der in deiner Nähe saß und mit dem du gesprochen hast. Weil die Gangster, die Warren ermordet haben, auch das BINON mitgenommen haben. Und mit genau diesem Zeugs solltest du in die Luft befördert werden.«
»Okay, Phil. Vielleicht hast du recht. Wir werden ja sehen.«
»Willst du etwa an deiner Behauptung festhalten, dass einer von diesen Leuten der Mörder war? Obwohl er zur Tatzeit bereits hier im Saal saß?«
»Hast du einen Gegenbeweis?«
»Ja. Cyrus D. Arnold kam erst um acht Minuten nach 10 Uhr.«
Phil sah mich triumphierend an.
»Toll, Wenn’s nur so einfach wäre«, dämpfte ich Phils Optimismus.
»Wie meinst du das?«
»Er kann vorher noch eine Zigarette geraucht haben, auf der Toilette gewesen sein, sich Taschenbücher gekauft haben… kurz, es gibt tausend Gründe für sein Zuspätkommen. Das Dumme ist, dass wir jetzt nur wissen, die und die Leute haben es nicht getan. Aber derjenige, der mich in die Luft sprengen wollte, hatte Helfer. Es könnte ein bezahlter Mörder für ihn die Arbeit getan haben, während er schon hier war. Für diese Theorie spricht auch die Tatsache, dass die Mörder nicht wussten, dass das BINON-Zwischenprodukt hochexplosiv ist.«
»Oder es gibt noch eine Möglichkeit.«
»Und zwar?«, fragte ich gespannt.
»Arnold ist doch der Mörder. Aber er ist in Wirklichkeit gar kein Chemiker.«
»Mensch«, sagte ich. Im nächsten Augenblick raste ein roter Jaguar durch Manhattan zum FBI.
***
Es ging bereits aufs Abendessen zu. Wir hatten noch nicht viel herausgefunden.
Cyrus D. Arnold war Chemiker, und daran gab es nichts zu rütteln. Wir hatten seine Vergangenheit bis zur ersten Windel zurückverfolgt und hatten aber auch kein Stäubchen gefunden.
»Da kann ich auch nicht mehr«, stöhnte Phil nach der sechsten Tasse Kaffee. »Er ist es einfach nicht!«
»Nur nicht nachgeben, der Weg ist richtig. Aber vielleicht ist der Hase falsch«, sagte ich.
»Wieso?«, fragte Phil schwach.
»Wir haben uns auf Arnold konzentriert. Das war vielleicht nicht richtig. Nehmen wir einmal einen anderen Hasen.«
»Welchen? Jil Howard?«, sagte Phil, aber sein Grinsen war schon müde.
»Nein, Stanley. Ich habe heute mit seiner Sekretärin palavert. Irgendetwas ist sonderbar an dem Vorsitzenden.«
Dann machten wir uns wieder an die Arbeit.
Die Telefonapparate liefen heiß.
Der Fernschreiber tickte wie verrückt, die Mädchen vom Archiv bekamen Muskelkater vom vielen Aktentragen. Aber der Erfolg war gleich null.
Alles stimmte. Stanley war der Vorsitzende der New Yorker Plastik-Verbände und Interessengemeinschaften, er hatte Aktien von verschiedenen Werken, schwamm im Geld, nahm immer mehr davon ein, und zwar auf ehrliche Weise.
Überall kannte man ihn, er war ein guter Geschäftspartner. Das Wort tauchte immer wieder auf. Kein Mensch konnte sagen, dass er ein guter Chemiker war, aber er hatte genug Branchenkenntnisse.
Alles stimmte. Sogar sein Chemie-Studium war belegt.
»Mensch, Phil!«, sagte ich und starrte auf den Fernschreiber. Phil kam neben mich.
Wir konnten vor lauter Zigarettenqualm zwar kaum lesen, was er tippte, aber es genügte, um mich auf die Beine zu bringen.
»Springfield/Connecticut! Von der gleichen Universität kam auch mein alter Chemielehrer, er hat dort einen
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