04 Im Bann der Nacht
der Ferne hörte. Mit einer Geschwindigkeit, die nur ein Vampir an den Tag legen konnte, schoss er durch den Flur, wobei er erleichtert war, dass das Haus an diesem späten Nachmittag angemessen gegen die Sonne geschützt war. Natürlich hatte er von Styx nicht weniger als das erwartet.
Der Schrei hing noch immer zitternd in der Luft, als Cezar die Tür aufstieß. Mit nichts außer seinen silbernen Boxershorts bekleidet, war er dennoch auf einen Kampf vorbereitet, als er die Schwelle überquerte. Er hielt zwei Dolche in der Hand, ein zusammenpassendes Paar von Handfeuerwaffen war um seine Brust geschnallt. Ein Wächter für die Orakel zu sein hatte für eine gute Ausbildung gesorgt …
Nach einem schnellen Blick auf den dunklen Raum und das angrenzende Badezimmer hatte er sich vergewissert, dass in den Ecken keine Feinde lauerten. Er trat an das Bett und fand Anna noch immer fest schlafend vor. Ihr schönes Gesicht war gerötet, als sie sich in den Qualen ihres Albtraumes wand.
Abrupt durchströmte ihn eine heftige Woge der Erleichterung und zwang ihn beinahe in die Knie. Cezar stapelte seine Waffen auf dem Nachttisch und schlüpfte unter die Decken, um Annas zitternden Körper in seine Arme zu nehmen. Dios . Er hatte schon befürchtet … Zum Teufel, er
konnte sich nicht einmal selbst dazu bringen, darüber nachzudenken, was er befürchtet hatte. Nicht jetzt, als er Anna fest in den Armen hielt, ihr Herz wie wild gegen seine Brust schlug und sie instinktiv mit den Händen seine Arme umklammerte.
Einen Moment lang genoss Cezar das Gefühl ihres warmen Körpers, der sich bereitwillig an den seinen schmiegte. Er hatte schließlich lange genug gewartet, um noch einmal diesen berauschenden Genuss zu spüren - sie einfach in seinen Armen zu halten. Er vergrub sein Gesicht in ihren weichen Haaren, nahm ihren süßen, leicht fruchtigen Duft in sich auf, und seine Hände glitten an ihrer Wirbelsäule entlang nach oben.
Sie trug nicht mehr als ein dünnes Nichts aus Seide und Spitze, das Darcy ihr geliehen haben musste, aber im Augenblick war Cezar mehr darauf bedacht, ihre Angst zu lindern, als ihre Leidenschaft zu wecken. »Ganz ruhig, Anna«, flüsterte er immer wieder und streifte leicht mit seinen Lippen ihr Ohr.
Allmählich ließ ihr Zittern nach, und einen wunderschönen Moment lang schmiegte sie sich an seinen harten Körper, als ob sie Trost suche. Cezar schlang die Arme fester um sie und fuhr mit seinem Wispern fort. Ein seltsam friedliches Gefühl breitete sich in seinem Herzen aus, und Cezar wurde sich der Tatsache bewusst, dass er die Zeit genau in diesem Moment angehalten hätte, wenn er die Macht dazu besessen hätte. Wenn er diese Frau mit seinen Armen umschlang, schien sich die restliche Welt jedes Mal in weiter Ferne zu befinden. Doch obgleich er ein unübertroffener Krieger und hervorragender Wächter war, erstreckten sich seine Fähigkeiten leider nicht auf das Anhalten der Zeit.
Anna seufzte leise, und ihr Atem strich über die bloße Haut seiner Brust. Dann öffnete sie die Augen, um ihn mit benommener Verwirrung anzusehen. »Cezar?«
»Si.«
Ihre Hände, die ihn zuvor noch umklammert hatten, gingen nun dazu über, ihn voller Angst wegzustoßen. »Was zur Hölle machen Sie in meinem Bett?«
Seine Arme hingegen weigerten sich, sich von der Stelle zu rühren. Der Traum hatte sie erschüttert, und Cezar würde sie nicht verlassen, bevor er herausgefunden hatte, worum es darin gegangen war. »Du hast im Schlaf geschrien.« Er legte den Kopf auf das Kissen und forschte mit dem Blick in ihren angestrengten Zügen. »Ich dachte, ich sollte dich besser wecken, bevor die Polizei kommt und die Angelegenheit untersucht.«
Die hinreißenden haselnussbraunen Augen verdüsterten sich, als die Erinnerung an ihren Traum sie überkam. »Oh.«
»Erzähl es mir.«
»Was erzählen?«
»Den Traum.«
Sie zog die Brauen zusammen. »Warum?«
Er zögerte, bevor er antwortete. Sie war bereits verwirrt genug, nun, da sie in eine Welt gestoßen worden war, von der sie bislang kaum wusste, dass sie überhaupt existierte. Das Letzte, was er wollte, war, sie dadurch in völlige Panik zu versetzen, dass es Dämonen gab, die die Fähigkeit besaßen, durch Träume zu sprechen oder sogar anzugreifen. »Möglicherweise ist es von Bedeutung, querida «, murmelte er schließlich.
»Was könnte denn an einem Traum von Bedeutung sein?«
»Ich weiß es nicht, wenn du es mir nicht erzählst.« Er studierte ihren störrischen
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