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039 - Vor der Tür stand Frankenstein

039 - Vor der Tür stand Frankenstein

Titel: 039 - Vor der Tür stand Frankenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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die rechte Hand in seiner Jackentasche. Seine Finger
berührten das kühle Metall der Waffe. Es war, als ob er die Stimme seines
Freundes Alain hörte: »Wenn man ihnen begegnet – töten! Ihnen auf keinen Fall
zu nahe kommen! Dann gibt es nur eines: Sofort verbrennen, damit sich die Keime
nicht weiter ausbreiten können.«
    Ein tiefer Atemzug hob und senkte Lucells Brust. War Nicole Mercier zu
einer Tochter Frankensteins geworden?
    Der Boden knirschte unter seinen Schritten, trocken und hart brach ein Ast
unter seinen Füßen.
    »Nicole?«, rief er leise, aber deutlich, verhielt in der Bewegung und
starrte zu dem alten, überwachsenen Gemäuer hinüber. Die Fensterläden waren
geschlossen. Rechts vom Wohngebäude aus zeichnete sich schwarz und drohend das
Wasserrad ab. Leise rauschte der um diese Jahreszeit wasserarme Bach unter den
fauligen Bohlen.
    Plötzlich nahm Maurice Lucell die Bewegung auf der alten, mit meterhohem
Gras und Buschwerk verdeckten Bank wahr.
    Eine Frau erhob sich und kam langsam auf ihn zu.
    Nicole Mercier!
    Er erkannte sie auf den ersten Blick. Der untere Saum ihres Kleides war
aufgerissen, und ein etwa handbreiter Streifen davon abgetrennt. Nicole trug
diesen Fetzen wie einen Schal vor der unteren Hälfte ihres Gesichtes, als müsse
sie etwas verbergen.
    Der wolkige Himmel riss in diesem Moment auf und zeigte die zunehmende,
bleiche Sichel des Mondes. Das herabfallende Licht tauchte die Szene in ein unwirkliches,
gespenstisches Fluidum.
    Das Gesicht der Französin wirkte grünlich. Sie näherte sich mit langsamen
Schritten dem abwartenden Kommissar, der sah, dass sie auch den linken Unterarm
mit einem Fetzen aus dem Kleid verbunden trug. Er stellte sich vor, was sie
hinter dem Schleier und dem Armverband verbarg, und er umklammerte die Pistole
fester – bereit zu schießen, wenn sie näherkam.
    Doch sie blieb stehen. Ihre Stimme klang verändert, fremd, schwankte. »Ich
hatte Ihnen versprochen, Sie zu informieren. Das tue ich hiermit, wenn
vielleicht auch etwas zu spät.« Sie nahm den breiten Stofffetzen nicht von
ihrem Gesicht, während sie sprach.
    »Was ist gestern Abend geschehen, Nicole?«
    Sie senkte den Blick. Ihre Wimpern warfen dunkle Schatten auf ihr
grünlich-weißes Gesicht, das durch das Mondlicht noch gespenstischer wirkte.
»Jean kam. Er wartete auf mich im Zimmer. Er lauerte mir auf. Ich wurde zu spät
auf ihn aufmerksam, er warf sich über mich – und küsste mich.« Sie ließ
urplötzlich den Fetzen los, der die untere Hälfte ihres Gesichtes verdeckte. Es
war wie durch einen bösartigen Ausschlag entstellt – die Lippen geschwollen,
die Wangentaschen fleckig und wund, als hätte jemand mit eitrigen Fingernägeln
in ihrem Gesicht gekratzt und die Wangen aufgerissen.
    »Jean hat sich wie ein Wahnsinniger benommen. Er sah fürchterlich aus,
entstellt, verändert, unheimlich! Er schlug und küsste mich und hatte die
Absicht, mich zu töten – aber er brachte es nicht fertig. Schließlich rannte er
davon. Ich lag minutenlang wie gelähmt in meinem Bett, unfähig, einen klaren
Gedanken zu fassen, konnte nicht einmal um Hilfe rufen und handelte wie in
Trance. Es wurde mir nicht bewusst, dass ich einfach ein Kleid aus dem Schrank
zerrte und in die Nacht hinaus stürzte. Es ging irgendetwas in mir und mit mir
vor, das ich nicht begriff. Auch Jean muss es auf diese Weise erwischt haben.
Es verändert nicht nur den Körper, sondern auch den Geist. Er war benommen,
schien nur manchmal noch klar denken zu können. Auch mit mir. Ich wollte Sie
warnen, bevor es zu spät ist. Ich weiß nicht, wie ich vielleicht morgen
reagieren würde, ob Sie dann nicht von mir in eine Falle gelockt würden, ob ich
nicht den Wunsch hätte, auch Sie zu töten! Der Hass, die Gier zu vernichten,
ist schon manchmal in mir, aber ich kann das Unheimliche immer wieder
zurückdrängen. Bis jetzt ist es mir noch gelungen, wie lange aber finde ich
noch die Kraft? Sie haben mich gesehen und wissen nun, was passiert ist. Damit
habe ich meine Pflicht erfüllt. Ich selbst mache Schluss! Es gibt keine
Rettung!«
    »Vielleicht doch«, fiel ihr Maurice Lucell ins Wort.
    Über das entstellte Gesicht lief ein Zucken. Die Französin leckte sich über
die aufgeworfenen, schleimigen Lippen. »Hilfe? Für mich?« Er hatte ihr damit
keine Hoffnung geschenkt, im Gegenteil, es war, als wäre plötzlich Misstrauen
in ihr, das sie stutzig werden ließ. »Warum haben Sie dann Jean im Stich
gelassen, wenn Sie Ihre Hilfe so

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