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0388 - Der Tote mit meinem Gesicht

0388 - Der Tote mit meinem Gesicht

Titel: 0388 - Der Tote mit meinem Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Tote mit meinem Gesicht (1 of 2)
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mit einem seiner Geduldsspiele beschäftigt.
    Geduld, dachte ich, das ist es, was ich jetzt nötig habe. Aber, vielleicht läuft alles glatter, als ich annehme.
    Am Nachmittag dieses Tages erhielt ich wirklich Besuch. Es war Leutnant Roon. Man ließ mich mit ihm im Sprechzimmer allein. Unsere Unterredung dauerte nur eine knappe Viertelstunde. Nachdem mich »Giftzahn« wieder in die Zelle zurückgebracht hatte, polterte ich los:
    »Dieser Bulle. Er schindet mich mit seinen Fragen. Er will mich weichkochen. Er sammelt idiotische Beweise. Aber wenn er glaubt, er könnte mich schaffen, dann hat er sich getäuscht.«
    »Dracula« blickte mich lauernd an.
    »Wenn man dich so reden hört, Bob, könnte man meinen, du hättest diesen Korman tatsächlich nicht umgebracht.«
    »Ich war‘s auch nicht, verdammt noch mal.«
    Ich legte die Hände auf den Rücken, tigerte in der Zelle auf und ab und schimpfte laut vor mich hin. Dabei hatte ich das sichere Gefühl, daß »Giftzahn« vor der Zellentür stand und eifrig seine großen, roten Ohren spitzte.
    ***
    Betty Oats war Anfang Dreißig und bildschön. Sie wohnte in einem Apartment. Die Clinton Street war eine vornehme Parkstraße. Nummer 100 hatte das Flair des Kostbaren, Mondänen, Verwöhnten, Anspruchsvollen.
    Das Apartmenthaus lag in einem Park. Eine Seltenheit für New Yorker Verhältnisse. Um von den Garagen bis zum Wohnhaus zu gelangen, mußte man über einen dicken Rasenteppich, der nur einen schmalen, mit bunten Steinplatten ausgelegten Pfad aufwies. Rechts und links standen Trauerweiden wie schweigende Gestalten mit gesenkten Häuptern.
    Es war Abend. Über das Häusermeer der Weltstadt flimmerte ein feiner Sprühregen. Die Luft war stickig. Wie von einem Nebel wurden Abgase und Staub in Bodennähe gehalten, erschwerten das Atmen und trieben kränklichen Menschen Angstschweiß auf die Stirn.
    Betty Oats fuhr einen weinroten Sunbeam. Die Frau kehrte von dem Fotoatelier zurück, in dem sie sich seit kurzem ihren Lebensunterhalt als Modell verdiente. Betty hatte schulterlanges Haar, das nach dem letzten Schrei der New Yorker Mode silbrig gefärbt war. Obwohl es schwül war, trug Betty einen flauschigen, schwarzen Pullover und enge, weiße Hosen aus glattem Leder.
    Die Frau steuerte den Sunbeam durch die Auffahrt des Parks, hielt vor dem Garagenflachbau und stieg aus, um eins der Stahlblech-Tore zu öffnen. Rasch verstaute sie den Wagen in der Auto-Box, spannte dann einen kleinen Schirm auf und lief über den Pfad in Richtung Haus. Das Gebäude war riesig. Es hatte in den dreißiger Jahren einem Brasilianer gehört und bestand aus 22 Zimmern.
    Später hatte man die riesige Wohnung in Apartments aufgeteilt.
    Wie durch einen Schleier sah Betty Oats das Haus. Der Regen hängte einen dünnen Film vor das Grün des Gartens.
    Jetzt war die Frau noch knapp zwanzig Schritt von der Haustür entfernt.
    In diesem Augenblick geschah es.
    Wie Schemen lösten sich zwei Gestalten von den Trauerweiden und stürzten sich auf die Frau.
    Betty war im ersten Augenblick so erschrocken, daß sie sich nicht zu rühren vermochte. Wie gelähmt blieb sie stehen, hielt krampfhaft den Schirm über sich und ballte ihre Hand um den lederüberzogenen Griff, als handele es sich um einen Rettungsanker.
    Es waren zwei Männer. Betty nahm es blitzartig wahr. Die Kerle steckten in feuchtglänzenden Regenmänteln Auch die Hüte waren feucht. Gesichter konnte die Frau nicht erkennen.
    Jetzt hatte der Größere — ein herkulischer Mensch mit schrankbreiten Schultern — die silberhaarige Frau erreicht und griff nach ihr. Im gleichen Moment erwachte Betty aus ihrer Erstarrung. Sie reagierte nun so flink, als verfüge sie über die Reflexe einer Katze. Die Hand mit dem Schirm schlug zu, und die Metallstange traf den Großen Der Hut wurde von seinem Kopf gefegt, und für einen winzigen Augenblick sah Betty einen kahlen, massigen Schädel über einem harten Gesicht. Dann warf sich die junge Frau herum und lief, als gelte es einen Rekord zu brechen. Sie raste über den Plattenweg zurück, schlug einen Haken und sauste vorbei an dem anderen Burschen, der ihr den Weg abschneiden und sie von der Seite packen wollte.
    Betty wußte, daß dieser Überfall kein harmloser Streich war. Sie rannte nach vorn zur Einfahrt des Grundstücks, obwohl es sicherlich klüger gewesen wäre, einen Bogen in Richtung Apartmenthaus zu schlagen. Betty rief nicht um Hilfe. Sie kannte die Gegend und wußte, daß sich niemand um ihre Schreie

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