0391 - Der flüsternde Tod
einiges zusammen.
Aus mehreren Teilen entstand ein Gebilde, das die meisten Zuschauer als Gesicht erkannten.
Ein Mädchengesicht.
Das der Zigeunerin Sarita!
Und plötzlich zuckten einige unter ihnen zusammen. Sie waren als Zeugen vor der Drogerie dabeigewesen, als das Mädchen von den Einwohnern des Ortes auf menschenunwürdige Art und Weise behandelt worden war und man sogar die Liston-Brüder auf Sarita gehetzt hatte.
Obwohl niemand wußte, was tatsächlich geschehen war, glaubten viele, daß Sarita letztendlich gesiegt hatte.
Auch noch im Tod…
Ihr Gesicht leuchtete wie eine fahle Projektion innerhalb der dunklen Knochenfratze. Augen, Nase und Mund waren deutlich zu erkennen. Nichts hatte sich verändert. Sie sah so aus, wie sie auch als lebendiges Wesen gewirkt hatte.
Dennoch war sie ein Geist…
Bleich, lauernd, wie aus einer anderen Welt kommend stand das Gesicht da und beobachtete stumm. Kein Ausdruck war in den Pupillen zu erkennen, aber die roten Lippen des Schädels bewegten sich.
Sein böses, unheimliches Flüstern begann.
Raunende, dennoch gut zu verstehende Worte drangen aus dem Mund, so daß die Menschen eine Gänsehaut bekamen, aber trotzdem gezwungen waren, zuzuhören.
Und der Schädel – es war kaum zu fassen –, sprach mit der Stimme des Mädchens Sarita.
Jeder fühlte sich angesprochen, obwohl sie sich eigentlich nur an einen Menschen wandte.
Es war Rolly Watson.
Ihn nahm sich der flüsternde Tod besonders vor!
***
Ich hatte einen Bogen geschlagen, entdeckte das fahle Glänzen im letzten Augenblick und wäre fast gegen den Stacheldraht gelaufen, der ein gewisses Gelände einfriedete.
So blieb ich zunächst einmal stehen.
Die letzten Sekunden hatten mich Luft und Schweiß gekostet, weil ich mich ziemlich schnell bewegen mußte. Der Wagen stand in sicherer Deckung. Suko, Tasso und ich hatten ihn verlassen und uns getrennt. An einem bestimmten Punkt wollten wir uns treffen.
Das war die Kirche.
Ich suchte den Turm, drehte mich um und sah den langen, oben spitz zulaufenden Schattenfinger in den Himmel ragen. Weit hatte ich nicht mehr zu laufen. Zudem gab es in Devon kaum große Entfernungen zu überbrücken.
Irgend jemand hatte nur seinen Garten mit Stacheldraht umfriedet. An der Rückseite ging ich entlang, erreichte bald darauf die Einmündung einer Gasse und sah die erste Spur.
Nicht auf dem Boden zeichnete sie sich ab, sondern an der Hauswand. Ich hätte sie noch mit der Hand erreichen können.
Das tat ich auch.
Gleichzeitig drückte ich mein Kreuz hinein und löschte sie auf diese Art und Weise.
Wieder ein Abdruck weniger.
Zur Kirche führten mehrere Wege. Sie lag ziemlich zentral, so daß ich von ihr aus auch den schwebenden Schädel über der breitesten Straße erkennen konnte.
Noch etwas war mir aufgefallen.
Devon wirkte zwar wie eine kleine Geisterstadt, trotzdem waren Geräusche zu vernehmen gewesen. Ein durch Hauswände gedämpft klingendes, fernes Tappen und Schleifen von Schritten, als hätten sich zahlreiche Menschen auf den Weg zu einem bestimmten Ziel gemacht.
Dieser Vermutung wollte ich später nachgehen. Zunächst einmal interessierte mich die Kirche.
Wir hatten uns den Vorplatz aus einem bestimmten Grund ausgesucht. Es war Suko aufgefallen, daß die zahlreichen Teufelsspuren trotz des anfänglich so anmutenden Durcheinanders doch eine bestimmte Symbolik aufwiesen, das heißt, eine Reihe bildeten, die auch ein bestimmtes Ziel besaß.
Das war die Kirche!
Ein Grund war ebenfalls vorstellbar, denn vor 150 Jahren hatte der Schrecken ebenfalls an einer Kirche begonnen.
Sollte sich das wiederholen?
Noch wußte ich nicht, ob es Übereinstimmungen zwischen demflüsternden Tod und dem Auftreten des Teufels gab, doch ich war fest entschlossen, es herauszufinden und glaubte auch daran, es schaffen zu können.
Je mehr ich mich meinem Ziel näherte, um so konzentrierter wurden die Spuren. Die einzelnen Hufeisen mit den Teufelsfratzen in ihrer Mitte rückten immer näher zusammen, so daß es mir vorkam, als hätte Asmodis hier sehr kleine Schritte gemacht.
Ich erreichte eine mit Kopfsteinen gepflasterte Gasse, folgte der unheimlich leuchtenden Spur, die auch gelbe Ränder gegen die Wände der die Gasse eingrenzenden Häuser warf und erreichte am Ende des schmalen Zugangs endlich den ebenfalls gepflasterten Vorplatz der Kirche mit einer kleinen Insel aus Muttererde in der Mitte, wo eine hohe Eiche hervorwuchs, die ihre Äste wie schützend über eine den Stamm
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