04 Im Bann der Nacht
anfühlen könnte?
KAPITEL 24
I m Verlauf der folgenden drei Tage entdeckte Anna das wahre Vergnügen darin, die Gefährtin eines Vampirs zu sein.
Niemals in ihrer langen Existenz war sie so verwöhnt und geliebt worden, nie so glücklich gewesen. Und es ging um mehr als Cezars zärtliche Aufmerksamkeiten, obwohl diese genügt hätten, das Herz selbst der anspruchsvollsten Frau zufriedenzustellen. Welche Frau würde es nicht begrüßen, einen umwerfend attraktiven Mann zu haben, der ihr all ihre Wünsche von den Lippen ablas?
Aber darüber hinaus gab es auch noch die Tage, die sie mit Einkaufsbummeln an der Seite von Abby, Shay und Darcy verbrachte, und die Abende im Kreis von Vipers Clan, der sie nun wie selbstverständlich als eine der ihren behandelte.
So fühlte es sich also an, wenn man eine Familie hatte. Es war einfach wunderbar.
Trotzdem merkte Anna, dass Cezar trotz all des Glücks irgendetwas bedrückte. Er mochte ein Meister darin sein, seine Emotionen zu verbergen, aber sie war immerhin seine Gefährtin. Es gab keine Möglichkeit mehr für ihn, seinen Schmerz vor ihr geheim zu halten, wenn er sich die Versuchung ihres Blutes versagte. Oder die fortwährende
Angst, die sie ab und zu tief in seinem Herzen fühlen konnte.
Da hatte doch wieder dieses lästige Schicksal seine Hände im Spiel, von dem so ziemlich jeder zu wissen schien, mit Ausnahme von ihr selbst.
Vielleicht war es dumm, aber Anna weigerte sich standhaft, sich zu ausführlich mit der Zukunft zu beschäftigen. Im Laufe der Jahrhunderte hatte sie gelernt, dass wahre Glücksmomente viel zu selten im Leben vorkamen. Und dass sie viel zu vergänglich waren. Sie hatte die Absicht, diese Zeit zu genießen, solange sie konnte. Eine weise Entscheidung, wie sich bald herausstellen sollte …
In einem von Vipers zahllosen Schlafzimmern in Cezars Arme gekuschelt, schlief Anna gerade tief und fest. Doch ganz plötzlich bewirkte eine Lichtexplosion, dass sie sich abrupt aufsetzte, während ihre Kräfte die Luft bereits mit einem heißen, bedrohlichen Kribbeln erfüllten.
Halb erwartete sie eine Horde von wütenden Elfen und war erstaunt, etwas zu entdecken, das … na ja, sie war sich nicht ganz sicher, worum es sich genau dabei handelte.
Das Wesen wirkte durchaus menschlich. Eigentlich wirkte es wie ein kleines Mädchen, dessen winzige Gestalt von einer weißen Robe eingehüllt war. Aber nichts Menschliches lag in den seltsamen länglichen Augen, die komplett schwarz waren, oder in der uralten Weisheit, die in die zarten Gesichtszüge eingegraben war. Und dann gab es da noch ihre scharfen, spitzen Zähne. Du lieber Himmel!
Der Eindringling, der offensichtlich Annas Kräfte spürte, hob in einer Friedensgeste eine knotige kleine Hand. »Ich bin keine Feindin, Anna Randal«, sagte das Wesen mit einer leisen und eigenartig hypnotisierenden Stimme.
Nervös durch die unerwartete Erscheinung der Frau (ganz zu schweigen von der Tatsache, dass Cezar neben ihr sich nicht einmal geregt hatte), zog sich Anna die Bettdecke bis zum Kinn hoch.
»Weiß denn niemand in der Dämonenwelt mehr, wie man anklopft?«, murmelte sie.
Der kleine Kopf senkte sich, und ein langer grauer Zopf glitt über die Schulter der Gestalt und streifte dabei fast den Boden.
»Vergib mir. Es war nicht meine Absicht, dich zu erschrecken.«
Nicht ihre Absicht? Dann sollte sie vielleicht nicht unangemeldet in privaten Schlafzimmern auftauchen, dachte Anna insgeheim, war aber klug genug, diesen Gedanken für sich zu behalten. Sie war langsam dabei zu lernen, dass die Größe eines Dämons keinen Bezug dazu hatte, wie viel Macht er besaß.
»Wer sind Sie?«
Die Dämonin richtete sich auf und betrachtete sie mit diesen sonderbaren, starren Augen.
»Ich bin Siljar.« Sie neigte den Kopf zur Seite. »Nein, weder existiert irgendeine Verbindung zwischen mir und Morgana und ihren Elfen, noch habe ich deinem Vampir irgendeinen Schaden zugefügt.«
Anna hielt die Luft an, als die Frau die Fragen beantwortete, die ihr auf den Nägeln brannten. »Wie haben Sie …«
»Ich kann Gedanken lesen«, unterbrach Siljar sie. Als sie Annas Unbehagen spürte, nickte sie verständnisvoll. »Ja, das ist recht beunruhigend für jene, die meine Gabe nicht gewohnt sind.«
Es war mehr als beunruhigend, aber Anna hatte größere Sorgen als die, welche zufälligen Gedanken die Frau vielleicht
gerade las. »Was haben Sie mit Cezar gemacht?«, fragte sie, und ihr Blick glitt zu dem bewusstlosen Vampir an
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