04 Im Bann der Nacht
fest und voller Entschlossenheit. »Er hat gesagt, dass Anna unverletzt ist, aber dass er sie nicht aufwecken kann. Er fürchtet, dass sie in eine Art Trance gefallen sein könnte.«
Die kalte Furcht, gegen die er angekämpft hatte, seit er Annas Notlage gespürt hatte, drohte Cezar zu überwältigen. »Was ist mit ihnen geschehen?«
Darcy schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Levet hat nur gesagt, dass Morgana versucht hat, sie mit einem Portal zu fangen, und dass Anna ihre Kräfte benutzt hat, um sie zu befreien. Er konnte nicht lange reden, weil er befürchtet hat, Morgana könnte seine Stimme zurückverfolgen.«
Styx legte Cezar eine Hand auf die Schulter, als spüre er den reinen Schmerz, der das Herz seines Freundes wie in einem Schraubstock gefangen hielt. »Darcy, kannst du Anna aufspüren?«, erkundigte er sich.
»Nur wenn wir nahe genug herankommen.« Sie drückte Cezars Finger leicht. »Shay ist auch hier. Gemeinsam werden wir sie finden.«
Cezar befand sich bereits auf dem Weg zur Tür. »Dann lasst uns gehen!«
Anna träumte. Dieses Mal war es ein stinknormaler, altmodischer Traum.
In diesem Traum kam ein Dämon vor. Ein attraktiver, unverschämt appetitlicher Dämon, der alle möglichen Sachen mit seinen Händen, seinen Lippen und seiner Zunge machte. O ja, definitiv mit seiner Zunge …
»Anna, Anna«, flüsterte er. Seine Stimme war seltsam hoch und hatte einen französischen Akzent. Einen französischen Akzent? Mist.
Die wunderbare Vorstellung von Cezar begann ihr zu entgleiten. Mit einem bedauernden Aufseufzen öffnete Anna mühevoll ihre schweren Lider, um festzustellen, dass Levet sich besorgt über sie beugte.
» Mon dieu , du hast mir Angst eingejagt«, keuchte er, und sein warmer Atem streifte ihre Wange. »Ich konnte dich nicht wecken. Hast du dir den Kopf angeschlagen?«
Anna setzte sich auf und tastete nach ihrem Kopf, der bei ihrer plötzlichen Bewegung missbilligend hämmerte. »Fühlt sich so an.«
Einen Moment lang konzentrierte sie sich einfach auf den unangenehmen Schmerz in ihrer Stirn. Als ihr dann langsam bewusst wurde, dass ein Teil von ihm auch daher rührte, dass sich etwas in ihre Handfläche bohrte, ließ sie die Hand sinken, um sich den herrlichen Smaragd genau anzusehen, der an einer alten Silberkette hing, die zwischen ihren Fingern lag.
»Sacrebleu.« Levet starrte sie mit aufgerissenen Augen an. »Woher hast du den denn?«
Ach, das ist bloß eine Kleinigkeit, die mir von meinem Urahn
gegeben wurde, bei dem es sich übrigens um König Artus handelt, der tot ist und in einer alten Ruine spukt.
Anna unterdrückte den Drang zu lachen und entschied sich dann für die harmlosere Variante. »Würdest du mir glauben, wenn ich sagte, er stammt aus einem Traum?«
»Aus einem Traum?« Levet stand auf und fuchtelte mit den Händen über seinem Kopf herum. »Das darf doch nicht wahr sein! Meine Träume bescheren mir nicht mehr als einen trockenen Mund und einen steifen Hals, und deine Träume beglücken dich mit Juwelen. Das Leben ist so ungerecht.«
Anna rollte mit den Augen und wünschte dann, es nicht getan zu haben, als ein scharfer Schmerz ihren Kopf durchzuckte. Sie hatte einen unbezahlbaren Edelstein, aber er könnte genauso gut irgendein Felsbrocken sein, wenn sie nicht lernte, wie sie ihn benutzen musste, um ihre Kräfte zu kontrollieren.
»Ich bin ganz deiner Meinung.« Geistesabwesend streifte sie die Strohhalme von ihren Jeans und sah dann irritiert Levet an, als ihr verspätet klar wurde, dass die Nacht hereingebrochen war, während sie geschlafen hatte. Gott, sie war stundenlang weggetreten gewesen! »Wie spät ist es?«
»Kurz nach der Abenddämmerung.« Der Gargyle schwieg einen Moment und legte seine Schnauze in Falten. »Es ist mir gelungen, Kontakt zu Darcy aufzunehmen.«
Erleichterung überkam Anna. Ein blödes Gefühl, wenn man bedachte, dass sie eigentlich zu den Frauen gehören wollte, die auf sich selbst aufpassen konnten. Trotzdem war es so. »Wie hast du das denn gemacht? Du hast doch gesagt, es wäre zu gefährlich, ein Portal zu benutzen.«
»Ich konnte dich nicht aufwecken, also bin ich das Risiko
eingegangen.« Die hauchzarten Flügel sanken nach unten. »Ich hoffe, diese Tat bleibt ungestraft.«
»Werden sie uns finden können?«
Levet zuckte die Schultern. »Eine Werwölfin und eine Shalott suchen nach uns, ganz zu schweigen von einem ganzen Rudel Vampire. Es wird möglicherweise eine Weile dauern, aber sie werden uns
Weitere Kostenlose Bücher