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04 - komplett

04 - komplett

Titel: 04 - komplett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 2 Romane
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Regen rein zufällig kurz vor diesem entlegenen Gasthof einen Holm verloren. Was als harmlose Fahrt von Richmond nach London begonnen hatte, schien sich nun als geplante Verführung zu entpuppen.
    Etwas in dieser Art erlebte Eleanor nicht zum ersten Mal – das schien die Folge zu sein, wenn man keine fleckenlose Reputation besaß und keinen Schutz bietenden Ehemann. Doch hatte sie die Situation noch nie derart falsch geschätzt, indem sie ihren Begleiter, Sir Charles Paulet, der erst zweiundzwanzig Lenze zählte und als Poet galt, für ungefährlich und ausreichend ehrbar hielt. Dies schien sich nun als falsch herauszustellen.
    Richtig hingegen war, dass Sir Charles sich seit etwa einem Monat mittels seiner schlechten Dichtkunst den Weg in ihr Bett zu bahnen hoffte. Doch waren die Avancen des Baronets, eines hochaufgeschossenen, exaltierten jungen Mannes, der an der Wahnvorstellung litt, ein zweiter Lord Byron zu sein, ihr weniger widerwärtig erschienen als die der anderen Galane der Saison. Die einzige Gefahr, in der sie bei ihm zu schweben meinte, war die, von seinen Versen zu Tode gelangweilt zu werden.
    Zurzeit befand er sich noch im Hof, wo er seinem Kutscher und seinem Kammerdiener Anweisungen erteilte, doch war ihr klar, dass er ihr bald in den Salon folgen würde.
    Den Blick auf ihr durchnässtes Abbild in einem der Spiegel gerichtet, seufzte Eleanor.
    Hier stand sie, Lady Mostyn, durchaus gut aussehend, neunzehnjährig, trotz ihres zarten Alters aber bereits allseits berüchtigt dafür, binnen weniger Stunden geheiratet und verlassen worden zu sein. Lebhaft erinnerte sie sich daran, wie sie vor noch nicht allzu langer Zeit in die Gesellschaft eingeführt worden war. Während dieser Zeit hatte man ihr die gewissenhafte Höflichkeit gewährt, die allen Debütantinnen zustand. Inzwischen aber galt sie als potenzielles Opfer eines jeden Wüstlings in der Stadt.
    Denn als sie es, Wochen nach ihrer skandalösen Heirat, wieder wagte, sich öffentlich zu zeigen, wurde, wie vorherzusehen, in der feinen Gesellschaft erneut böswillig über sie getuschelt. Sie aber wollte beweisen, dass sie nicht trauernd zu Hause saß, während ihr Gatte – den Gerüchten zufolge – einer Opernsängerin auf den Kontinent gefolgt war. Immerhin besaß sie genügend Trevithick-Stolz, um in dieser misslichen Lage in ihrem Widerstandsgeist Halt und Trost zu finden.
    Eleanor streifte ihren nassen Umhang ab und drapierte ihn über einen Sessel vor dem Kamin. Jetzt wusste sie, dass sie die Macht der Gerüchte unterschätzt hatte, denn es wurde vor keiner Verleumdung zurückgeschreckt. So hieß es, sie sei mit Kit Mostyn durchgebrannt, um einer Zwangsheirat zu entgehen, jedoch habe er in der Hochzeitsnacht entdeckt, dass sie nicht mehr unberührt war, und sie deshalb verlassen. Anderen zufolge habe sie ihren Gemahl hinausgeworfen, weil er sie mit abartigen sexuellen Neigungen belästigte. Erneut seufzte Eleanor. Ein Makel haftete ihr an, sodass die achtbaren Damen der Gesellschaft sie mieden, als habe sie eine ansteckende Krankheit, während etliche Junggesellen und Lebemänner ständig lüstern um sie herumstrichen. Am schlimmsten aber fand sie, dass sie sich selbst einige Schuld an ihrer Lage geben musste.
    Denn selbstverständlich hatte ihre Mutter gefordert, sie solle sich, der Etikette gehorchend, in die Einsamkeit zurückziehen. Indem sie mutig dem Tratsch die Stirn bot, entsprach sie erst recht der schlechten Meinung, die allgemein schon von ihr herrschte. Dabei amüsierten sie anfangs noch die Möglichkeiten, die ihr mit einem nicht mehr lupenreinen Ruf offenstanden, denn das Leben erschien ihr weniger langweilig als das einer Debütantin oder gehorsamen Ehefrau. So flirtete sie ein wenig mit dem einen oder anderen Frauenhelden herum und ließ sich auch einoder zweimal küssen, um Rache an Kit zu üben, die sie aus ganzem Herzen ersehnte.
    Sie zog sogar in Erwägung, sich einen Liebhaber zuzulegen, oder gar zwei zur selben Zeit ...
    Diese frivolen Ideen aber büßten schnell ihren Reiz ein, denn sie war für so etwas nicht geschaffen. Plumpe Vertraulichkeiten und die Selbstherrlichkeit der sie umwerbenden Herren waren ihr letztlich ein Gräuel. In den letzten Wochen hatte sie sich gezwungenermaßen mit Ohrfeigen, Tritten gegen das Schienbein und einmal sogar mit einer Bibel zur Wehr gesetzt. So also stand es um sie als verlassene Braut, deren Gatte es offenbar vorzog, sein Vergnügen anderswo zu suchen.
    Zum Aufwärmen setzte sie

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