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0393 - Der Vampir von London

0393 - Der Vampir von London

Titel: 0393 - Der Vampir von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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»Ich weiß es wirklich nicht. Vielleicht leide ich neuerdings unter schlafwandlerischen Anfällen?«
    »Glaube ich nicht«, widersprach er. »Schlafwandler stürzen sich nicht aus dem Fenster. Sie bewegen sich grundsätzlich mit einer solchen Sicherheit, daß ihnen nichts passieren kann. Du wärst mit Sicherheit nicht aus dem Fenster gesprungen, sondern hättest dich zur Tür begeben, wenn du eine Schlafwandlerin geworden wärest. Es muß etwas anderes sein, Sheila.«
    Sie schluckte. »Aber was? Ich verstehe das nicht.«
    In der vergangenen Nacht ihr Tobsuchtsanfall, jetzt das hier… sie war wohl wirklich reif für eine Therapie. So konnte es jedenfalls nicht weitergehen. »Wenn wir wieder zu Hause sind, gehe ich zu einem Arzt«, sagte sie entschlossen. »Ich muß wissen, was das ist.«
    Terence nickte. »Das wollte ich dir auch vorschlagen. Heute morgen war ich zwar noch nicht so sehr dafür… äh, gestern morgen«, verbesserte er sich nach einem Blick auf die Uhr. »Aber nach diesem Zusammenbruch auf der Brücke halte ich es doch für besser. Mit dir stimmt etwas nicht. Und wir müssen herausfinden, was es ist.«
    »Ja«, sagte sie. Sie berührte seine Lippen mit ihren zum Kuß.
    »Au!« schrie er auf und zuckte zurück. »He — wenn du schon so stürmisch wirst, mußt du aber nicht zubeißen, als wolltest du mich auffressen!« Er tastete nach seiner Unterlippe. »Du hast mich gebissen! Himmel, das tut ja weh!«
    Sie sah ihn bestürzt an. »Terry, das wollte ich nicht! Ich wollte dir nicht weh tun. Ich wollte dich nicht beißen…«
    Terence glaubte es ihr. Aber deshalb verstand er trotzdem nicht, wieso sie es getan hatte. Ihre Zungenspitze fuhr über die Kanten ihrer Schneidezähne, und sie sah wie hypnotisiert auf den kleinen Blutstropfen an seiner Lippe, den er jetzt abtupfte. Deutlich erinnerte er sich an den Vorfall der vergangenen Nacht. Daran, wie sie gefaucht und mit den Zähnen nach ihm geschnappt hatte…
    Mondsüchtig…? Sie schien unter einem unheilvollen Einfluß zu stehen.
    Sie erhob sich, kam auf ihn zu. Er lächelte verloren, als sie ihn umarmte und erneut küßte. Diesmal biß sie nicht zu. Aber sie hatte sich verändert. Sie küßte nicht mehr so, wie er es gewohnt war. Ihm war, als halte er eine andere, eine fremde Person in den Armen.
    Was ist das nur? fragte er sich. Und was kann ich tun, um Sheila zu helfen?
    Draußen bezog sich der Himmel wieder stärker. Der grau durch die Wolken scheinende Mond war restlos verschwunden. Es begann wieder zu regnen.
    ***
    Bereits in den frühen Vormittagsstunden erwachte Zamorra wieder. Er fühlte sich wie gerädert. Er hatte schlecht geschlafen und schlecht geträumt. Seine Traumvorstellung gaukelte ihm vor, Gryf befände sich in einer Gefängniszelle und werde von einem Vampir bedroht, der widerstandslos durch das Zellengitter floß und über den Druiden herfiel. Zamorra war jetzt sicher, daß etwas nicht stimmte. Er wanderte durch die Wohnung - von Gryf war keine Spur zu sehen. Der Druide war immer noch nicht von seinem abendlichen Ausflug zurückgekehrt. In der oberen Etage brauchte Zamorra erst gar nicht nachzusehen. Das war das Revier des alten Stephan Möbius, der hier ständiges Wohnrecht hatte, wenngleich er sich auch schon lange Zeit nicht mehr hier hatte sehen lassen. Zamorra konnte die Möbius-Wohnung jederzeit betreten, aber er wußte, daß Gryf das nicht tun würde. Wenn er zurückgekommen wäre, hätte er sich im Erdgeschoß eingefunden.
    Zamorra ließ sich in der kleinen Küche nieder und überlegte, während das Kaffeewasser sich erwärmte. Vielleicht war Gryf auf eine größere Sache gestoßen, der er jetzt im Alleingang nachspürte. Aber warum hatte er dann nicht wenigstens die Zeit gefunden, eine Nachricht zu hinterlassen? Er mußte doch wissen, daß seine Freunde sich um ihn sorgen würden!
    Und das Amulett…
    Zamorra spielte mit den Gedanken, es zu rufen . Es würde unweigerlich zu ihm kommen. Aber vielleicht benötigte Gryf es. Vielleicht beraubte Zamora ihn mit seinem Ruf dieser Hilfe. Das wollte er nicht riskieren. Er bedauerte, daß er keinen direkten Kontakt aufnehmen konnte, weder mit dem Druiden noch mit dem Amulett. Er wußte, daß er die Silberscheibe viel zu sehr vernachlässigt hatte. Merlins Stern, wie das Amulett auch genannt wurde, schien so etwas wie ein eigenes Bewußtsein zu entwickeln. Bisher hatte Zamorra nie die Zeit gefunden, sich näher damit zu befassen. Wenn es aktuell war, hatte er andere Dinge zu tun,

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