0393 - Staatsfeind nur für eine Nacht
dritten Mal wird er sich nicht die Zeit nehmen. Er wird einfach schießen, sich die Tasche aneignen und fliehen. Wer immer von uns der nächste Bote sein würde - er könnte sein Testament machen. Und die FBI-Nachwuchsstelle ist schon aus großem Nachwuchsmangel nicht erbaut davon, Selbstmörder in ihren Reihen zu haben.«
Phil kapierte langsam. »Willst du ihm eine Falle stellen?«, fragte er nach einigen Schweigeminuten.
»Genau«, antwortete ich, »und du kannst dich darauf verlassen, dass Crazy Bill in diese Falle tappt.«
Dann drückte ich den Knopf der Rundrufanlage und gab den noch im Hotel verbliebenen Leuten - Gäste, die Garney zunächst hatte »schonen«, wollen, Personal und Bedienung - die Anweisung, das Hotel sofort zu verlassen. Die Cops, die im Haus zu tun hatten, sollten die Räume überwachen, und auch unsere beiden Kollegen gingen hinein.
***
Nach einigen Minuten gingen auch Phil und ich in die Hotelhalle, wo sich Gäste und Personal trafen. Auch die Kollegen von der Feuerwehr waren noch da. In fast zehnstündigem Einsatz hatten sie Zimmer für Zimmer durchsucht, ohne auch nur einen einzigen Sprengkörper zu finden. Trotzdem war das keine ausreichende Gewissheit, dass die Bomben sich nicht im Hotel befanden.
Draußen rollten Busse eines Privatunternehmers vor, die die Feuerwehr bestellt hatte. Sie schafften die Gäste und das Personal ins Theaterviertel, wo ein geheizter Saal als Ausweichquartier zur Verfügung stand.
Ich hatte bereits Vorsorge getroffen, dass die Gäste dort von einigen Cops in Empfang genommen wurden, die die Identitätskarten kontrollierten, um »alte« Bekannte auszusieben.
Vierzehn Minuten nach Weavers Anruf hatte auch der letzte Hotelangestellte das Haus verlassen.
Ich ließ Phil und die beiden Kollegen in James Garneys Office, wahrend ich noch ein Telefongespräch führte. Dann holte ich unseren Lederkoffer aus dem Appartement.
Inzwischen war Garney geweckt worden. Mein Freund und ich schleppten ihn zum Ausgang, wo ein Taxi auf uns wartete.
Die Feuerwehr hatte ihre Löschgruppen in hundertfünfzig Yards Abstand aufgebaut und die Schläuche ausgelegt.
»Sieht wirklich nach Ernstfall aus«, murmelte Phil.
»Ich will hoffen, dass es bei dem Probealarm bleibt«, erwiderte ich. »Wir haben alles Menschenmögliche getan, das angedrohte Attentat abzuwenden.«
Das Yellow Cab rollte vor ein Hotel, das etwa zweihundert Yards von Garneys Haus entfernt lag.
»Außerdem habe ich die Cops alarmiert. Sie umstellen den Friedhof an der Amsterdam-Avenue, 155. West. Gleichzeitig werden Beamte die angrenzenden Häuser bewachen. Durch die Absperrung schlüpft kein Maulwurf. Noch einmal im Alleingang den Burschen fassen zu wollen, bedeutet Selbstmord.«
Phil pflichtete mir bei.
Wir stiegen aus, mieteten ein Doppelzimmer und ließen uns mit dem Lift nach oben fahren.
Als ich die Fensterflügel unserer Zimmer öffnen ließ, waren genau siebenundzwanzig Minuten seit dem Anruf des Gangsters vergangen.
Die Pumpen der Feuerwehr begannen zu tuckern. Wir hatten alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen.
Die beiden Gebäude links und rechts von Garneys Hotel und gegenüber waren Verwaltungsbauten, die nicht mehr bewohnt waren. Die Straße war abgesperrt.
Ich rückte fünf Stühle ans offene Fenster. Rechts von uns lag Hotel Beekman. Alle Lichter waren ausgeschaltet. Nur die Leuchtschrift zwischen dem sechsten und siebten Stock brannte noch.
Wir setzten uns in die Sessel. Ich löschte das Licht und dachte darüber nach, wie wir den Burschen am besten packen konnten, ohne dass er Unheil anrichtete.
Am Gebäude der Central Insurance gegenüber befand sich eine stockwerkgroße Uhr mit einem Sekundenzeiger.
Wenn der Gangster nach der Stoppuhr arbeitete, war in dreißig Sekunden die Explosion fällig.
Ich betrachtete James Garney, der auf der Vorderkante seines Sessels hockte und zu den zuckenden Neonbuchstaben seines Hotels hinüberstarrte. Die beiden Kollegen und Phil steckten sich eine Zigarette an.
»Darf ich Ihnen eine Erfrischung besorgen, Mister Garney?«, brach ich das Schweigen.
Der Hotelbesitzer schüttelte den Kopf.
»Sind Sie sicher, dass der Bursche seine Drohung wahr macht?«, raunte mir Garney zu, der langsam wieder zu sich kam.
»No. Sonst hätte ich längst Katastrophenalarm geben müssen. Aber ich glaube, es ist besser, wenn das Hotel bis morgen früh geräumt bleibt. Bis dahin sitzt Weaver in unserer Falle.«
Phil hörte mit halbem Ohr zu. Der Sekundenzeiger
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