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039 - Der schwarze Abt

039 - Der schwarze Abt

Titel: 039 - Der schwarze Abt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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appetitlich hergerichteten Sandwiches.
    »Sehen Sie die Kristalle auf dem Fleisch glitzern? Aber mich kann er nicht überlisten - kommen Sie!«
    Sie stiegen hinunter in das Gewölbe. Auf dem Fußboden klaffte jetzt eine breite Lücke.
    »Ich habe unten eine Lampe, Lebensmittel und soviel Wasser, wie Sie wollen. Alles ist schon seit langer Zeit vorbereitet. Bitte!«
    Er benahm sich nun sehr zuvorkommend und höflich, faßte sie an der Hand, um sie zu führen, und beleuchtete die Stufen. Dann zog er die Steinplatte auf die Öffnung, schob einen Balken quer darunter und zündete eine Sturmlaterne an, die offenbar mit Paraffinöl gespeist wurde, denn es dauerte ein Weilchen, bis der Raum hell wurde.
    Das erste, was Leslie in dem sehr geräumigen Gemach entdeckte, waren zwei Gewehre.
    Die Ausstattung bestand aus einem antiken Refektoriumstisch mit einer zehn Zentimeter dicken Platte und einem Feldbett, neben dem ein geschnitzter Stuhl mit sehr hoher Lehne, eine Art Thronsessel, aufragte. Ganz oben, im Winkel zwischen Wänden und Decke, gab es an einigen Stellen Spalte, durch die vermutlich frische Luft einströmen konnte.
    Andächtig entfaltete Harry eine Rolle, die er inbrünstig küßte und dann über dem Bett befestigte.
    »Wie wunderschön ist meine Mutter«, seufzte er. »Aber Dick haßt sie ...«
    »Harry, sagen Sie doch nicht so etwas Absurdes!«
    »Sie kennen ihn nicht«, erwiderte er ohne eine Spur von Ärger über ihre Verteidigung. »Dick ist auch der Schwarze Abt. Ich kam erst vor acht Tagen dahinter, als ich zufällig in seinem Zimmer etwas suchte und in einer Schublade, die er zu schließen vergessen hatte, eine schwarze Kutte entdeckte.«
    Sie glaubte ihm diese einzige Wahrheit, die er bisher ausgesprochen hatte, nicht, aber spürte, daß es unklug wäre, ihm weiterhin zu widersprechen oder gar mit ihm zu streiten.
    »Sie müssen einsehen, Harry, daß ich hier nicht bleiben kann«, sagte sie nach einer Weile leichthin, »denn erstens gibt es hier nur diesen einen Raum, und zweitens habe ich eine Schwäche für ein tägliches Bad.«
    Harry machte stumm einige Schritte, raffte eine Sackleinwand, die eine Ecke des Gelasses abtrennte, auf und sagte mit dramatischer Geste:
    »Hier haben Sie alles, was Sie brauchen. Ich werde oben schlafen und nur bei Gefahr herunterkommen. Unsere Lage erfordert Mut und Geduld, zwei Eigenschaften, die, wie ich weiß, meiner künftigen Frau nicht fehlen.« Auf seinem Gesicht erschien das alte, liebenswürdige Lächeln. »Und da auf dem Tisch liegen allerhand lesenswerte Bücher. Es kostete Arbeit, die schweren Bände hierherzuschleppen, doch dafür habe ich nun auch alles, was ich benötige.«
    »Wie lange kennen Sie dieses Versteck schon, Harry?«
    »Seit sechs Jahren. Ich entdeckte es am einundzwanzigsten Todestag meiner Mutter - meiner ermordeten Mutter, sollte ich richtiger sagen. Denn es besteht kein Zweifel, daß mein Vater, der alle bösen Eigenschaften Dicks besaß, sie tötete - erhängte. Das Verbrechen wurde vertuscht und das Gerücht ausgestreut, sie habe selbst Hand an sich gelegt.«
    Der Ton seiner Stimme zeigte, daß er an diese Version felsenfest glaubte. Hierauf erklärte er Leslie ganz vernünftig den Mechanismus der Lampe, zeigte ihr das kleine Bassin mit dem fließenden Wasser, das aus dem rauhen Fels quoll und sich irgendwo unsichtbar in der Tiefe verlor. Er erteilte ihr sogar eine kurze historische Belehrung über die Entstehung dieser Räumlichkeiten.
    Hierauf wünschte er ihr gute Nacht und stieg, eines der Gewehre mit sich nehmend, die Stufen hinauf. Oben löste er den schweren Eichenbalken an der Deckender die Steinplatte von unten sicherte. Leslie schoß der Gedanke durch den Kopf, daß sie nachher den Balken vorschieben und den Zugang versperren könnte. Aber als hätte Harry dies erraten, klemmte er einen Steinbrocken vor den Balken und blockierte die ganze Einrichtung.
    Eine halbe Stunde lang blieb alles still. Leslie saß auf dem Bett, die Hände um die Knie geschlungen. Plötzlich hörte sie, wie Harry sich oben bewegte. Lähmende Furcht befiel sie. Doch er wollte nur etwas fragen.
    »Wissen Sie vielleicht, Leslie, ob Thomas Familie zurückließ? Daß ich ihn tötete, war ein Akt der Gerechtigkeit - aber ich möchte nicht, daß die Hinterbliebenen darunter leiden.«
    »Nein, Harry, ich weiß darüber nicht Bescheid.«
    Endlos erschien ihr die Zeit, bis sein Licht oben erlosch.
    Schlief er? Sollte sie versuchen, an ihm vorbeizuschlüpfen? Aber sie

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