0385 - Ein Mörder saß am grünen Tisch
Muller da?«, fragten wir sie.
»Tut mir leid, aber vielleicht sprechen Sie einmal mit Doktor Grant, er hat heute Dienst.« Sie drückte auf einen Knopf, und nach einigen Minuten kam ein junger Mann auf uns zu.
Er stellte sich als Dr. Grant vor. Wir nahmen ihn etwas zur Seite.
Wir wiesen uns aus.
»Wie geht es Doktor Biggs?«, fragte ich.
Der junge Arzt hob die Schultern.
»Ich komme gerade von ihm. Meiner Meinung nach geht es ihm körperlich wieder ausgezeichnet, soweit man das von einem Herzkranken sagen kann. Aber der Schock muss ihm doch noch zu schaffen machen, er ist noch immer nicht richtig bei Bewusstsein, redet wirres Zeug. Ich fürchte fast, er ist ein Fall für den Psychiater, aber Doktor Muller meint, es würde schon werden.«
»Was halten Sie von Doktor Muller?«, fragte ich.
Es war, als habe jemand einen Fensterladen vor das Gesicht des jungen Mannes geklappt.
»Er ist ein guter Arzt«, sagte er.
»Praktiziert er eigentlich selbst?«, fragte ich weiter.
Der junge Mann zögerte. Bevor er antworten konnte, flammte ein kleines rotes Licht in der Ecke auf. Eine Schwester kam angelaufen.
»Doktor Grant, schnell! Die Frau auf Zimmer 9!«
Der Arzt lief weg.
»Glaubst du dem Arzt?«, fragte Phil.
Ich nickte. Der Mann war ehrlich. Und von Mullers krummen Touren hatte er keine Ahnung.
»Mullers Privatadresse«, sagte ich. Wir rannten wieder hinaus zum Wagen.
Muller wohnte Gott sei Dank nicht weit von hier, das hatten wir schon vorher festgestellt. Wir läuteten.
Eine ältere Frau machte uns auf.
»Ja, bitte?«, fragte sie.
»Sind Sie Mrs. Muller?«, fragte ich.
Sie nickte.
»Können wir Ihren Mann einen Moment sprechen?«
»Er schläft schon. Sind Sie von der Klinik? Wissen Sie, er hat sich heute nicht recht wohlgefühlt.«
»Es ist sehr wichtig. Würden Sie ihn bitte holen?«
»Aber er hat ausdrücklich gebeten…« Sie stockte, dann ging sie nach hinten.
Wir warteten. Wir hörten ihre Stimme: »Henry, wach doch bitte auf, zwei Herren wollen dich sprechen!«
»Henry scheint einen guten Schlaf zu haben«, flüsterte mir Phil zu.
»Hallo, komm doch!«, rief Mrs. Muller wieder. Aber sie bekam keine Antwort/
»Wissen Sie, er nimmt in letzter Zeit immer so starke Schlafmittel«, rief sie uns zu, dann öffnete sie eine Tür.
Sie knipste einen Lichtschalter an.
»Henry!«, schrie sie auf.
Wir stürzten hinein.
An der Tür des Schlafzimmers blieben wir stehen.
Dr. Muller lag quer über seinem Bett. Eine kleine, rot geränderte Einschussstelle in seinem Nacken zeigte die Richtung an, aus der er erschossen worden war. Wir sahen auf. Vor dem offenen Fenster blähte sich der Vorhang.
***
Wir rasten weiter. Zu Stanleys Privatadresse. Er wohnte in einem luxuriösen Apartment in der Deila Street.
Wir läuteten. Niemand meldete sich.
Erst beim dritten Mal machte ein Filipinoboy auf.
Er hatte anscheinend schon geschlafen.
»Ist Mister Stanley nicht da?«, fragte ich.
»Nein.«
»Hast du eine Ahnung, wann er wiederkommt?«
»Nein.«
»Wo könnten wir ihn finden?«
»Tut mir leid, Mister, ich habe gekündigt und gehe morgen früh fort von hier, aber ich kann Ihnen auch heute schon nicht mehr sagen, wo Mister Stanley ist, er hat es mir nicht gesagt.«
Wir kehrten um. Ein paar Minuten saßen wir im Jaguar und schwiegen.
»Wo sollen wir bloß jetzt suchen?«, sagte ich.
»Ich habe keine Ahnung, wo wir einhaken können«, gab Phil zu.
Ich sah an Phils Gesicht, dass er auch nahe daran war, seine Nerven zu verlieren.
Er holte sein Notizbuch heraus und kramte darin herum. Vielleicht beruhigte ihn das. Ich spielte inzwischen mit dem Zündschlüssel und verlangte Hochleistungssport von meinem Gehirn.
Plötzlich schienen wir beide gleichzeitig eine Idee zu haben.
»Mensch, die Lederjacken!«, sagte Phil. Ich startete sofort den Motor.
»Wenn Stanley und seine Leute jetzt irgendwo hocken, dann haben die Lederjacken es vielleicht rausgekriegt. Schließlich waren die immer am Feind.«
Ich fuhr zu der Adresse, die Phil mir aus seinem Buch vorlas.
»Es könnte auch sein, dass sie sich irgendwo getroffen haben, um ein Geschäft abzuschließen. Beide Banden sind ja an dem BINON interessiert.«
Ich nickte. Wir schafften die Strecke in einer kurzen Zeit. Vielleicht kam uns die Zeit auch nur so kurz vor, weil uns die Minuten der Untätigkeit so lang vorgekommen waren.
»Norris heißen die Boys«, sagte Phil, und ich parkte den Jaguar vor einem verlotterten Altbau.
Der Name Norris war kaum zu
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