Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0388 - Der Tote mit meinem Gesicht

0388 - Der Tote mit meinem Gesicht

Titel: 0388 - Der Tote mit meinem Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Tote mit meinem Gesicht (1 of 2)
Vom Netzwerk:
weißen Papiers, des Polizeisiegels.
    Ich schloß auf und trat in das Gebäude. Die Luft roch schal. Seit Tagen war nicht gelüftet worden. Staub wirbelte bei jeder Bewegung, die ich verursachte, durch die breiten Bahnen der Sonnenstrahlen. Die Tür, hinter der man den Rothaarigen gefunden hatte, stand halb offen. Ich warf einen kurzen Blick in das Zimmer, öffnete dann sämtliche Fenster und ließ die mittägliche Augustwärme herein.
    Nachdem ich mir einen Drink gemixt hatte, ging ich in den Garten. Als ich über den Rasen schlenderte, wurde mein Blick von einem grellroten Fleck angezogen, der aus dem Grün des nachbarlichen Grundstücks herüberleuchtete. Ich blickte genauer hin und erblickte eine junge, schwarzhaarige Frau, die am Rande eines Schwimmbeckens stand und sich unter einer Dusche reckte. Die Frau war braungebrannt und mit vollendeter Figur ausgestattet. Was rot zu mir herüberschimmerte, war ein knapper Bikini.
    Der erste erfreuliche Anblick seit jener Nacht, dachte ich und trat etwas näher an den Zaun. In der Hand hielt ich immer noch mein Whiskyglas. Die Eiswürfel schmolzen jetzt wie Butter in der Sonne.
    Die Frau war bildhübsch. Auf der schokoladenbraunen Haut perlte das Wasser. Das schwarze Haar war kurz geschnitten und etwas gelockt. Für einen Moment drehte mir die schlanke Gestalt den Rücken zu. Ich hüstelte, die Frau fuhr herum, und ich blickte in ein schmales Gesicht mit blauen, kühlen Augen und dichten schwarzen Brauen.
    »Hallo, Herr Nachbar.« Sie stellte die Dusche ab. Als das Prasseln verstummte, trat eine fast beängstigende Stille ein. Nur in der Feme hupte ein Straßenkreuzer, und vor meinen Füßen zirpte eine Grille.
    »Hallo, Nachbarin«, sagte ich rauh und hob mein Glas.
    Sie kam an den Zaun und lächelte freundlich. Sie legte die Hände auf die bleifarbenen Drahtmaschen. »Nett, daß wir uns mal kennenlernen, Mister…«
    »Cassidy«, sagte ich schnell und verbeugte mich leicht.
    »Ich bin Norma Bartoli.«
    Ich nickte und verbreiterte mein Grinsen bis zu den Ohren.
    »Sie waren verreist, Madam?«
    »Ja, fast ein Vierteljahr. Sie haben inzwischen den Bungalow dort«, sie deutete auf mein Heim, »gekauft?«
    »Ja, aber schon vor drei Wochen. Inzwischen war ich auch verreist.«
    »Ich hab‘s in der Zeitung gelesen, Mister Cassidy.«
    Das war eine Dusche — so kalt, daß ich unwillkürlich auf meinen Drink schaute, in der Erwartung, daß sich dort neue Eiswürfel bilden würden.
    »Das ganze war ein Versehen, Mrs. Bartoli.«
    »Miß Bartoli, bitte. — Im übrigen, ich glaube Ihnen, daß es ein Versehen war. Sie wirken nicht wie ein Mörder. Außerdem habe ich gelesen, daß Sie inzwischen rehabilitiert sind.«
    »Sie sind eine vernünftige Frau, Madam. Offenbar haben Sie keine Vorurteile. Es muß herrlich sein, sich mit Ihnen zu unterhalten. Wollen Sie mir die Freude machen und eine Einladung annehmen?«
    »Gern.«
    »Wann paßt es Ihnen?«
    Sie dachte einen Augenblick nach. Dann lächelte sie und streifte Wassertröpfchen von Armen und Hüften.
    »Eigentlich habe ich heute abend noch nichts vor.«
    »Ausgezeichnet, Madam. Sagen wir um halb acht. Ich mixe ausgezeichnete Martinis.«
    »Das ist bei dieser Hitze gerade richtig.«
    Sie lächelte noch einmal,, drehte sich um und lief auf ihr Haus zu. Ich blickte ihr nach, bis sie hinter einer spanischen Wand auf der Terrasse verschwand. Dann ging ich in meinen Bungalow zurück, trat ans Telefon und führte ein kurzes Gespräch mit dem nächsten Feinkostgeschäft. Ich bestellte Gin, Whisky, Soda, Kaviar, Hummer und Toastbrot. Ich wollte mich als Gastgeber meiner schönen Nachbarin würdig erweisen.
    Dann legte ich mich im Kaminzimmer auf die Couch und döste vor mich hin. Eine Fliege sirrte an der Panoramascheibe hinauf und hinab. Im übrigen war es still. Ich hatte die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Nach einer Weile schaltete mein Gehör in den ersten Gang zurück. Ich vernahm das Ticken meiner Armbanduhr. Das Zirpen der Grillen schien plötzlich sehr laut zu sein, und die Gartenmöbel auf der Terrasse hatten eigenes Leben. Das Holz knackte in der Hitze.
    Meine Ohren löffelten die feinen Geräusche wie ein Kind süßen Pudding. Die groben Geräusche entgingen mir. Warum, weiß ich bis heute nicht.
    Tatsache ist, daß ich die Männer nicht kommen hörte, obwohl sie sicherlich nicht besonders leise auftraten. Behutsames Schleichen paßte so wenig zu ihnen wie ein Zylinder zum Trainingsanzug. — Sie mußten das Haus umrundet

Weitere Kostenlose Bücher