039 - Der schwarze Abt
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Wutentbrannt telefonierte er mit seiner Bank.
»Hier Gilder - Bitte den Vorsteher, dringend!«
»Hallo! Was gibt's, Mr. Gilder?«
»Fletcher, ich hatte Ihnen doch einen Scheck über fünfzigtausend Pfund avisiert ...«
»Ist auch auftragsgemäß honoriert worden.«
Für einen Augenblick wurde es vor Gilders Augen dunkel.
»Wer präsentierte ihn?«
»Arthur Gine - der Scheck lautete auf Leslie Gine oder Überbringer. Wir benachrichtigten Sie übrigens gestern abend. Ist der Brief nicht eingetroffen?«
»Ich bin noch nicht durch mit meiner Post. Danke.«
Gilder schnaufte. Darum also hatte sich Gine die Summe als Darlehen bestätigen lassen! Ein verdammt kluger Schachzug. Nicht allein die fünfzigtausend Pfund hatte Gine jetzt in der Hand, sondern auch gleich ein Schreiben dazu, das ihn vor jeder Anklage wegen Betrugs sicherte.
Übertölpelt! Zum Narren gehalten ...
Doch schon nach fünf Minuten innerlichen Wütens meldete sich wieder der klare Verstand. Fest stand, daß bei diesem Trick Leslie die Hand nicht im Spiel gehabt hatte. Wenn er ihr also mit einer Betrugsanzeige gegen ihren Bruder drohte? Vielleicht würde sie sich doppelt verpflichtet fühlen, seine Werbung anzunehmen. Vielleicht stärkte dieser Zwischenfall sogar seine Position ihr gegenüber.
Er telefonierte nach seinem Wagen und setzte sich zuversichtlich ans Steuer. Er nahm, um rascher vorwärts zu kommen, eine Nebenstraße, die ihn zwischen Horsham und Dorking wieder auf die große Straße brachte. Beim Einbiegen behinderte rechts Buschwerk die Aussicht. Gilder drückte auf die Hupe und brauste mit unverminderter Geschwindigkeit auf die Hauptstraße hinaus, auf der gleichzeitig ein schwerer Wagen nahte, kreischend bremste und schleuderte. Der Mann am Steuer, in dem Gilder sofort Dick Alford erkannte, blickte ihn wütend an, drehte seinen Wagen in Fahrtrichtung und jagte davon. Und dann entdeckte Gilder die herausgefallene Tasche.
Es ging ihm nicht darum, Mr. Alford gefällig zu sein und ihm wieder zu seinem Eigentum zu verhelfen. Verärgert warf er sie auf den Rücksitz. Dabei mußte er auf das Schnappschloß gedrückt haben, jedenfalls sprang die Tasche auf, und etwas Schwarzes quoll heraus - eine Kutte mit Kapuze.
War es möglich - Dick Alford der Schwarze Abt?
In mäßigem Tempo fuhr Gilder bis zum Krug von Chelfordbury. Der Wirt kannte ihn und tischte ihm die letzten Neuigkeiten auf.
»Seit mir der ›Rote Löwe‹ gehört, habe ich noch nie eine solche Aufregung im Dorf erlebt. Manche wollen wissen, daß der Graf von seinem Bruder ermordet worden ist. Und die unheimliche Geschichte mit der jungen Dame aus dem Willow-Haus ...«
»Meinen Sie Miss Gine?«
»Ja, Miss Gine. Da steht der Fuhrmann, der darüber Bescheid weiß. He, du - komm mal her!«
Der Mann schaute dümmlich verlegen drein, als er sich auf einmal in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestellt sah.
»Ich hörte nur ... Na, eben, der Gentleman, der wie ein Affe aussieht, sagte zu Mr. Alford: ›Man wird ihr meiner Meinung nach nichts antun‹, und die Miss, die früher bei Seiner Gnaden angestellt war, jammerte in einem fort: ›Was mag ihr nur zugestoßen sein?‹«
»Hoffentlich geschieht bald etwas mit diesem Schwarzen Abt«, ließ sich der Wirt vernehmen. »Unsere Weiber sind schon so verstört, daß sie die halbe Nacht aufbleiben.«
Gilder blickte verbissen in die Runde.
»Mit dem räume ich heute noch auf!«
»Sie?«
»Ja.« Mehr sagte Gilder nicht. Es war weder der Ort noch der Zeitpunkt für Enthüllungen. Er kletterte in seinen Wagen und fuhr bis zum Tor der Schloßauffahrt. Hier stand ein Polizist aus Chelfordbury, der den Sommerfrischler aus dem Cottage der Red Farm kannte.
»Mr. Alford ist fort, Sir«, teilte er mit, »Sie können nur Sergeant Puttler sprechen. Ich habe zwar Befehl, keinen Fremden durchzulassen, denke aber, daß ich es Ihnen gestatten darf.«
Kaum hielt der Wagen vor dem Portal, tauchte von irgendwo der langarmige, wunderliche Mensch auf.
»Guten Morgen«, begrüßte ihn Fabrian.
»Guten Morgen, Mr. Gilder. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich möchte Miss Gine sprechen.«
Der Detektiv blickte ihn eine Weile melancholisch an.
»Miss Gine? Leider ist sie nicht anwesend.«
»Dann kann ich vielleicht Miss Wenner sprechen?«
»Die liegt zu Bett und darf nicht gestört werden.«
»Geht es ihr so schlecht?«
»Nicht schlecht, aber auch nicht gerade gut. Die Nacht in diesem unruhigen Haus ist ihr nicht bekommen, was
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