Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
04 - Lebe lieber untot

04 - Lebe lieber untot

Titel: 04 - Lebe lieber untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberly Raye
Vom Netzwerk:
nicht.
    „Ihr könnt meinen Wagen nehmen“, bot meine Mutter an.
    Wagen stand umgangssprachlich für das über alles geliebte rote V8-Porsche-Cabrio meiner Mutter, das sie mich nie - ich wiederhole: nie - auch nur anfassen, geschweige denn fahren ließ.
    Bis auf jenes eine Mal.
    Aber dann hatte sie die Rechnung für den ganzen Schaden erhalten, den dieser Telefonmast angerichtet hatte, der aus dem Nichts mitten auf der Straße aufgetaucht war - ich schwöre! Und meine Porsche-Privilegien waren denselben Weg gegangen wie die einäugige karibische Werkrabbe.
    Sofort tauchte vor meinem inneren Auge die Vision meiner selbst auf, wie ich, umgeben von weichem italienischem Leder, über die nächtliche Straße sauste, die Stereoanlage weit aufgedreht, das Haar vom Wind zerwühlt: die Herrscherin über so viel Kraft. .
    Ein paar Drinks konnten doch nicht schaden, stimmt's?
    Ich meine, sicher, ich war vielleicht nicht gerade das leuchtende Beispiel, was Selbstbeherrschung anging, aber ich konnte meine Finger durchaus bei mir behalten, wenn es darauf ankam, meiner Mutter zu beweisen, dass sie mir den Porsche ruhig ab und zu mal ausleihen konnte.
    Ich nickte. „Drinks wären okay.“
    „Wunderbar.“ Meine Mutter lächelte und griff nach dem Schlüssel. „Remy kann fahren.“
    War ich vom Pech verfolgt oder was?
    Remy ging schon mal das Auto holen, während ich meinen Kummer in einem weiteren Glas nährenden roten Nasses ertränkte und versuchte, mir eine Ausrede einfallen zu lassen, wieso ich auf der Stelle gehen musste.
    Ich hatte mich noch nicht zwischen „In der New Yorker U-Bahn wurde eine Atombombe versteckt, und ich bin die Einzige, die der Polizei deren genaue Position zeigen kann, bevor sich die ganze Stadt in einer pilzförmigen Wolke auflöst“ und „Ich hab das Bügeleisen angelassen“
    entschieden, als mein Handy klingelte.
    „Sie ist weg“, sagte Vinnie, sobald ich die Taste gedrückt hatte.
    Mein Herz setzte aus. Ich vergaß die Flasche, an der ich eben noch gesaugt hatte, und verzog mich in eine entlegene Ecke, in der niemand mein Gespräch belauschen konnte. „Was meinen Sie mit weg?“
    „Ich meine weg, so wie in zack, der Fernseher läuft noch und alle Lampen sind an, aber sie ist nicht mehr da.“
    „Sie muss doch irgendwo sein.“ Sie konnte sich doch nicht einfach so in Luft aufgelöst haben.
    Oder?
    Auch wenn in keinem der Filme, die ich mir letzte Nacht angesehen hatte, irgendwelche Verschwindetricks vorgekommen waren, so war ich mir doch keineswegs sicher, ob so was nicht doch im Bereich des Möglichen lag.
    „Haben Sie sich umgehört? Vielleicht ist sie ja nur zum Supermarkt oder in den Waschsalon gegangen.“
    „Wen interessiert das? Die Sache ist die: Sie ist weg, und ich geh jetzt nach Hause.“
    Panik erfasste mich. „Aber wir müssen sie finden.“
    „Irgend so 'ne Tussi zu finden gehört nicht zu meiner Aufgabe. Ich sollte sie nur beobachten und meine Hände von ihr lassen. Mission erfüllt. Jetzt muss ich schlafen.“
    „Aufopferungsbereitschaft“, stieß ich hervor. „Um seine innere Schwuchtel wirklich zum Vorschein zu bringen, muss man die Schichten der Selbstsucht abschälen.
    Wenn Sie jetzt Ihren Schlaf opfern, sind Sie Carmen schon wieder eine Schicht nähergekommen.“
    „Sie haben wirklich einen an der Waffel, Lady.“
    „Fein. Dann hören Sie eben nicht auf mich. Aber wenn Ihre Mutter ein halbes Dutzend Ave-Marias betet für ihre jämmerliche Witzfigur von Sohn, der es nicht mal übers Herz bringt, ein paar erbärmliche Stunden Schlaf zu opfern, damit sie endlich ein Enkelkind -“
    „Is ja schon gut, schon gut.“ Er seufzte. „Sagen Sie, kennen Sie meine Mutter vielleicht? Ich schwöre, wie sie sie gerade beschrieben haben, das ist sie ganz genau, wie sie leibt und lebt.“
    „Nur gut geraten.“ Und jede Menge Erfahrung.
    Mein Blick glitt zu meiner eigenen Mutter, die mich anstarrte und mit den Lippen die Worte „Beeil dich“ formte.
    „Bleiben Sie, wo Sie sind. Ich bin gleich bei Ihnen“, sagte ich zu Vinnie. „Ein Dating-Notfall“, verkündete ich, während ich mir meine Tasche griff und in Richtung Haustür marschierte. „Ich muss ins Büro.“ Irgendwo draußen schnurrte ein Motor, und ich fügte hinzu: „Sagt Remy, dass es mir leid tut.“
    „Aber“, die Stimme meiner Mutter verfolgte mich, „ihr beide habt doch noch gar keine Zeit gehabt, euch richtig kennenzulernen.“
    Vielleicht war ich doch nicht so ein Pechvogel, wie ich gedacht

Weitere Kostenlose Bücher