039 - Flucht in die Todeszone
Gespensterschlosses. »Gorm.«
»Stammst du… ahm… aus der Gegend hier?« In den abgrundtiefen Augen des Zwerges blitzte der Schalk. »Yeah«, sagte er gedehnt. Matt zuckte unweigerlich zusammen.
Irgendwie hatte er nicht erwartet, dass das Lebewesen überhaupt sprechen konnte, geschweige denn Englisch.
»Und was… machst du hier?«
»Ich bin so 'ne Art Berater.«
»Der Kveenie?«
»Yeah.« Gorm nickte. »Aber wenns nach Elys ginge, wäre ich schon längst an die Tenaaken verfüttert worden. Nehmt euch bloß vor der in Acht; die ist so falsch wie nur was.«
Matt blieb der Mund offen stehen. »Die Tenaaken?«
Gorm verzog den Mund. »Die possierlichen Tierchen, die im Sumpf leben«, erklärte er. »Sie haben lange Arme und achten drauf, dass niemand von hier verschwindet.«
»Wir sind ihnen begegnet«, sagte sich Matt.
»Aber reden wir über dich. Gibts noch mehr von deiner Art?«
»Früher mal.« Gorm schüttelte traurig den Kopf. »Jetzt nicht mehr.«
Er wirkte irgendwie traurig, deswegen beschloss Matt, nicht weiter in ihn zu dringen.
Er stellte ihm Fragen, die mit dem Nebelreich zu tun hatten, und erfuhr, dass die Armysten etwa tausend Köpfe zählten, dass der Titel der Kveenie erblich war, dass die Bewohner des Bunkers ihr beengtes Heim vor knapp zwanzig Jahren erstmals verlassen hatten und fast nichts über die fernere Umgebung wussten.
Er erfuhr auch, dass Elys und die Kveenie hinsichtlich der Oberwelt gegensätzliche Meinungen vertraten: Während die Herrscherin der Ansicht war, man müsse sie erforschen, gab Elys ständig zu bedenken, eine Expansion des Reiches werde die Macht der Kveenie schwächen. Deswegen achtete sie argwöhnisch darauf, dass die Armysten die Nebelwand nie verließen. Dabei halfen ihr die alten Quellen, die besagten, dass das Land dort draußen von Menschenfressern beherrscht wurde. Und sie vertrieb mit Hilfe der ihr treu ergebenen Empies jeden Fremdling, der sich zu nahe an den Bunker heran wagte.
»Ich fürchte«, sagte Gorm abschließend, »ihr werdet den Rest eures Lebens hier verbringen müssen. Elys ist gerade im Begriff, die Kveenie zu überreden, euch hier zu behalten.«
Matt drehte sich erschrocken um. Dabei fiel ihm auf, dass Orville, Fost und Swafhard verschwunden waren.
***
Das Dumme war, dass es Elys im gleichen Moment bemerkte. Sie sprang auf und brüllte Befehle. Ein Großteil der Empie stürmte aus dem Festsaal, die Musikanten beendeten ihr nervensägendes Geschrammel und fluteten wild durcheinander. Die Kveenie eilte zu Gorm, setzte ihn auf ihre Schulter, maß Matt mit einem vorwurfsvollen Blick und rauschte hinaus, als hätte sie Grund, um ihr Leben zu fürchten. Die verbliebenen Schweinebacken stürzten sich mit gezückten Waffen auf Aruula, Laara und Matt und drängten sie an die Wand.
»So danken uns eure Freunde also die Gastfreundschaft«, schnaubte Elys und drohte den Gästen, die nun allem Anschein nach wieder Gefangene waren, mit der Faust. Dann stürmte sie hinter ihren Leuten her. Man führte Matt und die Frauen durch einen Gang in einen salonartigen Raum. Die Tür schlug hinter ihnen zu.
Matt verfluchte die Goldgier Orvilles und seiner Helfer. Die drei Männer aus Chaago hatten mit ihrem Verschwinden alles zunichte gemacht, was er in mühsamer Konversation mit der Kveenie an Sympathie aufgebaut hatte. Matt bezweifelte nicht, dass sie die Suche nach dem Schatz wieder aufgenommen hatten.
Doch die Freiheit des Trios währte nicht lange. Nach einer knappen Stunde riss ein Empie die Tür auf. Orville, Swafhard und Fost flogen in den Raum hinein und landeten unsanft auf dem Boden. Sie wirkten leicht zerrupft.
Fost, der sich als Stärkster vermutlich am längsten gegen die erneute Gefangennahme gewehrt hatte, zierten zwei schnell zuschwellende blaue Augen.
Während das Trio sich ächzend am Boden wand, wurde die Tür erneut geöffnet und Elys stolzierte, von vier Empies eskortiert, zu ihnen herein. Sie verschränkte die Arme vor ihrem voluminösen Busen, musterte die Gefangenen mit einem giftigen Blick und fauchte: »Ich habe doch gewusst, dass man euch nicht trauen kann! Ich habt unsere Herrscherin hinters Licht geführt! Das wird euch noch Leid tun…«
»Elys…«, sagte Matt in dem fruchtlosen Ansatz, den Fluchtversuch des Trios zu erklären. Doch Elys fuhr ihm über den Mund, indem sie auf ihn zeigte und hervorstieß:
»Schweig! Du steckst mit ihnen unter einer Decke! Du hast die Gutmütigkeit der Kveenie ausgenutzt, indem du sie
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