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0388 - Der Tote mit meinem Gesicht

0388 - Der Tote mit meinem Gesicht

Titel: 0388 - Der Tote mit meinem Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Tote mit meinem Gesicht (1 of 2)
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Betty Oats über die Schwelle. Die Frau war bleich und ungekämmt. In ihren Augen stand Angst. Die vollen Lippen waren fest zusammengepreßt.
    »Was soll das? Warum haben Sie die Frau…« Davies brach hilflos mitten im Satz ab. Seine Gesichtsmuskeln zuckten. Er schlug rasch den Blick nieder, als schäme er sich vor der Frau.
    »Wir lassen euch jetzt einen Augenblick allein«, sagte der Gangster grinsend. »Dann holen wir Sie, Davies. Sie werden letzte Instruktionen erhalten, anschließend zu den Polypen marschieren und Ihr Sprüchlein aufsagen. Inzwischen wechseln wir mit der Puppe das Quartier. Es wäre also sinnlos, wenn Sie mit den Bullen hier aufkreuzen. Die Puppe würden Sie damit nicht retten können. Im Gegenteil! Wir würden ihr nur das zarte Hälschen ‘rumdrehen.« — Sein Gesicht wurde ernst, und die Augen waren plötzlich so kalt wie Glasmurmeln. »Bis gleich.«
    Die Tür knarrte zu. Frank Davies war mit der Frau allein.
    ***
    Zwei Tage vergingen. Dann erschien »Giftzahn«, grinste mich an und flüsterte mit rauher Stimme: »Es ist alles wie am Schnürchen gelaufen. Du wirst morgen entlassen!«
    »Hat der Glaser ausgesagt?«
    »Er hat.«
    »Dieser Roon war anfangs der Meinung, Davies könne mein Komplice sein. Er wird ihn stramm vernommen haben.«
    Pessin zuckte die Schultern. »Sicherlich. Aber es ändert nichts am Ergebnis Du kommst ‘raus. Dieser Davies hat anscheinend Nerven, Entweder hat er den Leutnant ausgetrickst, oder er, Davies, ist tatsächlich kein Komplice von dir.«
    Ich schenkte mir die Antwort, nahm mein Essen in Empfang und zog mich aufs Bett zurück. — Dracula hatte sich ein Mikadospiel kommen lassen und übte seit dem frühen Vormittag. Das geduldige Ziehen und Probieren an den bunten Stäbchen machte mich kribbelig. Ich dachte über meine neue Lage nach und wartete. — Während der nächsten vierundzwanzig Stunden saß ich wie auf Kohlen. Dann erfüllte sich Pessins Vorhersage. Ich wurde aus der Untersuchungshaft entlassen. Mit allen Formalitäten. Bevor ich gehen durfte, wurde ich zu einer bestimmten Unterredung aus der Zelle geholt. Als ich eine halbe Stunde später zum letzten Male in sie zurückkehrte, sah mich ›Dracula‹ fragend an.
    »Die Untersuchung der Staatsanwaltschaft gegen mich ist eingestellt worden«, sagte'ich. »Ein Zeuge ist aufgetaucht und entlastet mich mit seiner Aussage völlig.«
    Ich öffnete den Schrank, raffte meine Sachen zusammen und ging zur Tür, an der »Giftzahn« bereits wartete. Auf der Schwelle drehte ich mich um. »Dracula«, der Raubmörder, war wieder über sein Geduldsspiel gebeugt.
    »Adieu«, sagte ich. Aber er blickte nicht auf, nickte nur kurz und berührte mit dem Finger ein violettes Stäbchen.
    — Später erfuhr ich, daß man »Dracula« in der Gaskammer hingerichtet hatte. Sein Fall war sonnenklar gewesen.
    Nachdem alles geregelt war, führte man mich hinaus auf einen gepflasterten Hof, unter den blauen californischen Himmel. Ich reckte mich, dehnte die Brust, atmete tief die würzige Luft ein, spürte einen Hauch von Benzindämpfen und Abgasen, und es schien mir das herrlichste Parfüm zu sein, das ich jemals gerochen habe.
    Ein paar Augenblicke später klackte ein schweres Stahltor hinter mir zu.
    Ich stand auf einer stillen Straße, badete das Gesicht im Sonnenlicht und fühlte mich wie ein König. Auf dem Gehsteig ging eine junge blonde Frau vorbei. Sie hielt ein etwa siebenjähriges Mädchen an der Hand. Große, blaue Kinderaugen musterten mich ungeniert. Dann hob sich das kleine Gesicht, blickte vertrauensvoll zu der Frau auf, und der kleine Mund formte die Worte: »Ist das auch ein Sträfling, Mammy?«
    Die Frau zuckte zusammen, zog das Kind schnell weiter und murmelte etwas, das wie »Nein, das ist keiner« klang. Aber das Blondköpfchen ließ nicht locker, und während die Mutter ihren Schritt beschleunigte, hörte ich noch die Worte: »Doch, Mammy, das ist einer. Ich glaub's ganz bestimmt. Er ist aus dem Gefängnis gekommen. Ich hab ‘s ganz bestimmt gesehen.«
    Ich stand steif wie ein Pfahl, und ich fühlte, wie mir vor Verlegenheit Blut ins Gesicht schoß. Dann schüttelte ich die Erstarrung ab, setzte mich in Bewegung und brachte ein paar Straßenzüge zwischen mich und das Untersuchungsgefängnis.
    Irgendwo in der City bestieg ich ein Taxi. Ich ließ mich zum Garden Grove Boulevard fahren. Mein Bungalow prangte in der Sonne. Haus und Garage waren verschlossen. An den Eingangstüren klebten noch die Reste eines

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