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04 - Lebe lieber untot

04 - Lebe lieber untot

Titel: 04 - Lebe lieber untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberly Raye
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Atmung verlangsamte sich, und meine Glieder wurden schwer. Das rhythmische Schlagen der Schwingen wurde leiser und verwandelte sich in das heftige Klopfen meines eigenen Herzens, und dann war ich wieder Lil, der lebenslustige Vampir, und nicht länger Lil, die bösartige Kampffledermaus.
    Mein erster Instinkt war loszuheulen.
    Ich schaute auf die umgefallenen Schuhkartons und leeren Kleiderbügel und kniff die Augen zusammen.

    Na gut, alles klar. Möglicherweise war mein erster Gedanke, einem gewissen Dämon kräftig den Arsch zu versohlen.
    Aber da besagter Dämon nach wie vor meiner loyalen Assistentin gehörte, die momentan als bewusstloses Häufchen Elend auf dem Bett lag, zügelte ich mein Temperament. Ich zwang mich, in die Küche zu gehen, um die Sprühflasche mit dem restlichen Weihwasser zu holen.
    Zurück im Schlafzimmer, verschloss und verriegelte ich das Fenster. Statt das Zeug nur am Rand aufzusprühen, wie ich es zuerst getan hatte (wobei genug Platz frei geblieben war, um das Fenster zu öffnen und Sachen hinauszuschmeißen, ohne die heilige Barriere zu verletzen), zielte ich jetzt auf das Glas selbst und legte los. Wasser ergoss sich über die Scheibe, lief in kleinen Rinnsalen hinab, die auf den Holzfußboden hinabtropften und dort Pfützen bildeten. Ich tränkte auch den Fensterriegel.
    „Das sollte reichen.“ Dann wandte ich mich wieder dem Bett zu. Evie hatte sich in eine sitzende Position aufgerafft und lehnte mit dem Rücken gegen das Kopfende des Bettes. Das Weiße in ihren Augen war inzwischen von bösartigen gelben Schlitzen ersetzt worden, die mich fixierten.
    „Glaubst du wirklich, das könnte mich aufhalten?“ Die dämonische Stimme schlängelte sich in meine Ohren, und ein seltsames Gefühl der Kälte hüllte mich ein. „Ich könnte dir bei lebendigem Leib die Haut abziehen, wenn ich wollte.“
    „Ach, wirklich?“ Ich trat einen Schritt näher an das Bett heran. „Dann machs doch.“ Ich hielt die Sprühflasche hoch, als wollte ich sie benutzen, und tatsächlich, Evie zuckte zurück. „Genau wie ich dachte. Du bist nur ein Großmaul, aber wenn es mal darauf ankommt, Taten sprechen zu lassen, machst du dir vor Angst in die Hosen.“
    Der Dämon riss den Mund auf und stieß einen gequälten Schrei aus, gefolgt von einem Schwall übel stinkenden, grünen Nebels.
    Ich überlegte kurz, ob ich ihm nicht wenigstens eine kurze Weihwasserdusche gönnen sollte, nur um meinen Standpunkt zu unterstreichen, aber ich wollte Evie auf gar keinen Fall noch mehr Qualen bereiten, als sie offensichtlich jetzt schon erlitt. Stattdessen zielte ich und sprühte einen dichten Kreis um das Bett herum. Ich wusste, dass das eigentlich viel zu viel des Guten war, da ich das Zimmer ja schon gesichert hatte. Aber das Sprühen, so sinnlos es auch gewesen sein mag, verschaffte mir wenigstens ein klein wenig das Gefühl, die Sache unter Kontrolle zu haben.
    „Du wirst sie nicht retten“, die Stimme folgte mir bis zur Tür. „Sie ist bereits mein.“
    Ich öffnete den Mund, um ihm zu sagen, dass er hingehen sollte, wo der Pfeffer wächst, und das möglichst gleich, und was für ein widerwärtiger, perverser Psycho er in Wirklichkeit sei. Aber als ich den Sinn seiner Worte erfasste, schnürte sich mir mit einem Mal doch die Kehle zu.
    Denn tief in meinem Innersten regte sich die Angst, dass er damit vielleicht tatsächlich recht haben könnte.
    Dieser Zweifel verfolgte mich den ganzen Weg zurück nach unten, wo ich aufsammelte, was mir von meinen Sachen gelieben war - wer hätte denn ahnen können, dass sich ein Betrunkener so rasch bewegen und einen so guten Geschmack beweisen könnte? -, und es wieder nach oben in meine Wohnung schleppte.
    Ich würde nicht anfangen zu heulen. Ich würde nicht anfangen zu heulen. Ich würde nicht anfangen zu heulen.
    Das sagte ich mir immer und immer wieder, während ich einige Armvoll Klamotten auf das Sofa fallen ließ und versuchte, die Schmutzflecken und den grünen Schleim zu ignorieren, der praktisch alles bedeckte, was mir geblieben war. Sogar Reifenspuren waren zu sehen, wo ein vorbeifahrendes Taxi über meinen elfenbeinfarbenen Chenillerock gefahren war.
    Meine Augen brannten, und dann flössen doch Tränen.
    Die nächste halbe Stunde verbrachte ich damit, den Verlust meiner Garderobe zu beklagen, während Evie fluchte und fauchte und einen ausgewachsenen Wutanfall im Schlafzimmer hinlegte.
    Schließlich, nach langem Jammern und Wehklagen und Zähneknirschen -

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