04 - Herzenspoker
Cousine in mittleren Jahren, an die
er sich nur undeutlich erinnerte, stand plötzlich mit großem Reisegepäck, und
einem Brief von seinem Vater, dem Earl of Cramworth, vor der Tür. Ihr Name war
Miß Ruth Fipps. Sie war dick, nett und verblichen und überzeugt, dass sie
willkommen war.
»Ihr
Vater wird, alles erklären«, sagte sie. »Diese nette Haushälterin, Mrs.
Middleton, hat vorgeschlagen, dass ich das große Schlafzimmer neben dem Speisezimmer
beziehe und Sie und M Roger sich die Schlafzimmer im Stock darüber teilen.«
»Ach
nein, wirklich?« sagte Lord Guy freundlich, obwohl er, wünschte, Miß Fipps
würde wieder verschwinden. Er wartete, bis Alice seiner Cousine Tee serviert
und das Zimmer verlassen hatte. Dann öffnete er den Brief seines Vaters.
Der
Earl schrieb, dass er Guys Brief aus Portugal mit der Londoner Adresse erhalten
habe. Dann kam er vom Hundertsten ins Tausendste, als er über das Gut
berichtete, und beendete seinen Brief schließlich mit den Worten: »Ich schicke
Dir Miß Fipps, Deine Cousine und eine unserer armen Verwandten. Ich habe sie
eine Ewigkeit bei mir-gehabt und habe das Gefühl, dass es Zeit ist, dass
Du auch einmal die Verantwortung für die familiären Verpflichtungen mit mir
teilst. Wenn Du immer noch unter den Nachwirkungen des Fiebers leidest, kann
sie bei Deiner Pflege behilflich sein..Ich kann Dir auch noch Deine Großtante
Josephine schicken. Wenn Du jedoch beschlossen haben solltest, mich zu
erfreuen, indem Du Dir eine Frau nimmst - und ich meine nicht, die Frau
eines anderen -, dann kann Miß Fipps wieder zu mir kommen, und ich
erspare Dir Deine Großtante Josephine.«
Lord
Guy ließ den Brief sinken und lächelte Miß Fipps trostlos an. Diese nickte
unsicher und erwiderte sein Lächeln.
In
diesem Augenblick betrat Rainbird das Zimmer. »Darf ich Sie um ein Wort unter
vier Augen bitten, Mylord?« fragte er,
Überzeugt
davon, dass es Neuigkeiten von seiner Angebeteten gab, entschuldigte sich Lord
Guy bei seiner Cousine und zog Rainbird in die Halle hinaus.
»Mylord«,
sagte Rainbird mit
leiser
Stimme. »Miß Jones hat mich wieder um einen Rat gebeten.«
An
welcher Angelegenheit?«
»Miß
Jones möchte sich in der Gesellschaft zeigen und braucht eine vornehme
weibliche Begleiterin.« Rainbird blickte vielsagend auf die geschlossene Tür
zum Salon. »Und Sie, Mylord, haben überraschend Besuch von einer Cousine
bekommen.«
»Haben
Sie schon einmal von Machiavelli gehört, Rainbird?«
»Ja, Mylord. Das war
doch die Sache mit dem Zweck, der die Mittel heiligt, nicht wahr?«
»Ja,
allerdings. Warten Sie hier.«
Lord
Guy setzte sein gewinnendstes Lächeln auf und ging in den Salon zurück. »Meine
liebe Miß Fipps«, sagte er, »meine ganz liebe Miß Fipps. Ich möchte, dass Sie
mir einen Dienst erweisen, bei dem Sie sich ein nettes Sümmchen verdienen
können ...«
Sechstes Kapitel
Der Tag, an dem
Esthers Kindergesellschaft stattfinden sollte, begann kalt und sonnig.
Rainbird,
Angus und Joseph waren schon frühmorgens am
Berkeley
Square eingetroffen, um mit den Vorbereitungen zu beginnen. Es mussten ja nicht
nur Süßigkeiten für die Kinder, sondern auch Kuchen, Biskuits, Champagner und
Punsch für die Mütter vorbereitet werden.
Die
Gesellschaft sollte im Salon im Erdgeschoß stattfinden, während sich die Mütter
in den oberen Salon zurückziehen und dort essen und trinken sollten. Das Fest
sollte um zwei Uhr beginnen und um vier Uhr beendet sein. Lord Guy sollte genau
um zwei Uhr dreißig am Haus vorbeigehen.
Miß
Fipps, die als Gesellschafterin für Esther angestellt worden war, wurde nicht
in den Plan eingeweiht. Sie hatte den Auftrag, ihre Verwandtschaft mit Lord Guy
geheimzuhalten. Um ihrem Gedächtnis diese entscheidende Tatsache fest
einzuprägen, hatte ihr Lord Guy ein beträchtliches Sümmchen Geld gegeben.
Esther hätte normalerweise nicht im Traum, daran gedacht, jemanden
einzustellen, ohne Referenzen zu verlangen und diese genauestens zu prüfen,
aber sie brannte darauf, ihren ersten Auftritt in der Gesellschaft hinter sich
zu bringen, und war Rainbird überaus dankbar, dass er ihr in so kurzer Zeit zu
einer offenbar durchaus geeigneten Dame verholfen hatte. Sie engagierte Miß
Fipps nach einer nur zehnminütigen Befragung.
So
befand sich Lord Guys Cousine zum ersten Mal in ihrem, Leben in gesicherten
Verhältnissen und hatte Geld in der Tasche. Sie war sanft und leicht
zufriedenzustellen, aber sie aß gern reichlich, und für ihre
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