04 - Lebe lieber untot
Evie hinein. „Sie kriecht auf allen vieren über die Zimmerdecke, und ihr Kopf ist um hundertachtzig Grad gedreht.“
„Also, das klingt jetzt wirklich nach Besessenheit.“
„Können Sie mir helfen, den Dämon loszuwerden?“
„Na klar.“
Na klar? Ich hatte ein düsteres „Selbstverständlich, mein Kind“ erwartet. Oder vielleicht ein gelassenes „Ich werde alle meine Geistführer zusammenrufen, und wir werden eine Armee aufstellen, um den Dämon zu besiegen und Ihre Freundin zu befreien.“ Oder aber zumindest ein zuversichtliches „Ich werde mich kurz mit den Ältesten beraten, und dann werden wir Ihr Problem so bald wie möglich angehen.“
„Wo sind Sie?“ Ich musste einfach fragen. Mit einem Mal lag mir so ungeheuer viel daran zu beweisen, dass es Dr.
Z. wirklich gab und ich genau die Richtige gefunden hatte.
„In der Küche.“
„Sie haben ein Messer in der Hand, stimmt's?“ „Aber sicher.“
„Und Sie schneiden gerade einem Huhn den Kopf ab?“
„Ich hab ein Glas Erdnussbutter in der Hand. Ich will gerade Toast mit Erdnussbutter und Gelee machen.“ Ich hatte einfach kein gutes Gefühl dabei.
„Also, Sie haben ein Problem mit einem Dämon“, fuhr sie fort, als sprächen wir bloß über einen Termitenbefall.
„Wie lange schon?“
„Ein paar Tage.“
„Das ist gut. Je eher man die Mistkerle entdeckt, umso besser.“
„Dann hatten Sie mit so etwas schon öfter zu tun?“
Sicher, ich hatte den Artikel über den Radley-Exorzismus im Internet gelesen, aber da war Dr. Z. lediglich als Beraterin aufgeführt gewesen. Tinas Priester hatte die eigentliche Zeremonie vollzogen.
„Abgesehen von Tina Radley?“
„Irgendwie schon.“
„Und was heißt das?“
„Ich habe noch nie tatsächlich einen Dämon ausgetrieben, aber ich bin für den Prozess ausgebildet worden.“
Eine Jungfrau. Ich bin halt ein Glückspilz.
„Ich weiß, in einer solchen Lage klingt das nicht gerade vertrauenerweckend“, fuhr sie fort, „aber Sie können sicher sein, dass ich weiß, was ich tue. Ich bin die Beste in Jersey.“
„Wie viele Exorzisten gibt es denn genau in Jersey?“
„Mal sehen.“ Sie schwieg einen Augenblick lang, als zählte sie sie in Gedanken. „Das macht dann insgesamt zwei. Doktor Maclntyre und Sie-wissen-schon-wer.“
„Dr. Maclntyre? Den habe ich bei meinen Recherchen im Internet gar nicht gefunden.“
„Normalerweise kümmert er sich eher um die Säuberung von Häusern und nicht um körperliche Besessenheit, aber ab und zu tritt er auch gegen einen Dämon an. Solange es nicht während des Elternabends stattfinden muss.“
„Wie bitte?“
„Er hat Kinder. Er ist ein sehr engagierter Vater. Im Augenblick ist er gerade draußen im Garten und baut den Sandkasten zusammen. Wir sind verheiratet“, fügte sie hinzu. „Ich weiß, was Sie jetzt denken. Wieso trägt die Frau dann keinen Doppelnamen? Ich hatte es ja eigentlich auch vor. Ich meine, alle meine Freundinnen haben es gemacht, aber da mein Name sowieso schon lang genug ist, sagte ich mir, ach, was soll's, und hab einfach meinen Mädchennamen behalten. Kip war zuerst ein bisschen sauer, aber am Ende hat er sich damit abgefunden.“
„Kip? Ist das Ihr Mann?“
„Wow, Sie sind echt gut. Sind Sie Hellseherin?“
„Wohl eher total stupide.“
„Wie bitte?“
„Cupido“, sagte ich hastig. „Ich bin eher eine Art Cupido. Meine Spezialität ist es, den Einsamen und Verzweifelten Manhattans die Liebe zu bringen.“
„Wie süß.“ Sie kicherte.
Nein, ehrlich.
Sie kicherte doch tatsächlich, bevor sie mit ihrer Jungmädchenstimme weiterredete. „Für Kip war es Liebe auf den ersten Blick. Wir haben uns in einem Seminar mit dem Titel Wie man Dämonen erkennt' in der St. Pauls Cathedral kennengelernt. Drei Jahre und ein Paar Zwillinge später sind wir immer noch so verliebt wie am ersten Tag. Also, wenn es Ihnen nichts ausmacht zu warten, bis er den Sandkasten fertig hat, kann er Ihnen bestimmt weiterhelfen.“
„Ich denke, ich rufe Sie lieber zu einer passenderen Zeit noch mal an.“ Auf keinen Fall.
Wenn ich auch wirklich oberdringend einen Exorzisten brauchte, so hatte ich doch nicht vor, ein junges, menschliches Elternpaar in denselben Raum mit Satans Brut zu stecken. Immerhin ging es hier um Zwillinge.
Sie kicherte erneut. „Bis dann.“
So viel also zu Google. Die nächsten zehn Minuten verbrachte ich damit, über Alternativen nachzugrübeln.
Ich könnte die benachbarten Kirchen nach einem
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