0395 - Menschenschmuggel in Manhattan
unserer Gönner leben, es reicht einfach nicht, und so haben wir uns entschlossen, einen… wie soll ich sagen, einen freiwilligen Beitrag nach eigenem Ermessen der Kinder zu erbitten.«
»Von den Einwanderern?«, fragte ich, um sicher zu sein.
»Ich verstehe, was Sie meinen.« Paulding lächelte verlegen.
»Natürlich sollen sie uns den Beitrag erst geben, wenn sie Arbeit gefunden und sich selbst schon das Nötigste angeschafft haben. Und sie geben uns gern einen kleinen Betrag, weil sie wissen, dass wir damit ihren Freunden helfen, die nach ihnen kommen.«
»Kommt dabei so viel zusammen?«
»Nun ja, es sind sehr viele Kinder, die wir betreuen.«
Als er das Wort »Kinder«, sagte, zog wieder ein Ausdruck tiefen Bedauerns über sein Gesicht, so als wäre er der leibliche Vater, der für ihre Armut verantwortlich sei.
In dem Moment ging die Tür des Nebenzimmers auf, und Miss Rowland kam herein.
»Miss Sheridan arbeitet wohl nicht mehr?«, fragte ich.
»Nein«, lächelte Paulding, »sie hört um fünf Uhr auf, wir haben ganz geregelte Arbeitszeiten.«
Miss Rowland stellte uns das Tablett mit den Kaffeetassen hin und ging wieder hinaus.
»Wir sind aus einem bestimmten Grund hier«, sagte Phil nach einer Weile.
»Ja, das dachte ich mir. Um ehrlich zu sein, Sie haben mir ein Telefongespräch gespart.«
»Sie wollten uns etwas mitteilen?«
»Ganz recht. Miss Sheridan hat noch, kurz bevor sie ging, versucht, Sie zu erreichen, aber man sagte ihr, Sie seien unterwegs. Ich glaube, wir haben hier etwas für Sie gefunden!«
Er lächelte und glich einem Weihnachtsmann, der gleich seine Überraschung aus seinem Sack holt.
Dann nahm er eine hellblaue Plastikmappe von seinem Tisch und reichte sie uns.
Ich nahm sie in die Hand, und Phil schaute mir über die Schulter. Es waren die Papiere von Francisco Comala, den seine Freunde Chico nannten.
»Er ist also doch bei Ihnen gewesen«, stellte ich fest, nachdem ich alles durchgelesen hatte.
»Ja, wissen Sie, wir haben hier am Tag an die hundert Menschen. Es ist schwer, sich alle Namen zu merken, aber ich sagte es Ihnen ja gleich, irgendwie kam mir sein Gesicht bekannt vor. Er wollte sich nicht an unseren Fortbildungskursen beteiligen, er wollte unsere Zeitschriften und Aufklärungsblätter nicht haben, er ließ sich von uns nur zu Newton empfehlen. Aber er hat sich danach leider nicht mehr gemeldet. Ich fand es etwas undankbar, aber vielleicht tue ich ihm auch Unrecht.«
»Er hat Ihnen jedenfalls nichts für Ihre Bemühungen gezahlt?«
»Nein…« Paulding lächelte wieder gütig, »aber das kommt öfter vor, wir nehmen es nicht sö tragisch.«
»Wie prüfen Sie, ob die Papiere der Leute, die sich bei Ihnen melden, echt sind?«
»Echt? Nun, ich bitte Sie, die Leute kommen doch direkt von der Einwandererzentrale zu uns!«
»Was bedeutet das?«
»Nun, sie kommen in New York an, melden sich bei der Zentrale und werden von dort aus weiter geleitet, wenn alle Papiere ausgestellt sind. Wir sind natürlich nicht die einzige Organisation dieser Art, aber ich darf mich rühmen, einen guten Ruf zu haben.«
»Wie geht es nun im Einzelnen vor sich?«
»Die Kinder kommen her und bringen ein Formular mit, dass jemand bei der Zentrale unterzeichnet hat.«
»Wer zum Beispiel?«
»Entweder Miss Celine Kidder, sie ist sehr nett, oder Mister Snyder… Hier, sehen Sie, dieser Comala ist von Glen Snyder bearbeitet worden - wenn ich mir den Ausdruck erlauben darf.«
Er lachte etwas unmotiviert.
Ich prüfte die Unterschrift. In der Tat, Glen Snyder.
Ich kannte die Leute vom Einwandererbüro recht gut, einen Mister Snyder hatte ich noch nie gesehen.
»Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir ein paar von Ihren Akten durchsehen würden?«, fragte ich höflich.
Er sprang bereitwillig auf.
»Nein, selbstverständlich nicht, kommen Sie!«
***
Wir gingen hinter ihm her in den Nebenraum, wo Miss Rowland an einem Schreibtisch saß und Karteikarten ausfüllte. Als wir hereinkamen, sah sie kurz auf, dann schrieb sie weiter.
»Bitte, Miss Rowland, würden Sie den Herren behilflich sein?«, sagte Paulding. Sie stand auf.
Ich wandte mich an ihn: »Es wäre mir angenehm, wenn Sie dabei sein würden.«
»Natürlich gern, ich will Ihnen nach Möglichkeit helfen, nur… hier… ich bin da etwas ungeschickt.« Er lachte wieder und winkte Miss Rowland zu.
Sie trat vor die Aktenschränke, und wir gaben ihr die Namen von verschiedenen Puerto Ricanern an, die wir uns auf einen Zettel geschrieben
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