0385 - Ein Mörder saß am grünen Tisch
sagen«, meinte ich ungerührt. »Und das ist erheblich wichtiger als alle Formeln und Plastikdöschen.«
»Ja, ja, Sie haben recht«, gab sie zögernd zu.
»Wollten Sie mir nicht sagen, warum Harold ermordet wurde?«
Sie sah auf den Fußboden, als fände sie dort eine Antwort.
»Er hatte etwas herausgefunden«, sagte sie leise im Flüsterton.
»Hat er es Ihnen geschrieben?«, fragte ich. Sie nickte.
Dann sah sie auf.
»Er hat etwas herausgefunden, und er konnte nicht damit fertig werden.«
Sie schwieg wieder.
»Was war es?«, fragte ich.
»Ich weiß es.nicht. Er hat es umschrieben, als er es mir mitteilte. Aber er veränderte sich von einem Tag auf den anderen. Sein letzter Brief schien von einem anderen zu stammen.«
»Können Sie mir nicht mehr sagen?«
»Nicht hier«, sagte sie und sah sich um, Stanley und die anderen beobachteten uns unentwegt.
»Haben Sie seine Briefe noch?«, fragte ich.
»Ja, ich werde sie Ihnen zeigen, ist so am besten. Wissen Sie, wo ich wohne?«, fragte sie.
Ich holte mein Notizbuch heraus.
»Da steht alles drin«, sagte ich und klappte die Seite auf, auf der alle Adressen der Kongressteilnehmer standen.
»Ich stehe an erster Stelle. Hauptverdächtige?«
»Es geht in dem Fall mehr nach dem äußeren Schein«, sagte ich und packte mein Buch wieder weg.
»Gut, kommen Sie heute Abend, ja?«
»Nach oder vor dem Essen?«, fragte ich.
»Wenn Sie Hammelragout mögen…«
»Für Hammelragout würde ich noch viel weiter fahren…«
»Hallo, fertig?«, dröhnte Stanleys tiefe Stimme dazwischen. »Es geht weiter, die Pause ist zu Ende«, rief er und sah Jil Howard streng an.
»Verzeihung, Mister Stanley«, sagte ich, »wünschen Sie keinen Zwischenbericht?«
»Hm, wie?«, fragte er irritiert.
»Nun, Sie haben uns doch gebeten, Ihren Kongress zu überwachen.«
Jil beobachtete uns und lächelte. Cummings, Wilson und Arnold kamen näher.
»Ja, bitte…Nun, wie steht’s?«, fragte Stanley sichtlich uninteressiert und hüpfte von einem Bein auf das andere.
»Ich habe noch keine Ahnung, wer Warren ermordet hat, und ich weiß auch nicht, wo das fantastische Material BINON 240 geblieben ist. Aber vielleicht bin ich bald weiter, wenn Sie sich bis dahin gedulden können.«
Stanley sah mich wütend an und knurrte: »Hab jetzt keine Zeit, der Kongress nimmt viel Zeit in Anspruch. Sie wissen, ich…« Er brach ab und sah sich Hilfe suchend um. Direkt hinter ihm stand der rettende Engel: Ossie Croft, die Sekretärin, mit zusammengekniffenem Mund.
»Machen Sie hier bitte weiter, Miss Croft. Ich habe ja keine Zeit, Sie wissen…« Er verschwand murmelnd mit den anderen Chemikern. Ich blieb allein mit Miss Croft stehen.
Einen Moment starrten wir uns an, dann schnarrte sie: »Was kann ich für Sie tun?«
»Von wem stammt eigentlich die Idee, den Schutz der Polizei für diesen Kongress anzufordern?«, fragte ich.
»Von mir.« Sie war stolz, Mutter dieser Idee zu sein.
»Und warum hielten Sie den Polizeischutz für erforderlich?«, wollte ich wissen.
»Er machte ja so viel Wind mit dem BINON.«
»Er machte Wind?«
»Überall erzählte er davon, er verfasste sogar zwei Artikel für Fachzeitschriften, obwohl er noch gar keine genauen Einzelheiten kannte.«
»Aber das war doch nicht ungefährlich. Nach dem, was ich über das Material gehört habe, mussten sich doch sofort eine Menge Leute dafür interessieren«, warf ich ein. Sie sah mich böse an.
»Das sage ich ja die ganze Zeit. Er posaunte überall herum, dass der Kongress eine große Entdeckung bringen würde. Das konnte ja nicht verborgen bleiben.«
»Ist Mister Stanley immer so unvernünftig?«
»Nein, ganz und gar nicht«, sagte sie fest.
»Sie meinen, dieses sonderbare Herumschreien passt nicht zu ihm?«
Sie nickte.
»Wie erklären Sie sich sein Verhalten?«, fragte ich.
Plötzlich sah sie mich mit zusammengekniffenen Augen an. Der Mund wurde dünn wie ein Strich.
»Sie sind ja schließlich beim FBI, oder?«
Damit ließ sie mich stehen und stakste davon. Ich sah ihr nach.
»Seit wann bevorzugst du Spargel?«, fragte plötzlich neben mir Phil und folgte meinem Blick.
Ich grinste.
»Du hast einen schlechten Geschmack, sieh dir nur mal die Kleine dort an, Trudy! Spricht sechs Sprachen!«
»Hast du Slim abgewimmelt?«, fragte ich. Phil nickte.
»Und sonst willst du nichts wissen?«, fragte er.
»Doch. Wer hat Harold Warren ermordet?« Ich zündete mir eine Zigarette an.
»Ich kann dir sagen, wer es nicht war«,
Weitere Kostenlose Bücher