04_Es ist was Faul
doch.«
»Nein, haben wir nicht.«
Er hielt inne, starrte mich erneut an und warf dann einen
Blick auf seine Uhr. Er schüttelte sie, hielt sie ans Ohr und
schüttelte sie erneut.
»Hier«, sagte ich und gab ihm den Chronographen, den ich
trug. »Nimm einfach meinen.«
»Dank dir, sehr nett. Oh, ich sehe schon, ich hab mich geirrt.
Wir haben uns erst in drei Stunden gesehen! So ein Fehler tritt
leider häufiger auf. Ist dir etwas zu der Angelegenheit eingefallen, die wir diskutiert haben?«
»Nein, Dad«, sagte ich leicht verzweifelt. »Es ist ja noch nicht
passiert, oder?«
»Ach, du bist immer so linear«, murmelte er und verglich die
Attentäterin weiter mit seinen Bildern. »Ich finde, du solltest
deinen Horizont mal ein bisschen erweitern – bingo!«
Er hatte ein Foto gefunden, das meiner Attentäterin glich,
und las mir die Bemerkungen auf der Rückseite vor: »Teure
Berufskillerin, die im Gebiet Wiltshire-Oxford arbeitet. Sehr
niedlich und hübsch, aber außerordentlich tödlich. Ihr Spitzname ist Windowmaker.« Er unterbrach sich. »Muss das nicht
Widowmaker heißen?«
»Aber ich habe gehört, Windowmaker trifft immer«, sagte
ich. »Wenn sie einen Kontrakt auf dich hat, bist du töter als
Cordsamt.«
»Ja, das hab ich auch gehört«, sagte mein Vater nachdenklich. »Siebenundsiebzig Opfer. Achtundsiebzig, wenn sie es war,
die Samuel Pring erschossen hat. Sie muss absichtlich daneben
geschossen haben. Das ist die einzige Erklärung. Ihr bürgerli-cher Name ist jedenfalls Cindy Stoker.«
Das war eine Überraschung. Cindy war die Ehefrau von Spike Stoker, einem Beamten bei SO-17, mit dem ich ein paar Mal
zusammengearbeitet hatte. Ich hatte ihm sogar Tipps gegeben,
wie er Cindy am schonendsten beibringen könnte, dass er
seinen Lebensunterhalt mit der Jagd auf Werwölfe und Untote
verdiente.
»Cindy ist meine Attentäterin? Cindy ist der Windowmaker?«
»Du kennst sie?«
»Nicht direkt. Sie ist die Frau eines guten Freundes.«
»Na, dann werd lieber nicht zu vertraulich mit ihr. Sie wird
dich dreimal umzubringen versuchen. Das zweite Mal am
Montag mit einer Bombe in deinem Auto, und dann wieder am
Freitag um elf Uhr vormittags. Sie scheitert zwar jedes Mal, aber
am Ende kommst du zu dem Ergebnis, dass es besser ist, wenn
sie stirbt. Ich sollte dir das natürlich nicht sagen, aber wie wir
schon besprochen haben, gibt es Wichtigeres für uns zu tun.«
»Was denn?«
»Also bitte, meine kleine Kichererbse«, sagte er mit seiner
strengsten Papa-weiß-es-am-besten-Stimme. »Das kann ich jetzt
wirklich nicht alles noch einmal erklären. Ich muss wieder
arbeiten gehen. Im Finsteren Mittelalter braut sich ein Timephoon zusammen, und wenn wir den nicht rechtzeitig abstellen, müssen wir wieder ein Jahrhundert lang Anachronismen
aus dem Zeitverlauf klauben.«
»Halt mal! Soll das heißen, du arbeitest wieder für die Chrono-Garde?«
»Das hab ich dir doch schon alles erzählt! Bitte versuch doch
mal aufzupassen! In der nächsten Woche wirst du deinen
Verstand wirklich brauchen. So, und jetzt geh ins Haus, damit
ich die Welt wieder in Gang bringen kann.«
Er schien nicht gerade gesprächig, aber da ich ihn später treffen würde, konnte ich ja abwarten, dass er mir dann endlich
erklärte, was er von mir wollte. Jetzt jedenfalls hatte es nicht viel
Zweck, auf seiner Anwesenheit zu bestehen. Also ging ich brav
zurück über die Straße, und gerade als ich die Milchflaschen
aufhob, kehrte die Welt mit einem unhörbaren Klicken zu ihren
gewohnten Geschäften zurück. Die Taube flog weiter, der
Verkehr bewegte sich weiter, und alles war wieder normal. Die
Zeit war so vollkommen stehen geblieben, dass keinerlei Lücke
entstand. Ich wusste, was mir mein Vater erzählt hatte, aber das
war auch alles. Darüber war ich ganz froh, denn jetzt wusste ich,
dass ich nicht dauernd aufpassen musste, was Cindy als Nächstes vorhatte. Nicht dass Sie denken, dass ich mich auf ihren Tod
freute! Spike würde mir bestimmt böse sein und stinksauer
werden.
Ich kehrte in die Küche zurück, wo Mum immer noch heftig
dabei war, Speck und Eier für mich zu braten. Für sie und
Friday war ich weniger als zwanzig Sekunden lang weg gewesen.
»Was war das für ein Krach, als du an der Tür warst?«, fragte
sie.
»Vielleicht eine Fehlzündung?«
»Eigenartig«, sagte sie. »Ich hätte geschworen, dass es ein
Stahlmantelgeschoss war, das in einen Türpfosten schlug. Ein Ei
oder
Weitere Kostenlose Bücher