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0391 - Der flüsternde Tod

0391 - Der flüsternde Tod

Titel: 0391 - Der flüsternde Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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geöffnet worden, überall traten Menschen hervor, und einige von ihnen kletterten sogar aus den Fenstern. Es waren Frauen ebenso dabei wie Kinder. Letztere schon in Schlafanzügen oder Nachthemden. Die Kleinen hielten sich an den Händen ihrer Eltern fest.
    Und nichts war zu hören. Keiner sprach, niemand lachte oder weinte. Nur die Schritte der Menschen klangen so gleichförmig und roboterhaft durch die Stille.
    Ein jeder stand unter dem Bann des gewaltigen Schädels, der zwar noch immer über die Straße schwebte und wie eine dämonische Mauer alles blockierte, sich aber jetzt um seine eigene Achse drehte, damit jeder einmal in die leeren Augenhöhlen und vor allen Dingen auf die breiten, blutroten Lippen schauen konnte.
    Sie waren in die Breite gezogen, spannten sich wie zwei dunkelrot angestrichene Gummischläuche von einem Mundwinkel zum anderen und bewegten sich zitternd, ohne aber laute Worte auszusprechen.
    Der Schädel war das Ziel.
    Ein jeder, der ihn sah oder seine flüsternde Stimme innerhalb seines Kopfes als gefährliches und lockendes Raunen vernahm, hatte sich auf den Weg gemacht.
    Nur die Menschen, die an der Hauptstraße wohnten, hatte es bishererwischt, und auch Rolly Watson wurde von den Leuten überholt, die ihre Häuser rechts von dem seinen besaßen.
    Sie gingen vorbei.
    Er kannte sie alle.
    Da war der Fleischer, die kleine Verkäuferin aus dem Wolladen, die Familie mit den drei Kindern, die aus der Großstadt geflüchtet war, dann der Großbauer mit seiner Frau und der Gehilfe des Bürgermeisters. Sie gingen vorbei mit Gesichtern, die eine steinerne Starrheit zeigten.
    Für Rolly hatten sie keinen Blick. Allein der mächtige Schädel zählte, denn der flüsternde Tod hielt sie alle in seinem Bann.
    Er befahl, sie gehorchten…
    Und niemand von ihnen trat in eine der Teufelsspuren, obwohl diese so zahlreich vorhanden waren. Mit schlangengleichen Bewegungen umgingen sie die gefährlichen Stellen, um anschließend freie Bahn zu haben.
    Der Ruf lockte auch Rolly Watson.
    Eine Frau ließ er noch vorbei, dann ging auch er. Und er wunderte sich nicht über seine Bewegungen, denn sie glichen denen der anderen aufs Haar. Selbst in der Schrittfolge paßte er sich seinen Vorgängern an, um das Ziel zu erreichen.
    Schon bald verließ er den Gehsteig. Auf der Straße mußte er sofort einer Teufelsspur ausweichen. Das Gesicht darin verzog sich zur Grimasse, sah noch schauriger aus, aber es tat ihm nichts mehr.
    Die Kraft des flüsternden Tods war stärker.
    Und so schritten die Menschen ihm entgegen. Marionettenhaft wirkten ihre Bewegungen, aber – je näher sie kamen –, um so schneller gingen sie.
    Jeder hatte es eilig, als könnte er nicht erwarten, schnell genug in den Tod zu kommen.
    Auch Rolly Watson beeilte sich. Seine Beine bewegten sich von allein. Irgend jemand, den er nicht kannte, mußte ihm Schwung gegeben haben, und seine Arme bewegten sich wie Pendel zu beiden Seiten des Körpers.
    Der Schädel lockte, der Schädel rief.
    Schräg hatte er sich aufgebaut. In den gewaltigen Augenhöhlen gähnte die Leere, nur die Lippen, das Außergewöhnliche an diesem häßlichen Kopf, bewegten sich.
    So lange, bis alle ihn erreicht hatten.
    Und sie bildeten einen Kreis. Niemand schob, keiner drängelte sich vor, jeder stellte sich an einen bestimmten Fleck auf, wobei die Familien zusammenblieben. Allmählich breitete sich die Stille über dem Ort aus.
    Auch Rolly Watson stand wie festgewachsen und hatte den Kopf in den Nacken gelegt, denn er wollte ebenfalls so viel wie möglich von dem flüsternden Tod erkennen.
    Schräg blickte er gegen die dicken, blutroten Lippen, die fast die gesamte Breite des unteren Schädelteils durchzogen.
    Die Menschen warteten darauf, daß ihnen der Schädel etwas mitzuteilen hatte. Er konnte nicht allein gedanklich sprechen, das fühlte jeder und wurde unangenehm von diesem Anblick berührt.
    Der Schädel sorgte dafür, daß sich bei den Bewohnern von Devon das schlechte Gewissen regte.
    Da war ein für sie nicht faßbarer Druck, der auf ihnen lastete. Man forschte nach, ob man sich etwas hatte zuschulden kommen lassen und startete so etwas wie eine Gewissensprüfung.
    Der Schädel wartete.
    Er hatte Zeit, vielleicht die der Ewigkeit. Jede Sekunde arbeitete für ihn und verstärkte den Druck der Menschen.
    Noch blieb der gewaltige dunkle Knochenkopf ruhig, aber in seinem Innern, hinter der manchmal schichtartigen und porös wirkenden Haut tat sich trotzdem etwas.
    Da lief

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