04 - Lebe lieber untot
ein klitzekleines bisschen besorgt (wohlgemerkt, besorgt und nicht außer mir vor Angst) war, dass ich vielleicht nicht imstande sein könnte, sie zu retten.
Ich meine, also wirklich: Was wusste ich schon von Exorzismus?
Ich schüttelte diese Frage ab und beschäftigte mich mit diversen Ordnern. Als ich mir endlich meine Handtasche schnappte und mich auf den Heimweg machte, war eine halbe Stunde vergangen, und Ty hatte seinen Posten auf der anderen Straßenseite aufgegeben.
Zum Glück.
Ich hatte wirklich Wichtigeres zu tun, als mir den Kopf darüber zu zerbrechen, was Ty nun für mich empfand oder nicht empfand. Das wurde mir in dem Augenblick klar, als ich ein paar Blocks weiter aus einem Taxi stieg und unten vor meiner Wohnung einen Großteil des Inhalts meines geliebten Kleiderschranks auf der Straße liegend vorfand.
Ich duckte mich, als ein Paar Chanel-Pumps knapp an meinem Kopf vorbeisegelte und auf den Asphalt klatschte.
Was zum Teufel... ?
Ich drehte mich um und sah Evie am offenen Fenster, die Augen leuchtend gelb gefärbt, bevor ein schwarzer Lackschuh von Mary Jane mich genau mitten auf die Stirn traf.
Und einfach so wurde mir schwarz vor Augen.
20
Ich wurde nicht wirklich ohnmächtig.
Sicher, in der einen Sekunde starrte ich noch zu Evie hoch, und in der nächsten saß ich in tiefster Dunkelheit.
Aber das lag nicht daran, dass ich das Bewusstsein verloren hätte.
Was dachten Sie denn? Ich bin ein Vampir, um Damiens willen! Ich bin nun wirklich aus härterem Stoff gemacht.
Ich ging doch nicht zu Boden, nur weil mir jemand einen wirklich gut aussehenden Schuh an den Kopf pfefferte.
Es war ein wirklich gut aussehender Mantel - Wolle mit Seidenfutter -, der mich umhaute. Da lag ich also flach auf dem Rücken und versuchte verzweifelt, meinen Kopf von dem erdrückenden Stoff zu befreien.
Na endlich. Ich starrte in den Himmel hinauf und sog den Sauerstoff tief in mich ein, um wieder zu Sinnen zu kommen.
Das funktionierte aus naheliegenden Gründen nicht, also rappelte ich mich auf die Füße. Mein Blick wanderte zu Evie, die am Fenster stand und gerade dazu bereit schien, meinen allerliebsten, mit Pailletten besetzten Bergdorf Goodman - neeeeeiiiiin!
Er traf mich mitten ins Gesicht. Einen Sekundenbruchteil später regnete es Schals und Höschen und - oh nein! Nicht auch noch meine BHs!
„Nette Unterwäsche.“ Der Kommentar kam von einem Penner, der gleich neben mir am Straßenrand saß. Er stank nach Alkohol und schlechten Entscheidungen. Er grinste breit und enthüllte dabei einige Zahnlücken, während er einen fliederfarbenen Spitzen-B H hochhielt. „Füllen Sie den mit echten Titten, oder sind das falsche Möpse?“ Er zeigte auf meinen Busen.
„Echte.“ Ich riss ihm den Fetzen aus der Hand und begann hektisch alles aufzusammeln, was sie hinunterschleuderte. Doch je schneller ich sammelte, umso schneller schleuderte sie, bis -
Es reichte!
Ich könnte meine übernatürlichen Nikes anziehen und ein paar Sekunden einsparen, indem ich fünf Treppen hinaufflitzte, durch Korridore und Türen. Oder aber ich konnte mir den ganzen Scheiß sparen und dem Ganzen jetzt, auf der Stelle, ein Ende bereiten.
Ich blickte mich rasch um. Da mir keine nahe gelegene Telefonzelle zur Verfügung stand (wie in Underdog), musste ich mich damit begnügen, mich hinter einen Hydranten zu kauern.
Peng. Bumm. Abrakadabra, dreimal schwarzer Kater.
Und einfach so verwandelte ich mich von einem stinksauren Vampir in eine zu allem entschlossene pinkfarbene Fledermaus.
„Heilige Scheiße“, hallte die Stimme des Penners in meinen winzigen Öhrchen wider, aber seinetwegen konnte ich mir in diesem Moment nun wirklich keine Sorgen mehr machen.
Mein Sehvermögen verwandelte sich von Technicolor in Nachtsicht und flog auf direktem Weg zu meinem Schlafzimmerfenster und den roten Fleck an, der gerade meine kostbaren Chanel-Stiefel in der Hand hielt.
Der Fleck ließ eine der kostbaren Lederkreationen über den Sims baumeln. Ich stieß einen gellenden Schrei aus und raste im Sturzflug durch das offene Fenster. Einer meiner Flügel traf ihre Wange. Das hektische Flattern trieb sie zurück, bis sie auf dem Bett zusammenbrach.
Und einfach so erschlaffte ihr Körper, und ihre Augen verdrehten sich, als hätte sie die Anstrengung, mein Leben zu zerstören, vollkommen erschöpft.
Äh, ja.
Inzwischen landete ich in einem flatternden Häufchen vor meinem nunmehr leeren Kleiderschrank. Ich konzentrierte mich. Meine
Weitere Kostenlose Bücher