04 - Herzenspoker
Begriffe war der
Tisch des Earl of Cramworth zu spärlich gedeckt. Als eine arme Verwandte war
sie es,! gewohnt, sich still den verschiedenen Familien, bei denen sie jeweils
lebte, anzupassen. Sie gehörte zu den Frauen, die überhaupt keinen Geschmack
haben, wenn sie sich selbst kleiden, aber ein sicheres Auge für das, was
anderen gut steht. So Überredete sie Esther, einige Kleider wieder
abzubestellen wegen der - wie Miß Fipps es bezeichnete - »unglücklichen
Farbwahl«. Sie war überaus geschmeichelt, als sich Esther ihrer überlegenen
Klugheit beugte und zwei Kleider abbestellte, von denen das eine purpurrot und
das andere von einer schwermütigen schlammbraunen Farbe war. Alle Anzeichen
schienen auf einen günstigen Verlauf von Rainbirds Feldzug hinzudeuten.
Da
wurde Lord Guy, unmittelbar nachdem der Butler an diesem Morgen das Haus
verlassen hatte, zum Erscheinen vor der Gardekavallerie-Brigade
aufgefordert.
»Was
die wohl wollen?« fragte Mr. Roger.
»Vielleicht
wollen sie versuchen, Wellington eins auszuwischen. Diese Militärs bei der
Gardekavallerie meinen immer, sie könnten von London aus besser Schlachten
führen als der Befehlshaber an Ort und Stelle«, sagte Lord Guy. »Oder es könnte
natürlich auch den Skandal um seinen Bruder betreffen.«
Wellingtons
Bruder, Richard, Lord Wellesley, hatte eine riesige Aufregung verursacht, als
er mit großem Pomp und Getue eine gewöhnliche Hure namens Sally Douglas in
einem eigens für diesen Zweck geheuerten Schiff mit nach Spanien genommen
hatte.
Ach
hoffe nur, ich muss mir nicht ewig die Beine in den Bauch stehen«, sagte Lord
Guy. »General Warren Thomson ist derjenige, der nach mir geschickt hat. Er ist
ein alter Mann, und die alten Männer halten Wellington immer noch für einen
jungen Hitzkopf.«
Als die
beiden Freunde im Hauptquartier der Gardekavallerie ankamen, sagte man Lord
Guy, er müsse warten. Nachdem er eine Stunde lang in einem Vorzimmer auf und ab
gegangen war, wurde er schließlich in das Büro des Generals gebeten. Mr. Roger
setzte Sich hin, um zu warten. Die, Augen fielen ihm zu, und er begann gerade
ein Nickerchen zu machen, als er das Gefühl hatte, Manuel lausche an der Tür.
Mit
einem Ruck richtete er sich kerzengerade auf und öffnete die Augen. Manuel
stand jedoch drüben am Fenster und starrte schlechtgelaunt hinaus.
Mr.
Roger musterte den spanischen Diener. Es war unmöglich, dass er sich derart
schnell bewegt hatte. Er, Tommy Roger, musste phantasiert haben. Aber um
sicherzugehen …
»He,
Manuel«, sagte er. »Lauf runter und hol mir Zigarren. Es sieht so aus, als müssten
wir uns auf eine lange Warterei gefasst machen.«
Manuel
wandte sich um, stand dann ganz still, seine Augen gaben nichts preis. Eine
Minute lang dachte Mr. Roger, er werde sich weigern zu gehen. Doch Manuel
zuckte die Achseln, machte eine Verbeugung und ging.
Mr.
Roger nahm seinen Stuhl, trug ihn hinüber zur Tür, die" in das Zimmer des
Generals führte, lehnte ihn dagegen und setzte sich bequem hin. Er musste
wirklich mit Guy über diesen Spanier sprechen, war sein letzter Gedanke, bevor
er einschlief.
Esther hatte
Rainbirds Vorschlag befolgt und fünf Damen und deren Kinder eingeladen. Es
waren zwanzig Kinder im Alter von, drei bis vierzehn. Lady Partlett hatte fünf,
Mrs. Havers-Dunese sechs, die Countess of Resway zwei, Mrs. Dunstable
vier und die Ehrenwerte Clare French drei.
Alle
fünf Damen waren nach dem letzten Schrei gekleidet doch ihre Stimmen waren kalt
und spröde und ihre Blicke ausweichend. Ihre Augen glitten hierhin und dahin
und schätzten den Wert der Möbel, der Vorhänge und des neuen Kleides von Esther
aus grünem Seidenkrepp ab, das ihr sehr gut stand. Esthers Haare waren á la Grecque frisiert. Mit ihrer
hohen Gestalt und ihren schönen, wenn auch etwas strengen Zügen sah sie der
Göttin aus Lord Guys Träumen ähnlicher als je zuvor.
Die
Kinder wurden unter vielen Ermahnungen, sich gut Z benehmen und sich gut zu,
unterhalten, in den Salon im Erdgeschoß geschickt. Esther, die gern bei ihnen
geblieben wäre, um sich Rainbirds Vorführungen anzuschauen, musste zu ihrer Enttäuschung
feststellen, dass man von ihr erwartete" dass sie die Mutter im oberen
Salon bewirtete.
Die
fünf Damen stießen zahlreiche schmeichelhafte Gurrlaute, vor Entzücken über die
wunderbaren Köstlichkeiten, die man für sie bereitet hatte, und die Erlesenheit
des Champagners aus. Dann wandten sie ihre Aufmerksamkeit der Gastgeberin zu.
Es kam
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