0388 - Der Dämonensarg
Pendelbewegungen erinnerten mich an eine Waffe, die einmal der Eiserne Engel besessen hatte. Ein magisches Pendel, das in der Lage gewesen war, Erdmagien zu wecken oder sie zurückzuhalten.
Mein Kreuz weckte keine bösen Kräfte. Es sorgte nur dafür, daß welche angezeigt wurden.
Und so schwang es von einer Seite auf die andere. Verfolgt von meinen Blicken, die darauf hofften, daß sich irgend etwas tat. Ich lenkte meine Schritte dorthin, wo das Gebüsch besonders dicht wuchs. Bodendecker breiteten sich auf dem Untergrund aus. Flechtengewächse, Moos, auch dürres Gras, dazwischen struppige, haferartige Pflanzen, die sich elastisch bogen, wenn der Wind sie erreichte.
Natürlich vergaß ich trotz der Bemühungen meine Feinde nicht.
Sehr häufig schaute ich in den Himmel, um irgendeine Spur zu entdecken. Keine dunklen, unnatürlichen Wolken, nur die normalen abendlichen Wettergebilde, die über meinem Kopf segelten.
Bis zu den Schienbeinen und höher reichten mir die Pflanzen.
Manchmal nahm ich einen gewürzartigen Geruch wahr, dann wieder roch ich das Meer mit seiner Frische, die der Wind mitbrachte.
Auf einmal »meldete« sich das Kreuz!
Ein zeitlich kaum eingrenzbares Flirren, als würde etwas über seine Umrisse hinweghuschen. Ich hielt sofort die Hand still, ging auch keinen Schritt mehr vor und schaute zu, wie mein Kreuz, Kreise schlagend, allmählich auspendelte.
Ruhig hing es an der Kette.
Aber es zeigte eine innere Unruhe. Die winzigen Reflexe brachen das Licht, als wäre es gegen Diamanten gefallen, und diese Reflexe nahmen zu, je mehr ich das Kreuz dem Boden entgegensenkte.
Genau da mußte der Ort sein.
Bevor ich mit den Händen das Buschwerk zur Seite drückte, schaute ich mich um, ließ meinen Blick auch über den Himmel schweifen, erkannte keinerlei Gefahr von einer anderen Seite und machte mich relativ beruhigt auf die eigentliche Suche.
Sehr hoch war das Unkraut gewuchert. Niemand dachte je daran, es zu mähen. Ich mußte die wilden Pflanzen umknicken, um mir freie Bahn zu verschaffen. Ich schob auch die Bodendecker zur Seite, tastete über die feuchte Erde, die braungrau vor mir lag, und erkannte schon sehr bald den flachen, grauen Stein.
Er setzte meinen Händen einen wesentlich härteren Widerstand als der normale Untergrund entgegen. Zudem war er rauher und mit kleinen spitzen Erhebungen bedeckt. Auf die scharfen Kanten mußte ich achtgeben, um mich nicht zu verletzten.
Statt dessen räumte ich die anderen Hindernisse aus dem Weg, schleuderte Unkraut zur Seite, trat es nieder oder ab, so daß ich den Stein in seinen gesamten Umrissen freilegte.
Bereits beim ersten Tasten war mir seine außergewöhnliche Form aufgefallen. Zumeist waren diese Art von Einstiegen oder Luken viereckig. Hier sah ich einen runden Deckel vor mir, der mich an einen Kanaleinstieg erinnerte.
Nur doppelt so groß!
Wahrscheinlich war das, was unter dem Deckel lag, so sperrig, daß man diese Größe eben brauchte, um den Dämonenschrein zu verbergen.
Die nächste Schwierigkeit stand mir bevor. Wie sollte ich diesen Steindeckel je in die Höhe bekommen? Ein Unternehmen, für das man bestimmt fünf Männer benötigte.
Griffe oder Henkel zum Anfassen sah ich nicht. Aber wenn ein anderer an den Dämonenschrein heranwollte, mußte er auch den Deckel hochheben.
Wie ich.
Ich suchte nach einer Chance. Manchmal gibt es Tricks, Hebel, die etwas in Bewegung setzten, wenn man sie umlegte. Das kannte ich aus alten Pyramiden oder Burgen, die mit Geheimgängen bestückt waren. Deshalb suchte ich auch die nähere Umgebung ab, fand nichts und war ratlos.
Bis ich zum letzten Mittel griff und wieder mein Kreuz einsetzte.
Es war mehr aus der Notlage geboren, als ich die Kette über meinen Kopf streifte und das Kreuz auf den Deckel legte.
Zunächst tat sich nichts.
Es blieb dort liegen, sah beinahe harmlos aus, bis ich das Aufleuchten sah, das auch mein Gesicht erwischte. Ich wollte den Kopf schon abwenden, da faszinierte mich der nächste Anblick.
Das Kreuz hatte es tatsächlich geschafft!
Zwar war der schwere Steindeckel nicht abgehoben worden, aber er wurde durchsichtig, und ich konnte erkennen, was mir bisher verborgen war.
Bei der Überraschung hielt ich die Luft an. Der Schrein war sehr groß, stand auf dem Boden des Schachts und sah eigentlich aus wie ein Sarg, nur besaß dieser Schrein einen flachen Deckel und keinen gewölbten, wie es bei einer Totenkiste der Fall ist.
Zwar erlaubte mir die Magie des Kreuzes,
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