04_Es ist was Faul
Willenskraft durch die Augäpfel abgesaugt
wird. Sie haben mir versprochen, dass sie Landen zurückbringen, aber ich glaube nicht, dass sie es wirklich tun. Und dann
muss ich noch zehn Lastwagen mit verbotenen Büchern aus
England herausschmuggeln.«
Als das Lamento vorbei war, seufzte ich und verstummte.
Granny hatte nachdenklich zugehört, und jetzt erklärte sie:
»Weißt du, was wir tun sollten?«
»Nein. Was denn?«
»Wir sollten Smudger aus der Verteidigung nehmen und ihn
zum Flügelmann machen. Jambe spielt weiter als Stürmer, aber
Biffo –«
»Gran! Du hast mir überhaupt nicht zugehört, oder?«
Sie tätschelte meine Hand. »Aber natürlich hab ich dir zugehört. Hamlet lässt seine lustigen Weiber durch die Augäpfel aus
England herausschmuggeln, was zu einem Armageddon und
dem Tod des Präsidenten führt. Stimmt's?«
»Ach, vergiss es! Wie geht's dir denn? Hast du die zehn langweiligsten Bücher gefunden?«
»Allerdings«, sagte sie, »aber ich habe keine Lust, sie zu lesen,
denn ich habe das Gefühl, dass ich noch eine letzte Offenbarung
erlebe, ehe ich sterbe.«
»Und was für eine Offenbarung könnte das sein?«
»Keine Ahnung. Hast du Lust, Scrabble zu spielen?«
Also spielte ich mit meiner Großmutter Scrabble. Ich dachte,
ich würde gewinnen, bis sie auf einem Dreifachfeld das Wort
Kazik legte. Danach ging es bergab, und ich verlor 503 zu 319.
24.
Wieder zu Hause
»Das so genannte Holländische Ulmensterben hat überhaupt nichts mit Holland zu tun.« Dies ist die verblüffende
Feststellung des bekannten Forstwissenschaftlers Jeremy
Acorn von der Knotty-Pine-Arboreal-Research-Einheit.
»Jahrelang haben wir die Holländer wegen des Ulmensterbens verdächtigt, aber dank neuer Untersuchungsmethoden, die uns in den siebziger Jahren noch nicht zur Verfügung standen, steht jetzt fest, dass diese Viruskrankheit gar
nicht aus Holland, sondern aus Dänemark stammt. Es gibt
zwar keine Beweise dafür, dass sich die Dänen mit Baumkriegsstrategien befassen, aber ausschließen kann man es
auch nicht. Man darf nicht vergessen, dass wir zahlreiche
Eichen und Silberbirken in England haben, die gegen arboretische Angriffe nur unzureichend geschützt sind.« Der
Baumkrieg – was Sie jetzt wissen müssen! ExpertenRatschlag auf Seite 9.
ARBOREAL TIMES,
17. Juli 1988
Inzwischen musste ich mich schon ziemlich beeilen, wenn ich
noch vor meiner Mutter zu Hause sein wollte, und das wollte
ich unbedingt, denn ich war mir gar nicht sicher, wie sie darauf
reagieren würde, wenn sie feststellte, dass ich Friday von einem
Gorilla beaufsichtigen ließ. Möglicherweise war es ihr völlig
egal, aber das wollte ich lieber nicht ausprobieren.
Zu meinem Entsetzen sah ich sie schon auf unser Haus zugehen, als ich in unsere Straße einbog, und obendrein warteten
zahllose Journalisten auf mich. Erst nachdem ich tausendmal
»Kein Kommentar« zu meiner neuen Rolle als Manager der
Mallets gesagt hatte, ließen sie mich durch. Ich holte meine
Mutter gerade in der Sekunde ein, als sie den Schlüssel ins
Schloss stecken wollte.
»Hallo, Mutter«, sagte ich etwas atemlos.
»Hallo, Tochter.«
»Gehst du rein?«
»Ja, das mache ich meistens so, wenn ich nach Haus komme.«
»Einkaufen musst du wohl nicht mehr?«, fragte ich.
»Was versuchst du vor mir zu verstecken?«
»Nichts.«
»Dann ist es ja gut.« Sie stieß den Schlüssel ins Schloss und
warf mir einen misstrauischen Blick zu.
Ich rannte an ihr vorbei ins Wohnzimmer, wo ich Melanie
auf dem Sofa vorfand. Sie hatte die Füße auf den Teetisch gelegt
und schnarchte, während Friday friedlich auf ihrer Brust schlief.
Rasch ging ich wieder hinaus und schloss die Tür hinter mir.
»Er schläft!«, flüsterte ich meiner Mutter zu.
»Ach, der süße, kleine Engel! Lass mich mal sehen.«
»Nein, lieber nicht, er wacht so leicht auf.«
»Ich kann ja leise schauen.«
»Aber wahrscheinlich nicht leise genug.«
»Ich kann durch die Durchreiche gucken.«
»Nein, lieber nicht!«
»Warum denn nicht?«
»Weil sie klemmt. Wollt' ich dir schon heute Morgen sagen,
bin bloß nicht dazu gekommen. Erinnerst du dich noch, wie
Anton und ich da immer durchgeklettert sind? Hast du ein
bisschen Öl?«
»Die Durchreiche hat noch nie geklemmt –«
»Wie wär's mit einer Tasse Tee?«, fragte ich. Normalerweise
fand meine Mutter diesen Vorschlag unwiderstehlich. »Ich
wollte etwas mit dir besprechen. Ein seelisches Problem, bei
dem du mir
Weitere Kostenlose Bücher